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Berliner Kurier 17.08.2019

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10 EISERN UNION BERLINER KURIER, Sonnabend, 17.August 2019*<br />

3000<br />

Kilometer<br />

für Union<br />

Red Bull<br />

Erfolg haben sie in Leipzig mit ihrer<br />

Masche. Dafür werden sie zu Hause<br />

geliebt,woanders aber verdammt<br />

–normaler<br />

„Stolz, Teil der Union-<br />

Geschichte zu sein“<br />

Er ist Unioner durch und<br />

durch –und redet auch gar<br />

nicht erst um den heißen Brei<br />

herum. „Als der Spielplan<br />

rauskam, habe ich sofort geschaut,<br />

wann die beiden<br />

Spiele gegen Union sind“, erzählt<br />

Steven Skrzybski. „Das<br />

bedeutet mir unfassbar viel.<br />

Ich bin stolz, Teil der großartigen<br />

Geschichte von Union<br />

Berlin zu sein.“ Wir trafen<br />

den Bundesliga-Stürmer von<br />

Schalke 04 anlässlich unserer<br />

großen KURIER-Serie<br />

„Abenteuer Bundesliga –Eine<br />

Rundreise durch Unions<br />

neue Fußballwelt“ auf dem<br />

Trainingsgelände der „Knappen“<br />

im Gelsenkirchener<br />

Stadtteil Erle. Der 26-Jährige<br />

kletterte in das UNVEU-<br />

Wohnmobil und stellte sich<br />

den Fragen von Reporter Patrick<br />

Berger. Wie sehr hat<br />

Skrzybski nach einem Jahr<br />

auf Schalke als Köpenicker<br />

Junge schon den Ruhrpott in<br />

sich? Worin ähneln sich<br />

Schalke und Union? Wie<br />

groß war der Druck im Abstiegskampf<br />

wirklich? Und<br />

welches Gefühl hat man,<br />

wenn man plötzlich auf dem<br />

Rasen steht und die Hymne<br />

der Champions League ertönt?<br />

Das Skrzybski-Stück<br />

samt aufwendig produziertem<br />

Video-Interview gibt es<br />

jetzt online.<br />

Passend dazu ist seit gestern<br />

das 82-seitige UNVEU-Magazin<br />

zum 1. FC Union Berlin<br />

auf dem Markt und für nur<br />

4,50 Euro an jedem gut sortierten<br />

Kiosk erhältlich.<br />

So geht’s zur täglichen<br />

Rundreise-Etappe:<br />

Der QR-Code lässt sich<br />

mit Smartphones, Tablet-PC und<br />

kostenloser App lesen. Starten<br />

Sie die App und richten Sie die<br />

Kameraauf den QR-Code. Sobald<br />

der Code erkannt wurde,<br />

führtdie App Sie<br />

an die entsprechende Stelle<br />

auf der Webseite des KURIER.<br />

Von<br />

ANDREASBAINGO<br />

Mein Leipzig lob ich<br />

mir. Nur war derjenige,<br />

der das gesagt hat,<br />

Goethe nämlich, noch längst<br />

kein Dichterfürst, sondern ein<br />

16-jähriger Jurastudent und<br />

bald verknallt in ein Käthchen.<br />

Als das mit seiner ersten großen<br />

Liebe aber nichts wurde,<br />

raste der spätere Geheimrat<br />

wie ein halber Irrer, litt elende<br />

Qualen der Eifersucht, hasste<br />

das Liebchen, das ihn verschmähte,<br />

schrieb den Bestseller<br />

„Die Leiden des jungen<br />

Werther“ und bekam sein Leben<br />

doch noch in den Griff.<br />

Fußball-Fan war Goethe natürlich<br />

nicht, denn der Sport<br />

allgemein und speziell die Treterei<br />

mit dem Fuß gegen einen<br />

Ball hatte vor 250 Jahren ihren<br />

Siegeszug noch gar nicht begonnen.<br />

Trotzdem wäre interessant<br />

gewesen, was der Deutschen<br />

größter Dichter gemeint<br />

hätte zu all den Turbulenzen,<br />

die der Fußball gerade in der<br />

Stadt seiner frühen Jugend angerichtet<br />

hat und zu den Vereinen<br />

VfB, Rotation, Chemie,<br />

1.FC Lokomotive und seit ein<br />

paar Jahren nun auch und gerade<br />

RB. Vielleicht hätte er bei<br />

dem ganzen Wirrwarr sogar<br />

Käthchen vergeben, die einen<br />

anderen nahm, sein Hass wäre<br />

mit den Jahren Vernunft gewichen<br />

und der andere wäre ein<br />

normaler oder bei der später eigenen<br />

Größe gar kein Gegner<br />

mehr.<br />

Ist Red Bull –inder offiziellen<br />

Lesart der deutschen Fußball-<br />

Bundesliga RasenBallsport –<br />

nun ein normaler Gegner oder<br />

doch ein Hass-Konstrukt?<br />

Red Bull ist, um es auf den<br />

kürzest möglichen Nenner zu<br />

bringen, beides. Denn Erfolg<br />

haben sie mit ihrer Masche, einen<br />

kleinen Verein zu ködern,<br />

ihm den Ligaplatz abzukaufen,<br />

selbst wenn es in der fünftklassigen<br />

Oberliga ist, um gleich<br />

mal ein paar Stufen höher anzufangen<br />

mit dem Sturm hin zur<br />

Spitze in Deutschland.<br />

Na gut, nicht gleich der erste<br />

Versuch hat geklappt. Der FC<br />

St. Pauli hat dankend abgelehnt,<br />

die Löwen von 1860<br />

München auch und Fortuna<br />

Düsseldorf erst recht. Aber in<br />

Leipzig hat es geklappt, beim<br />

SSV Markranstädt. Ausgerechnet<br />

an der Pleiße, wo am 28. Januar<br />

1900 der Deutsche Fußball-Bund<br />

gegründet wurde,<br />

wo es 1903 mit dem VfB Leipzig<br />

den ersten deutschen Meister<br />

gab, wo zu DDR-Zeiten ein<br />

Foto: imago sportfotodienst<br />

Hin- und Hergeschiebe der<br />

besten Spieler stattfand und die<br />

vermeintlich miesen, die von<br />

Chemie, 1964 als „Rest von<br />

Leipzig“ trotzigerweise Meister<br />

wurden und die vom 1. FC<br />

Lok, die angeblich guten also,<br />

diesen Titel nie gewannen.<br />

Warum gerade an dieser traditionsreichen<br />

Stelle? Weil hier<br />

der Fußball so zerstritten war<br />

und ist wie in keiner anderen<br />

Stadt dieser Republik. Weil sie<br />

sich Spinnefeind sind und keiner<br />

dem anderen über den Weg<br />

traut. Im schlimmsten Fall<br />

nicht einmal sich selbst. Wie<br />

bei Chemie, dem Verein, der<br />

immer so anders sein wollte,<br />

den es plötzlich aber gleich<br />

doppelt gab, weil die einen mit<br />

den anderen nicht konnten und<br />

die anderen mit den einen nicht<br />

wollten.<br />

Nicht einmal zum 50. Jubiläum<br />

ihres Meistertitels. Als<br />

nämlich die von Chemie, die<br />

auch mal FC Sachsen hießen,<br />

und die der BSG Chemie, die sie<br />

aus lauter Sehnsucht nach vergangenen<br />

Zeiten kurz mal neu<br />

gründeten, es zu keiner gemeinsamen<br />

Feier kommen lassen<br />

wollten, weil sie partout<br />

nicht miteinander redeten,<br />

sprach die Frau des ehemaligen<br />

Torjägers Bernd Bauchspieß<br />

ein Machtwort: „Wollt ihr noch<br />

mal 50 Jahre warten, um vielleicht<br />

dann gemeinsam zu feiern?<br />

Dann seid ihr alle tot. Oder<br />

habt ihr vergessen, wie alt ihr<br />

seid? Dabei benehmt ihr euch<br />

wie kleine Kinder.“<br />

Augenzeugen berichten, dass<br />

es bei der Feier unter den alten<br />

Männern schließlich zu Tränen<br />

gekommen sei.<br />

Nur war es da, die Feier fand<br />

2014 statt, längst zu spät. Das<br />

RB-Imperium hatte zwar auch<br />

bei Chemie angeklopft, bekam<br />

in Leutzsch aber die kalte<br />

Schulter gezeigt, ankerte dennoch<br />

schon in der Messestadt.<br />

Der Marsch durch die Ligen<br />

stoppte hier und da trotzdem,<br />

allein drei Jahre hielt sich das<br />

RB-Konstrukt in der Regionalliga<br />

auf, später zwei Spielzeiten,<br />

die erste eben ab 2014, in<br />

der 2. Bundesliga. Aber sonst?<br />

Sportlich ist es, man mag die<br />

Weiß-Roten mögen oder nicht,<br />

eine einzige Erfolgsgeschichte:<br />

2016/17 Vizemeister und Teilnehmer<br />

an der Champions<br />

League, eine Saison später Platz<br />

6und Europa League, zuletzt<br />

Rang 3, Pokalfinale und erneut<br />

die Qualifikation für Europas<br />

Königsklasse.<br />

Dafür werden sie von den<br />

Leipzigern, die gierig sind nach<br />

Erfolg, geliebt. Woanders dagegen<br />

zumeist abgrundtief gehasst.<br />

Aber warum? Weil sie die<br />

Tradition biegen und nicht in<br />

der tiefsten Liga starten? Weil<br />

sie sich einen Verein ködern?<br />

Weil sie Geld annehmen von einem<br />

stinkreichen Ösi-Milliardär,<br />

der seine Kohle mit einem<br />

Brausegetränk macht?<br />

Das kann man verteufeln.<br />

Man kann es aber auch gutheißen.<br />

Je nachdem, auf wessen<br />

Seite man steht. Schon die alten<br />

Römer sagten „Pecunia non<br />

olet“, dass Geld ja nicht stinke.<br />

Es sei denn, es kommt aus dem<br />

Drogenhandel, der Prostitution,<br />

dem Menschenhandel allgemein<br />

oder aus Waffenschiebereien.<br />

Aber sonst? Ist es eigentlich<br />

nicht schnuppe, wo ei-

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