Berliner Zeitung 13.05.2019
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 109 · M ontag, 13. Mai 2019 11 *<br />
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Berlin<br />
Wieein Clan Mieter terrorisiert<br />
Für die Bewohner eines Hauses in Spandau ist der Traum von der Eigentumswohnung zum Albtraum geworden<br />
VonMikeWilms, Eric Richard<br />
und Andreas Kopietz<br />
Zerstochene Reifen, Drohungen<br />
per SMS, Kothaufen vor<br />
der Wohnungstür:Was aussieht<br />
wie ein Nachbarschaftsstreit,<br />
ist typisch dafür, wie<br />
arabische Clans in Berlin ihreReviere<br />
abstecken. Jüngstes Beispiel dafür ist<br />
ein Haus an der Falkenhagener Straße<br />
in Spandau, in dem die Bewohner terrorisiertwerden.<br />
Für viele der Bewohner ist ihr<br />
Traum von der kleinen Eigentumswohnung<br />
inzwischen zum Alptraum<br />
geworden. Das liegt, so behaupten<br />
sie, aneinem Mann –Abdulkadir O.<br />
Spitzname: „Tyson-Ali“. Der 36-Jährige<br />
lebt in derWohnung unten rechts<br />
und gehört zum Umfeld des berüchtigten<br />
R.-Clans. Ihm wird vorgeworfen,<br />
die Nachbarnzumobben und zu<br />
schikanieren.<br />
Nachbar Abdulkadir O. und Lebensgefährtin<br />
Fatma H. sollen für 265<br />
Vorfälle verantwortlich sein –allein<br />
zwischen 2016 und 2019. Nachdem<br />
Betroffene diese Vorwürfe zuerst im<br />
„Spiegel“ erhoben hatten, bekräftigten<br />
sie ihre Aussagen am Wochenende<br />
gegenüber dieser <strong>Zeitung</strong>. Ein<br />
Blick ins Vorstrafenregister zeigt: O.<br />
war bereits Tatverdächtiger in mehr<br />
als 300 Kriminalfällen. Er hat 28 Einträge<br />
im Zentralregister –etwa wegen<br />
Körperverletzung und Beleidigung.<br />
„Uns traf der Terror zum ersten<br />
Malkurznach dem Einzug im Herbst<br />
2017“, sagt Klaus-Dieter Nisch, der<br />
mit seiner Frau Karla eine Eigentumswohnung<br />
im Haus besitzt. Erst habe<br />
Kotunter der Fußmatte geklebt, dann<br />
seien Türschloss und Türspion zerstört<br />
worden. „Inzwischen mussten<br />
wir das Schloss 17 Mal und den Türspion<br />
13 Mal austauschen“, sagt<br />
Nisch. Als ihm klar geworden sei, dass<br />
es im Haus einen Störenfried gibt, sei<br />
er auf Abdulkadir O. zugegangen.<br />
„Aber dieser Mann will kein Gespräch“,<br />
sagt Klaus-Dieter Nisch. „Er<br />
baut sich immer nur bedrohlich eine<br />
Nasenspitzeentfernt voreinem auf.“<br />
Nunein Sachbearbeiter zuständig<br />
Allein die Nischs haben in zwei Jahren<br />
57 MalStrafanzeige gegen O. erstattet.<br />
Doch passiert ist wenig. Die Polizisten<br />
nahmen immer nur genervt die<br />
Anzeigen entgegen und vermuteten<br />
einen gewöhnlichen Nachbarschaftsstreit,<br />
wie er so oft in dieser<br />
Stadt vorkommt.<br />
„Wir haben inzwischen sämtliche<br />
Verfahren auf einen Sachbearbeiter<br />
zusammengezogen“, sagt Polizeisprecher<br />
Thilo Cablitz. „Damit der<br />
den Gesamtüberblick hat und alle Facetten<br />
dieses Sachverhalts betrachten<br />
kann.“ Mittlerweile habe die Polizei<br />
die Situation verstanden und<br />
komme innerhalb von Minuten,<br />
wenn wieder ein Bewohner dort anruft,<br />
sagt die Nachbarin HildegardJagodschinski.<br />
„Mein Auto wurde zerkratzt,<br />
nachdem ich mich mit Herrn<br />
O. über meinen Parkplatz gestritten<br />
hatte“, sagt die 59-Jährige. Erhabe<br />
seinen Motorroller immer absichtlich<br />
so abgestellt, dass für ihr Auto kein<br />
Platz mehr blieb.<br />
Das Haus an der Falkenhagener Straße in Spandau ERIC RICHARD (3)<br />
Hildegard Jagodschinski wurde unter<br />
anderem das Auto zerkratzt.<br />
Klaus-Dieter Nisch hat bereits etliche<br />
Strafanzeigen gestellt.<br />
„Ein zweiter Konfliktpunkt ist<br />
mein Balkon“, sagt Jagodschinski. Sie<br />
könne ihn nicht mehr benutzen, weil<br />
er ständig mit rohen Eiern beworfen<br />
wird. VonEiergeschossen berichten<br />
auch andere Nachbarn. Als vor einigen<br />
Tagen auch noch die Briefkästen<br />
der Bewohner aufgebrochen waren,<br />
kam die Polizei und durchsuchte die<br />
Wohnung des 36-Jährigen. „Wir ermitteln<br />
wegen Sachbeschädigung<br />
und Verletzung des Briefgeheimnisses“,<br />
sagt Polizeisprecher Cablitz. Das<br />
<strong>Berliner</strong> Landgericht hat Abdulkadir<br />
O. bereits in einem Fall wegen des<br />
Dauerstreits im Haus verurteilt. Er<br />
wurde nach einer Reizgasattacke auf<br />
einen Ex-Nachbarn wegen gefährlicher<br />
Körperverletzung zu sechs Monaten<br />
Haft auf Bewährung verurteilt.<br />
Lange nicht ernst genommen<br />
Dies alles wirft die Frage auf: Warum<br />
sollte Abdulkadir O., der mit seiner<br />
Frau und sechs Kindern dort wohnt,<br />
seine Nachbarnterrorisieren?<br />
Laut „Spiegel“ hat er seine 2014<br />
bezogene Wohnung nicht selbst gekauft.<br />
Eigentümerin sei eine junge<br />
Frau mit deutschem Namen, die 2017<br />
großen Ärger mit der Staatsgewalt bekam.<br />
Es ging um insgesamt sieben<br />
Wohnungen, die womöglich mit Beutegeld<br />
aus Verbrechen gekauft wurden.<br />
EineVerbindung gibt es offenbar<br />
auch zwischen Abdulkadir O. und<br />
dem arabischen R.-Clan. Ein Foto<br />
zeigt Clan-Chef Issa R. (51) zusammen<br />
mit O. auf der Beerdigung des<br />
2018 erschossenen Intensivtäters Nidal<br />
R.<br />
Hausbewohner mutmaßen, dass<br />
Abdulkadir O. sie solange schikanierensoll,<br />
bis sie alle ausziehen und der<br />
Clan die Eigentumswohnungen<br />
übernehmen kann. Mit solchen Methoden<br />
soll der R.-Clan auch bereits<br />
Kleingärtner in Treptowbedrängt haben.<br />
„An die Öffentlichkeit zu gehen,<br />
war jetzt unser letzter Schritt“, sagen<br />
Klaus-Dieter Nisch und HildegardJagodschinski.<br />
Abdulkadir O. redet<br />
nicht mit der Presse.Ersitzt in seiner<br />
Wohnung und schweigt.<br />
Lange Zeit nahmen Politik und Polizei<br />
die Kriminalität arabischer Clans<br />
nicht ernst. Erst seit kurzem verkünden<br />
Politiker,dass man energisch gegen<br />
Clans und deren organisierte Kriminalität<br />
vorgehen wolle. Für den<br />
Verdacht, dass hinter den Mobbing-<br />
Attacken die Absicht des Clans steht,<br />
das Haus zu übernehmen, indem die<br />
Mieter rausgegrault werden, gibt es<br />
nach Angaben vonErmittlernjedoch<br />
keine Anzeichen. Vielmehr habe dies<br />
mit dem typischen Revierverhalten<br />
von Leuten zu tun, die einen starken<br />
Clan hinter sich wissen.<br />
Nisch und die Nachbarn erwägen<br />
jetzt, vor Gericht zu ziehen, um eine<br />
einstweilige Verfügung gegen Abdulkadir<br />
O. zu erreichen. Sollte es eine<br />
entsprechende Schutzanordnung erlassen,<br />
würde es O. jeden Kontakt zu<br />
den Mietern verbieten. Bei einer Zuwiderhandlung<br />
würden ihm empfindliche<br />
Zwangsgelder drohen.<br />
„Geld ist das Einzige, worüber man<br />
diese Leute drankriegt. Denn vorMitmenschen<br />
und der Polizei haben die<br />
ja keinen Respekt“, sagt Nisch.<br />
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