SPORTaktiv Skitourenguide 2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Foto: Pieps<br />
Das Lawinenkunde-Ausbildungskonzept<br />
„W3“ der Naturfreunde<br />
Österreich stellt die Kameradenrettung<br />
ganz oben auf die<br />
Prioritätenliste. Man muss<br />
(sich) zu helfen wissen, wenn man in<br />
die Situation eines Lawinenabgangs gerät,<br />
wenn Freunde oder sogar ein Familienmitglied<br />
verschüttet sind. Auch<br />
Skitoureneinsteiger können jederzeit in<br />
die Lage kommen, Leben retten zu<br />
müssen. Experten wie etwa Bernd Zenke,<br />
der langjährige Leiter des Lawinenwarndienstes<br />
Bayern, plädieren immer<br />
wieder dafür, Notfallabläufe und Kameradenrettung<br />
als Erstes zu trainieren,<br />
viel intensiver, als es meistens nur<br />
„nebenbei“ gemacht wird.<br />
15 Minuten sind das Zeitfenster, in<br />
dem gute Chancen bestehen, jemanden<br />
nach einem Lawinenabgang lebend zu<br />
befreien. 80 bis 90 Prozent der zur Gänze<br />
Verschütteten sind zu diesem Zeitpunkt<br />
noch am Leben – danach sinken<br />
die Überlebenschancen rapide. In dieser<br />
Zeit kann nur die sogenannte Kameradenrettung<br />
funktionieren. Professionelle<br />
Helfer schaffen es unmöglich in so kurzer<br />
Zeit zu einem Unfallort.<br />
„Mit dem LVS-Gerät sicher umzugehen,<br />
lernt man in LVS-Kursen, wie sie<br />
von alpinen Vereinen wie den Naturfreunden<br />
und Alpinschulen angeboten<br />
werden“, appelliert Martin Edlinger<br />
von den Naturfreunden. Mit einem<br />
einzelnen Kursbesuch ist es aber nicht<br />
getan. Man soll ständig trainieren,<br />
auch Szenarien mit unterschiedlich<br />
vielen Rettern (alleine, in der Gruppe<br />
...) durchspielen. Ebenso wichtig sind<br />
Erste-Hilfe-Kenntnisse. Jede Tourensaison<br />
sollte mit Suchübungen und<br />
Erste-Hilfe-Trainings starten.<br />
Im Folder „Notfall Lawine“ haben<br />
die W3-Experten den Ablauf nach einem<br />
Lawinenunglück kompakt zusammengefasst.<br />
Tipp: den Folder bestellen<br />
und auf Skitouren in die Hosentasche<br />
stecken – auch wenn er kein Ersatz für<br />
Kurs und Training ist, so kann er im<br />
Notfall doch als wertvolle Erinnerungshilfe<br />
dienen. Als grober Überblick,<br />
wie der Rettungsablauf ausschauen<br />
sollte:<br />
Ruhe bewahren, Überblick verschaffen:<br />
Beim Lawinenabgang sich selbst in Sicherheit<br />
bringen, dann den Abgang mitverfolgen und sich<br />
Verschwindepunkte, an denen Gruppenmitglieder<br />
verschüttet werden, wenn geht merken. Nach dem<br />
Stillstand Lage checken, die Anzahl der Retter und<br />
Verschütteten feststellen. Bei mehreren Rettern<br />
übernimmt der Erfahrenste die Koordination.<br />
Notruf: Gibt es mehrere Retter, setzt einer gleich<br />
den Notruf ab (Alpinnotruf 140 oder Euronotruf 112),<br />
während die anderen schon mit der Verschüttetensuche<br />
beginnen. Ist man allein, hat die Suche<br />
Priorität!<br />
Oberflächen- und Signalsuche mit LVS-Gerät:<br />
Die Oberflächensuche passiert mit Auge und Ohr.<br />
Ragt ein Ausrüstungs- oder Körperteil aus dem<br />
Schnee? Danach geht man den festgelegten Suchbereich<br />
ab und sucht einen Erstempfang.<br />
Grobsuche: Ab dem Erstempfang bewegt man sich<br />
in die Richtung, die der Pfeil am Display zeigt. Der<br />
Wert der Entfernungsanzeige muss kleiner werden<br />
– sonst um 180 Grad umdrehen und in Gegenrichtung<br />
suchen.<br />
Feinsuche: Ab 5 m die Suchgeschwindigkeit verringern<br />
und möglichst nahe an der Schneeoberfläche<br />
bleiben.<br />
Punktsuche mit Sonde: Ab dem kleinsten angezeigten<br />
Wert systematisch zu sondieren beginnen bis<br />
zum Treffer. Die Sonde stecken lassen.<br />
Systematisches Ausschaufeln: Von der Sonde<br />
hangabwärts zu graben beginnen. Sind es mehrere<br />
Helfer, ein „Förderband“ bilden.<br />
Erste Hilfe: Ist der Gerettete bei Bewusstsein, gilt:<br />
lagern mit Fokus auf Kälteschutz. Bei Bewusstlosigkeit<br />
Atemwege freimachen, Atmung prüfen, wenn<br />
nötig, beatmen, reanimieren. Ist die Atmung normal,<br />
in stabile Seitenlage bringen. Falls nicht bereits erfolgt,<br />
den Notruf absetzen.<br />
TIPP<br />
3. Int. Lawinensymposium der<br />
Naturfreunde Österreich und<br />
ZAMG Steiermark,<br />
12. Oktober <strong>2019</strong>, Graz<br />
W3-Folder „Notfall Lawine“ kostenlos<br />
bestellen: w3.naturfreunde.at<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
113