HEIMATLIEBE-KILEFI Augabe 1/2019 - Frühjahr 2019
Die Ausgabe für die Region Kirchhundem - Lennestadt - Finnentrop | Heimatliebe – Dein Magazin, Deine Region, Deine Geschichten.
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Die Einheiten wurden zuerst in provisorischen<br />
Ausbildungsstellungen auf<br />
Truppenübungsplätzen und Militärflughäfen<br />
untergebracht. Ab 1962<br />
verlegte man die Einheiten in zum<br />
Teil verbunkerte Abschuss- und Feuerleitstellungen.<br />
Vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben<br />
Tage die Woche, zweiundfünfzig<br />
Wochen im Jahr – im stetigen Wechsel<br />
befanden sich die vier Einheiten<br />
eines Flugabwehrraketenbataillons im<br />
Bereitschaftsstatus. Eine musste im<br />
wöchentlichen Wechsel innerhalb 30<br />
Minuten, eine innerhalb 6 Stunden<br />
und eine innerhalb 12 Stunden in der<br />
Lage sein, den ersten ihrer Lenkflugkörper<br />
im Falle eines Angriffs zu verschießen.<br />
Die vierte Batterie hatte<br />
ungefähr eine Woche Zeit und Gelegenheit,<br />
die Technik des Waffensystems<br />
gründlich zu überholen. Konnte<br />
eine der drei Einheiten den befohlenen<br />
Status wegen technischer oder<br />
auch personeller Einschränkungen<br />
nicht halten, wurde eine andere an<br />
ihrer Stelle in einen höheren Einsatzbereitschaftsstatus<br />
beordert.<br />
Diese ständige Präsenz wurde im 3-<br />
und später dann im 4-Schicht-Rhythmus<br />
mit einer hohen Belastung des<br />
Personals erkauft. Im 3-Schicht-<br />
Rhythmus befand sich das Personal<br />
der Kampfbesatzungen (KB) pro<br />
Woche so um die 100 Stunden im<br />
Dienst, war eine der KBs in Urlaub,<br />
beliefen sich die Dienststunden auf<br />
über 120 pro Woche. Der Dienst „auf<br />
Schicht“ selbst war für das Waffensystempersonal<br />
ausgefüllt mit Pflege- und<br />
Wartungsarbeiten am Waffensystem<br />
sowie Überprüfungen des Gerätes.<br />
Die Soldaten des Sicherungszuges<br />
sicherten in NIKE-Einheiten fast ausschließlich<br />
den Abschussbereich, das<br />
hieß für sie ein ums andere Mal die<br />
Wachtürme zu besetzen, Streife zu laufen<br />
oder beispielsweise als Posten am<br />
Tor eingesetzt zu sein. Die Fernmelder<br />
stellten Soldaten für die Fernmelde-<br />
Relaisstelle ab, die stets mit ihrer<br />
Kampfbesatzung „auf Schicht zogen“.<br />
Ansonsten gab es noch die Kameraden<br />
des Innendienstes, der Fahrbereitschaft<br />
und auch einige Soldaten mit<br />
einer Waffensystemausbildung, die<br />
ständig im Tagesdienst eingesetzt waren.<br />
Besonderes sicherheitspolitisches Gewicht<br />
für die bodengebundene Luftverteidigung<br />
erhielt die Bereitstellung<br />
von nuklearen Gefechtsköpfen für die<br />
NIKE-Raketen aller Nato-Staaten<br />
durch die USA. Die Sprengköpfe blieben<br />
bis zur Auslösung einer hohen<br />
Alarmbereitschaft in amerikanischem<br />
Gewahrsam und wurden durch besondere<br />
US-Kommandos und der jeweiligen<br />
Bundeswehreinheit an den<br />
NIKE-Standorten gesichert. Wartung<br />
und Pflege sowie der eventuelle Einsatz<br />
dieser „Sondermunition“ wurden<br />
im Team mit dem Partner durchgeführt<br />
(Two-Men-Rule).<br />
Mit der Stationierung der Soldaten gingen<br />
Veränderungen im sozialen und<br />
wirtschaftlichen Leben einher, und der<br />
Name Oedingen wurde nicht nur in<br />
Deutschland bekannter. So wurden<br />
Arbeitsplätze beim Bau der Kaserne<br />
und später beim Betrieb geschaffen.<br />
Zivile Mitarbeiter wurden als Diensthundeführer,<br />
als Kraftfahrer im Fernmelde-<br />
und Schreibdienst sowie bei der<br />
Standortverwaltung gebraucht. Zur<br />
Erhaltung der Infrastruktur flossen im<br />
Laufe der Jahre viele Millionen Mark<br />
in das Standortgebiet.<br />
So wurden von 1962 bis 1985 täglich<br />
ca. 200 Essen zubereitet, von 1986 bis<br />
1990 ca. 300 und danach bis zur<br />
Schließung immerhin noch ca. 100.<br />
Die Soldaten selbst belebten den Han-<br />
del, indem sie mit ihren Familien als<br />
Kunden in den Geschäften und Firmen<br />
auftraten. Wohnungen wurden<br />
gebaut. Allein zur Zeit des Kasernenbaus<br />
entstanden 10 Mehrfamilienhäuser.<br />
Viele einheimische Frauen fanden<br />
unter den Soldaten ihren Ehepartner.<br />
Viele Soldaten blieben nach ihrer<br />
Dienstzeit im Raum Oedingen. Junge<br />
Männer fanden als Wehrpflichtige in<br />
der Sauerlandkaserne eine heimatnahe<br />
Verwendung. Der Name Oedingen<br />
ging mit seinen Soldaten bei Versetzungen<br />
und Kommandierungen<br />
durch ganz Deutschland und in das<br />
Ausland. Oedinger Soldaten waren<br />
auf der Insel Kreta und in den USA.<br />
Die Oedinger Kaserne war bei allen<br />
NATO-Mitgliedern bekannt. Viele<br />
Angehörige von NATO-Staaten waren<br />
zu Gast in Oedingen. Die Personalstärke<br />
erreichte in den Jahren 1986 /<br />
87 mit 506 ihren Höhepunkt. Nach<br />
Abzug der Amerikaner und nach<br />
Abschaffung des Waffensystems<br />
NIKE-Hercules schrumpfte das Personal<br />
mit dem Nachfolgesystem auf<br />
unter 100 Soldaten.<br />
Waffensysteme in Oedingen<br />
Anfang 1962 zogen die Soldaten der<br />
1. Batterie des Flugabwehrraketenbataillons<br />
22 von ihrer Behelfsstellung auf<br />
dem Flugplatz Köln-Wahn mit dem<br />
Waffensystem NIKE und den dazugehörigen<br />
Missile-Typen Ajax und<br />
Hercules in die Stellungsbereiche.<br />
Der Unterkunftsbereich, die Kaserne,<br />
war noch nicht fertig. Sie wurde erst<br />
Monate später bezogen. Ajax und Hercules<br />
waren vom Konzept her identisch<br />
und wurden von den gleichen Radargeräten<br />
und Startgeräten bedient. Hercules<br />
war die neuere und leistungsstärkere<br />
Version. Die löste 1965 die<br />
Ajax gänzlich ab. Nur die Hercules war<br />
auch nuklear bestückbar. 1963 kamen<br />
die Amerikaner in die Sauerlandkaserne.<br />
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