SCHIFF | Star Clippers Farbenpracht: Das bunte Touristen-Mekka Patong Bay auf Phuket scheint in der blauen Unendlichkeit der Andamanensee Lichtjahre entfernt. Es ist ein ganz normaler Tag in Patong Bay. Ein Regenschauer am frühen Morgen hat die letzten Nachteulen von den Straßen der Party-Hochburg im Westen Phukets verscheucht. In den Bars der Bangla Walking Street herrscht dann, wenn die thailändische Sonne am Mittag am höchsten steht, gähnende Leere. Nur mancherorts ist noch spürbar, dass die vergangene Nacht lang und laut war – wie die meisten Nächte hier in Patong Bay. Die Partygäste der Nacht bevölkern zur Mittagszeit allenfalls die halbmondförmige Bucht mit ihrem feinen Sandstrand. Beach trance statt Poledance. Entlang der Promenade p<strong>reisen</strong> Scooter- und Motorboot-Verleiher ihre Gefährte an. Sie konkurrieren mit Massage-Anbietern um die wertvollen Baht der Thailand-Reisenden. Eine leichte Brise weht von Westen hinein in die Bucht. Ein ganz normaler Tag in Patong Bay – und für die kommende Woche auch der letzte Tag, an dem die Kulisse Massentourismus die Urlaubsvorfreude auf unsere Segelkreuzfahrt tangiert. In der Bucht vor Patong liegt die Star Clipper bereits vor Anker – 115 Meter lang, die Segel sind eingeholt. Das Schiff fällt kaum auf beim Blick hinaus. Am Nachmittag zur Check-in-Zeit sitzt Cruise Director Peter am Pier. Vor ihm kistenweise frisches Gemüse und Salat, Wein und Fisch in Eis. Proviant für die kommenden Tage. Stimmung und Spannung steigen bei den 98 Passagieren, die von nun an die Star Clipper ihr Urlaubsdomizil nennen werden. Und schließlich, als Kapitän Yuriy nach Welcome-Prosecco und erstem Kabinencheck am Abend im Sonnenuntergang zu Vangelis‘ »Conquest of Paradise« die Anker lichten und die Segel setzen lässt, wird aus Spannung Entspannung. Endlich raus. Endlich auf See! Doch nicht etwa mit Casinos, Shops und Achterbahnen, sondern ganz ursprünglich unter großen weißen Segeln. Und mit Verlaub: Selbst mit dem Maximum von 170 Passagieren nebst 74 Mann Besatzung an Bord ist die Star Clipper nicht wirklich groß. »Ihr seid nicht nur Gäste auf diesem Schiff. Ihr seid ein Teil davon«, hat Kapitän Yuriy uns gleich mit auf den Weg gegeben. Alles an Deck ist unser, alles sollen wir entdecken auf diesem schwimmenden Abenteuerspielplatz. Und der Blick ins »Animationsprogramm« ist gleichermaßen außergewöhnlich wie verheißungsvoll: Knüpfen von Endachten, Kreuzknoten und Affenfäusten. Aktive Navigation am Steuerrad. Beihilfe zum Segelsetzen. Der abgesicherte Aufstieg in den acht Meter über Deck liegenden unteren Ausguck sowieso. Und schließlich am Abend ein kühles Helles im Bugnetz. Der Segeltörn durch die Andamanensee verheißt ein spannend-entspanntes Abenteuer zu werden. Dass ein Passagierschiff in den geschützten westthailändischen Nationalparks mit ihren spektakulären Felseninseln, Tropfsteinhöhlen und Traumstränden überhaupt eine Betriebsgenehmigung hat, ist ohnehin schon eine Besonderheit: »Nur wir und ein paar einheimische Boote dürfen auf den Inseln hier anlanden«, klärt Peter auf, der Allgäuer, der sich gut sichtbar für alle Passagiere »Bavaria« als Heimatland ans Revers geheftet hat. Und in der Tat – in den Nächten begleiten allenfalls Krabbenfischerboote unser Segelschiff auf seinem Törn. Und so ist der feine weiße Korallenstrand auf Ko Butang dann auch völlig menschenleer, als Kapitän Yuriy am ersten Morgen hier den Anker setzt und die Tenderboote klarmacht zum Übersetzen. Bis zum frühen Nachmittag gehört der Strand nun erst einmal uns. Und den Äffchen natürlich, die dem Monkey Beach seinen Namen geben und die schon darauf warten, unsere Strandtaschen auf Essbares zu filzen. Doch heute werden sie hungrig bleiben. Einzig die Star Clipper frisst – und zwar Seemeilen bei ihrer Fahrt durch die Nacht. Schon früh am nächsten Morgen, nach dem Sunset-Power-Yoga mit Christel, einer Deutschland-Aussteigerin, die vor ihrer Yogakarriere als Medienfrau in Führungsposition Stressresistenz berufsbedingt zu ihren Persönlichkeitsmerkmalen zählen musste, erreichen wir den südlichsten Punkt unserer Reise: Malaysia, und hier Penang, die dem Nordwesten des Landes vorgelagerte Insel mit ihrer Hauptstadt George Town. Hört sich britisch an, und das war George Town auch tatsächlich – von 1786 nämlich, als Kapitän Francis Light den Ort als ersten britischen Handelshafen Südostasiens etablierte, bis 1957, als die Föderation Malaya nach Ewigkeiten unter britischer Kolonialherrschaft und einer weltkriegsbedingten japanischen Besatzungszeit schließlich unabhängig wurde. Das George Town von heute indes ist ein bunter, kultureller Schmelztiegel, in dem unser bevorzugtes Verkehrsmittel zunächst eine Fahrradrikscha ist, die uns sicher durch das Verkehrschaos bringt. Indisches Viertel, chinesisches Viertel, buddhistische Tempel mit goldenen Pagoden, die bedeutende Kapitän-Keling-Moschee – die heutige kulturelle Vielfalt George Towns ist wahrlich beeindruckend, genauso wie die kulinarische Vielfalt. Gerüche verführen und vermengen sich zu neuen Kompositionen. Man müsste genügend Zeit haben, sich hier auf einen kulinarischen Abenteuertrip einzulassen. Doch neben Graffiti-Art an den Hauswänden rund um die Armenian Street steht auch noch Lim Jetty, das auf Stelzen über dem Meer erbaute ehemalige Fischerviertel George Towns, auf der Agenda. Ein zeitbedingter Zwiespalt, doch im Kopf entwickelt sich recht schnell der Plan, mit mehr Zeit nach George Town zurückzukehren. Fotos: Star Clippers (5), Fancycrave, Denys Nevozhai 38 sommer <strong>2019</strong>
»GEWÖHNT EUCH NICHT ZU SEHR DARAN. MORGEN ERLEBT IHR DEN STRAND EURER TRÄUME.« <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 39