Beschaffung aktuell 10.2019
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LOGISTIK<br />
<strong>Beschaffung</strong>smanagement in der Supply Chain<br />
Kosten sind nicht gleich Kosten<br />
Beim Einkauf von Logistikdienstleistungen ist der Frachtkostenpreis in der Praxis<br />
oft entscheidend. Dieser ist aber nur eine von vielen Komponenten, die die Kosten<br />
für den Transport bestimmen. Dr. Fabian Struck von FreightHub erklärt, wie die<br />
Gesamtkosten besser berechnet werden können.<br />
<strong>Beschaffung</strong> hat das Ziel, Güter zum<br />
besten Preis, in der notwendigen Qualität<br />
und zum richtigen Zeitpunkt zur<br />
Verfügung zu stellen. Was simpel klingt, ist in<br />
der Praxis nicht so einfach. Denn: Wie wird<br />
der „beste Preis“ ermittelt? Bei der <strong>Beschaffung</strong><br />
von Logistikdienstleistungen kommen<br />
zur Messung des Preises vor allem Frachtkosten<br />
als Key Performance Indicator (KPI) zum<br />
Einsatz. Eine kürzlich durchgeführte Befragung<br />
von FreightHub, einer digitalen Speditionsplattform,<br />
bestätigt dies: Die Mehrheit<br />
der Unternehmen nannte darin als wichtigstes<br />
Ziel die Reduktion der Frachtkosten. Als<br />
zweitwichtigste KPI für erfolgreiches <strong>Beschaffung</strong>smanagement<br />
in der Logistik folgte<br />
die Zuverlässigkeit des Logistikpartners,<br />
meist in Form der “On-Time-Performance”, also<br />
der zeitgerechten Bereitstellung. Interessant<br />
wird es, wenn man diese KPI mit den<br />
Faktoren vergleicht, die laut Befragung für die<br />
Auswahl des Dienstleisters ausschlaggebend<br />
sind: Dies sind völlig andere KPIs. Für die Auswahl<br />
rangieren an erster Stelle Faktoren wie<br />
transparente und schnelle Informationsbereitstellung.<br />
Ein Blick in die einschlägige Literatur<br />
bestätigt dieses Bild. Neben Zuverlässigkeit<br />
werden dort die Bindung des Betriebskapitals,<br />
Wareneinstandskosten, Bestellzyklen<br />
und eine korrekte Abrechnung zur Bewertung<br />
herangezogen.<br />
Die Diskrepanz zwischen Preis- und Qualitätsmetriken<br />
liegt meist darin begründet,<br />
dass die angeführten Qualitätsmetriken, wie<br />
Der Autor<br />
Dr. Fabian Struck ist Vice President<br />
Growth der digitalen Spedition<br />
FreightHub aus Berlin. Zuvor war er<br />
sechs Jahre lang als Berater in der<br />
Logistik- und Transport-Practice von<br />
McKinsey tätig.<br />
Informationsbereitstellung, Wareneinstandskosten,<br />
Bestellzyklen und Abrechnungsverfahren,<br />
nicht übersichtlich zur Verfügung stehen.<br />
Eine Lösung für dieses Missverhältnis<br />
bringt der Wechsel zu einer datengetriebenen<br />
Supply Chain und damit auch zu einer<br />
qualitätsorientierten <strong>Beschaffung</strong>. Zwei Erkenntnisse<br />
sind dabei wesentlich: Zum einen<br />
sind Frachtkosten nicht synonym mit den Gesamtkosten<br />
für die Fracht und zum anderen<br />
führen preisorientierte Bieterverfahren oft zu<br />
Problemen in der weiteren Zusammenarbeit<br />
und zu einem Qualitätsverlust.<br />
Frachtkosten als Spitze des (Pr)eisbergs<br />
Ein datengetriebenes <strong>Beschaffung</strong>smanagement<br />
betrachtet nicht nur die einzelnen<br />
Preiskomponenten, sondern die Gesamtkosten,<br />
also die Total Cost of Shipment (TCoS), sowie<br />
etwaige Folgekosten für das gesamtunternehmerische<br />
Handeln. Am Beispiel einer<br />
Supply Chain mit Hunderten Seefrachtsendungen<br />
aus Asien hat FreightHub analysiert,,<br />
dass in einem Jahr bis zu 40 Prozent der gesamten<br />
Wareneinstandskosten außerhalb<br />
der eigentlichen Frachtkosten anfallen können.<br />
Die zusätzlichen Kosten ergeben sich<br />
aus administrativen Kosten, Kapitalbindungskosten,<br />
Lager- und Verwaltungskosten<br />
sowie „Notfallkosten“. Zu Letzteren zählen<br />
der Wechsel des Transportträgers bei intransparenten<br />
Verzögerungen, die Ersatzbeschaffungen<br />
bei Verspätungen oder Vertragsstrafen<br />
gegenüber eigenen Kunden. Bezieht man<br />
diese indirekten Kosten nicht in die Planung<br />
ein, ergeben sich wirtschaftliche Verzerrungen<br />
und Risiken in der Supply Chain. Analog<br />
einem Eisberg vernachlässigen preisorientierte<br />
Verfahren für Logistikleistungen den Teil<br />
unter der Wasseroberfläche.<br />
Preisorientiertes Bieterverfahren unpassend<br />
Qualitative Interviews zeigen auch, dass Mitarbeiter<br />
in der operativen Abwicklung mit<br />
dem Logistikpartner unerwartete Verzögerungen<br />
und den so entstehenden Zusatzaufwand<br />
als größten Stressverursacher wahrnehmen.<br />
Während aus Sicht der Abwicklung<br />
das Ziel darin bestehen muss, Verzögerungen<br />
zu reduzieren, führen rein preisorientierte<br />
Bieterverfahren zum Gegenteil.<br />
Zwei Beispiele: Zum einen sind Informationen<br />
in der Angebotsanforderung bei preisgetriebenen<br />
Verfahren oft unvollständig, sodass<br />
ein qualifiziertes Angebot nicht im ersten<br />
Schritt erstellt ist. Das führt bei der Angebotsvereinbarung<br />
zu einem höheren Aufwand<br />
für das beschaffende Unternehmen.<br />
Zum anderen sind die Vorgaben an die Abwicklung,<br />
wie Transportmodi oder Routing,<br />
fixiert. Daraus folgen geringe Flexibilität bei<br />
der Optimierung der Routen und geringer<br />
Spielraum für den Anbieter, ein Preis-Qualität-optimiertes<br />
Angebot zu erstellen.<br />
Ein erster Schritt in Richtung messbarer Qualität<br />
sind Vorqualifizierungsrunden im Bieterverfahren,<br />
in denen Logistikanbieter definierte<br />
Kriterien erfüllen sollen. Damit erreicht<br />
man allerdings noch nicht die notwendige<br />
Datentiefe für eine Aussage über die tatsächlich<br />
anfallenden Gesamtkosten in der Supply<br />
Chain, die Qualität der Dienstleistung oder<br />
den Beitrag der Lieferanten im Rahmen der<br />
Warenbereitstellung.<br />
Datengetriebenes Management als Lösung<br />
Das Problem ist lösbar: Und zwar mit einem<br />
datengetriebenen <strong>Beschaffung</strong>smanagement.<br />
Dieser Weg erfolgt in drei Schritten:<br />
Erstens muss das beschaffende Unternehmen<br />
einen Digitalspezialisten identifizieren,<br />
mit dem es eine Datenbasis aufbaut. Zusammen<br />
können die Partner in einem nächsten<br />
Schritt eine Bearbeitungsmatrix erarbeiten,<br />
die über die Frachtkosten hinaus anfallende<br />
Kosten beinhaltet. Im letzten Schritt können<br />
diese Daten genutzt werden, um Optimierungspotenziale<br />
auszunutzen (siehe Kasten).<br />
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