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SchlossMagazin August 2019 Bayerisch-Schwaben und Fünfseenland2

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30 | ges<strong>und</strong>heit | verliebt sein<br />

Mehr als Rock’n’Roll<br />

der Hormone<br />

Schmetterlinge im Bauch, Glücksröte im Gesicht, Herzklopfen, Euphorie – kein Zweifel:<br />

Das sind untrügliche Anzeichen fürs Verliebtsein. Doch was genau passiert eigentlich<br />

in unserem Körper, wenn wir solche Gefühle erleben? Hier eine Erklärung von berufener<br />

Seite Text Prof. Dr. Helmut Schatz, Ruhr Uni Bochum · foto Christiana Rivers, unsplash<br />

Beim Verlieben spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle. Die Hormone<br />

<strong>und</strong> Botenstoffe sind nur zwei von vielen. Wobei aber immer<br />

noch nicht beantwortet ist: Rufen Hormonveränderungen<br />

Liebe hervor oder sind sie Folge des Verliebtseins? Was war zuerst, die<br />

„Henne“ oder das „Ei“? Beim ersten Kontakt, wenn es „funkt“, das Herz<br />

klopft <strong>und</strong> man errötet, steigt der Botenstoff Dopamin an, der, wenn<br />

man ihn zum Beispiel injiziert, das Herz schneller schlagen lasst. Das ist<br />

ein positives Streßhormon oder, wenn man will, auch ein Glückshormon.<br />

Aber das Glückshormon Serotonin sinkt paradoxerweise ab <strong>und</strong> verhält sich<br />

wie bei einer Sucht, egal ob nach Nikotin, Alkohol, Drogen oder anderen<br />

(Sucht-) Gegenständen. Der/die Verliebte ist nach dem/der Partner/in süchtig.<br />

Wenn er/sie fehlt, leidet man („Liebeskummer“), auch mit körperlichen<br />

Symptomen, so wie etwa ein Alkoholiker zu zittern <strong>und</strong> zu schwitzen<br />

beginnt, wenn er keinen Alkohol bekommt. Weitere Hormone bzw. Botenstoffe,<br />

die beim Verlieben diskutiert werden, sind ein Nervenwachstumsfaktor<br />

(NGF, Neurotrophin) <strong>und</strong> das körpereigene Phenylethylamin (PEA), dessen<br />

Wirkung aber noch nicht endgültig untersucht ist.<br />

Eine wichtige, bislang kaum beachtete Rolle beim Verlieben spielen die<br />

Düfte, die jemand ausstrahlt. Der weltbekannte Bochumer Duftforscher<br />

Professor Hans Hatt stellt fest, dass Menschen mit unterschiedlichen Düften<br />

sich anziehen, solche mit gleichem Duft aber nicht. Das könnte biologisch<br />

insofern vernünftig sein, als man dadurch Inzucht vermeidet. Professor<br />

Hatt weist dann immer darauf hin, dass diese Bevorzugung eines<br />

anderen, „fremden“ Duftprofils verschwindet, wenn man die Anti-Baby-Pil-<br />

le nimmt. Und was passiert, wenn die Frau nach dem ersten Kind die Pille<br />

absetzt? Jetzt kann sie den Partner, wenn er den gleichen Duft hat wie sie,<br />

selbst nicht mehr leiden <strong>und</strong> es kann zur Trennung kommen.<br />

Wenn die Phase des Verliebtseins abgeklungen ist, soll die Liebe, die tiefe,<br />

verständnisvolle Zuneigung kommen, wie sie beim Größerwerden der<br />

Kinder so wichtig ist. Hier ist das „Kuschelhormon“ Oxytocin aus der Hirnanhangdrüse<br />

wichtig, nicht nur für die Mutter-Kind-Bindung (genauer<br />

erforscht an den Wühlmäusen in der Prärie <strong>und</strong> in den Bergregionen Afrikas),<br />

sondern auch zwischen den Partnern. Oxytocin gilt auch als „Vertrauenshormon“<br />

<strong>und</strong> ist für soziale Bindungen von Bedeutung. Als erstes<br />

wurde sein die Geburtswehen antreibender Effekt erkannt <strong>und</strong> ausgenutzt<br />

(als „Wehentropf“, der zur Einleitung der Geburt gegeben wird). Für<br />

eine dauerhafte Liebe zwischen den Partnern ist es wichtig, sich immer<br />

wieder mit Zuneigung zu berühren <strong>und</strong> zu streicheln. Oxytocin wird ja<br />

auch bei der stillenden Mutter aus der Hirnanhangdrüse freigesetzt,<br />

wenn das Baby an der Mutterbrust beim Saugen Reize setzt. Säugetiere<br />

z. B. pflegen Hautkontakte während des ganzen Lebens.<br />

Die Psyche spielt natürlich auch eine/die entscheidende Rolle. In Bruchteilen<br />

einer Sek<strong>und</strong>e, wirklich auf den ersten Blick, kann sich ein Mensch<br />

verlieben. Freilich ist es auch möglich, dass sich eine tiefe Zuneigung,<br />

eine Liebe, auch nach jahrelangem Kennen erst langsam entwickelt. Insgesamt<br />

betrachtet ist die Liebe also ein sehr komplexer körperlicher Vorgang.<br />

Aber es fühlt sich viel schöner an, sie als w<strong>und</strong>erbaren Zauber zu<br />

betrachten. #

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