reisen EXCLUSIV - Sommer 2019
Die große Hotel-Ausgabe * 43 Lieblinghotels * Schiffsreisen – Die Welt von der Reling entdecken * New York City * Neuseeland * Service: Flugangst * Lifestyle: Kochbücher, Sonnenbrillen, Bikini Love * Gewinnspiele
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SCHIFF | Star Clippers<br />
Farbenpracht: Das bunte<br />
Touristen-Mekka Patong<br />
Bay auf Phuket scheint in<br />
der blauen Unendlichkeit<br />
der Andamanensee Lichtjahre<br />
entfernt.<br />
Es ist ein ganz normaler Tag in Patong Bay. Ein Regenschauer<br />
am frühen Morgen hat die letzten Nachteulen<br />
von den Straßen der Party-Hochburg im Westen Phukets<br />
verscheucht. In den Bars der Bangla Walking Street<br />
herrscht dann, wenn die thailändische Sonne am Mittag<br />
am höchsten steht, gähnende Leere. Nur mancherorts ist<br />
noch spürbar, dass die vergangene Nacht lang und laut<br />
war – wie die meisten Nächte hier in Patong Bay. Die Partygäste<br />
der Nacht bevölkern zur Mittagszeit allenfalls die halbmondförmige<br />
Bucht mit ihrem feinen Sandstrand. Beach trance statt Poledance.<br />
Entlang der Promenade p<strong>reisen</strong> Scooter- und Motorboot-Verleiher ihre<br />
Gefährte an. Sie konkurrieren mit Massage-Anbietern um die wertvollen<br />
Baht der Thailand-Reisenden. Eine leichte Brise weht von Westen<br />
hinein in die Bucht. Ein ganz normaler Tag in Patong Bay – und für die<br />
kommende Woche auch der letzte Tag, an dem die Kulisse Massentourismus<br />
die Urlaubsvorfreude auf unsere Segelkreuzfahrt tangiert.<br />
In der Bucht vor Patong liegt die Star Clipper bereits vor Anker –<br />
115 Meter lang, die Segel sind eingeholt. Das Schiff fällt kaum auf beim<br />
Blick hinaus. Am Nachmittag zur Check-in-Zeit sitzt Cruise Director<br />
Peter am Pier. Vor ihm kistenweise frisches Gemüse und Salat, Wein<br />
und Fisch in Eis. Proviant für die kommenden Tage. Stimmung und<br />
Spannung steigen bei den 98 Passagieren, die von nun an die Star Clipper<br />
ihr Urlaubsdomizil nennen werden. Und schließlich, als Kapitän<br />
Yuriy nach Welcome-Prosecco und erstem Kabinencheck am Abend<br />
im Sonnenuntergang zu Vangelis‘ »Conquest of Paradise« die Anker<br />
lichten und die Segel setzen lässt, wird aus Spannung Entspannung.<br />
Endlich raus. Endlich auf See! Doch nicht etwa mit Casinos, Shops<br />
und Achterbahnen, sondern ganz ursprünglich unter großen weißen<br />
Segeln. Und mit Verlaub: Selbst mit dem Maximum von 170 Passagieren<br />
nebst 74 Mann Besatzung an Bord ist die Star Clipper nicht wirklich<br />
groß. »Ihr seid nicht nur Gäste auf diesem Schiff. Ihr seid ein Teil<br />
davon«, hat Kapitän Yuriy uns gleich mit auf den Weg gegeben. Alles<br />
an Deck ist unser, alles sollen wir entdecken auf diesem schwimmenden<br />
Abenteuerspielplatz. Und der Blick ins »Animationsprogramm«<br />
ist gleichermaßen außergewöhnlich wie verheißungsvoll: Knüpfen<br />
von Endachten, Kreuzknoten und Affenfäusten. Aktive Navigation<br />
am Steuerrad. Beihilfe zum Segelsetzen. Der abgesicherte Aufstieg in<br />
den acht Meter über Deck liegenden unteren Ausguck sowieso. Und<br />
schließlich am Abend ein kühles Helles im Bugnetz. Der Segeltörn<br />
durch die Andamanensee verheißt ein spannend-entspanntes Abenteuer<br />
zu werden.<br />
Dass ein Passagierschiff in den geschützten westthailändischen Nationalparks<br />
mit ihren spektakulären Felseninseln, Tropfsteinhöhlen und<br />
Traumstränden überhaupt eine Betriebsgenehmigung hat, ist ohnehin<br />
schon eine Besonderheit: »Nur wir und ein paar einheimische Boote<br />
dürfen auf den Inseln hier anlanden«, klärt Peter auf, der Allgäuer, der<br />
sich gut sichtbar für alle Passagiere »Bavaria« als Heimatland ans Revers<br />
geheftet hat. Und in der Tat – in den Nächten begleiten allenfalls<br />
Krabbenfischerboote unser Segelschiff auf seinem Törn. Und so ist der<br />
feine weiße Korallenstrand auf Ko Butang dann auch völlig menschenleer,<br />
als Kapitän Yuriy am ersten Morgen hier den Anker setzt und die<br />
Tenderboote klarmacht zum Übersetzen. Bis zum frühen Nachmittag<br />
gehört der Strand nun erst einmal uns. Und den Äffchen natürlich, die<br />
dem Monkey Beach seinen Namen geben und die schon darauf warten,<br />
unsere Strandtaschen auf Essbares zu filzen. Doch heute werden sie<br />
hungrig bleiben.<br />
Einzig die Star Clipper frisst – und zwar Seemeilen bei ihrer Fahrt<br />
durch die Nacht. Schon früh am nächsten Morgen, nach dem Sunset-Power-Yoga<br />
mit Christel, einer Deutschland-Aussteigerin, die vor ihrer Yogakarriere<br />
als Medienfrau in Führungsposition Stressresistenz berufsbedingt<br />
zu ihren Persönlichkeitsmerkmalen zählen musste, erreichen wir<br />
den südlichsten Punkt unserer Reise: Malaysia, und hier Penang, die<br />
dem Nordwesten des Landes vorgelagerte Insel mit ihrer Hauptstadt<br />
George Town. Hört sich britisch an, und das war George Town auch<br />
tatsächlich – von 1786 nämlich, als Kapitän Francis Light den Ort als<br />
ersten britischen Handelshafen Südostasiens etablierte, bis 1957, als die<br />
Föderation Malaya nach Ewigkeiten unter britischer Kolonialherrschaft<br />
und einer weltkriegsbedingten japanischen Besatzungszeit schließlich<br />
unabhängig wurde. Das George Town von heute indes ist ein bunter,<br />
kultureller Schmelztiegel, in dem unser bevorzugtes Verkehrsmittel zunächst<br />
eine Fahrradrikscha ist, die uns sicher durch das Verkehrschaos<br />
bringt. Indisches Viertel, chinesisches Viertel, buddhistische Tempel mit<br />
goldenen Pagoden, die bedeutende Kapitän-Keling-Moschee – die heutige<br />
kulturelle Vielfalt George Towns ist wahrlich beeindruckend, genauso<br />
wie die kulinarische Vielfalt. Gerüche verführen und vermengen sich zu<br />
neuen Kompositionen. Man müsste genügend Zeit haben, sich hier auf<br />
einen kulinarischen Abenteuertrip einzulassen. Doch neben Graffiti-Art<br />
an den Hauswänden rund um die Armenian Street steht auch noch Lim<br />
Jetty, das auf Stelzen über dem Meer erbaute ehemalige Fischerviertel<br />
George Towns, auf der Agenda. Ein zeitbedingter Zwiespalt, doch im<br />
Kopf entwickelt sich recht schnell der Plan, mit mehr Zeit nach George<br />
Town zurückzukehren.<br />
Fotos: Star Clippers (5), Fancycrave, Denys Nevozhai<br />
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sommer <strong>2019</strong>