10.01.2019 Aufrufe

Fremdsein überwinden (2016)

Kongressband Dreiländerkongress 2016 in Bielefeld

Kongressband Dreiländerkongress 2016 in Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

einem Hund. In der griechischen Antike besaß der Begriff „Barbar“ in den<br />

Anfängen keine negative Konnotation. Einen radikalen Wandel erfuhr die<br />

Terminologie im 5. Jahrhundert v. Chr. Literarischen Ausdruck dieses Wandels<br />

verleiht Euripides mit seiner Tragödie „Andromache“, wo wir folgende<br />

Passage finden: „Das ist allezeit Barbarenart, wo Vater mit der Tochter, mit<br />

der Mutter Sohn sich mischt, mit Schwester Bruder und die Nächten sich mit<br />

Mord begegnen, während kein Gesetz das wehrt.“ In der Folge dieser negativen<br />

Beschreibungen erstarkte eine gesellschaftlich tolerierte Fremdenfeindlichkeit<br />

und legte den Grundstein für die bis heute anhaltenden also<br />

tief verwurzelten Ressentiments gegenüber Fremden. Den Fremden wurde<br />

kein gesetzmäßiger Schutz zuerkannt. Zwar war Mord auch an Fremden<br />

strafbar, aber Raub, Sklaverei und Entführungen wurden von der Gesellschaft<br />

durchaus akzeptiert. Bei einem fokussierten Blick auf diese Überlieferungen<br />

scheint es also eine tiefverwurzelte Xenophobie in der griechischen<br />

Antike gegeben zu haben. Fremde wurden gefürchtet sowie offenbar als<br />

Feinde betrachtet und befanden sich quasi in einem Rechtslosen Raum.<br />

„Die Rechtlosigkeit der Fremden“, so Wolfgang Detel, „wurde durch das<br />

sakrale Gastrecht nur unwesentlich gemildert, denn im Rahmen des Gastrechts<br />

bestand eine Schutzpflicht nur gegenüber jenen Fremden, die einen<br />

sakralen Vertrag mit Bürgern oder ihre eigene ehrenvolle Position in ihrer<br />

Heimat explizit nachtweisen konnten.“ Diese negative Betrachtung des<br />

Fremden ließe sich weiter auch in der römischen Antike beobachten. Der<br />

lateinische Begriff „hostis“ beispielsweise kann sowohl mit „Fremder“ als<br />

auch mit „Feind“ übersetzt werden. Dennoch zeichnet sich unter der Herrschaft<br />

Roms ein Wandel ab, denn die militärische Expansion des römischen<br />

Reiches konnte nur gelingen durch den Ausbau des Heeres mithilfe von<br />

Fremden, also von Barbaren.<br />

Gleichzeitig begann aber auch eine gesellschaftliche Diskussion über eine<br />

ethische Verpflichtung, Fremde zu integrieren, indem sie für das römische<br />

Reich kultiviert wurden. Dahinter verbirgt sich immer noch ein Hochmut der<br />

eigenen Kultur. Dennoch wurden fremde Kulturen, sobald sie zum römi-<br />

186

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!