der gemeinderat Oktober 2020
Unsere Themen in der Oktoberausgabe: Digitale Kommune, Lichtplanung, Luftreiniger
Unsere Themen in der Oktoberausgabe: Digitale Kommune, Lichtplanung, Luftreiniger
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Digitale Kommune<br />
Titel<br />
Smarter Service: Die Stadt Marburg bietet entlang <strong>der</strong> wichtigsten Nahverkehrswege<br />
WiFi für alle an – auf Basis des eigenen Glasfasernetzes.<br />
Glasfaserausbau<br />
Erfolg mit Partnern<br />
Gemeinden mit Anbindung an Highspeed-Internet wissen: Mit einem<br />
Glasfasernetz sichern sie ihre Standortattraktivität und bleiben als Wohnort und<br />
für Unternehmen interessant. Und so gibt es viele Argumente für den<br />
Glasfaserausbau. Und gute Beispiele, wie er gelingen kann. Der Schlüssel zum<br />
Erfolg liegt in einer realistischen Planung und <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> richtigen Partner.<br />
Beim Thema Highspeed-Internet geht<br />
an <strong>der</strong> Glasfaser kein Weg mehr vorbei.<br />
Die Möglichkeiten <strong>der</strong> Kupferleitungen<br />
sind ausgereizt, da sind sich alle<br />
Fachleute einig. Und jeden Tag kommen<br />
neue Argumente dazu, Fiber bis in jedes<br />
Haus zu legen: So punktet die Glasfaser<br />
nicht nur bei hohen Bandbreiten, son<strong>der</strong>n<br />
auch bei Nachhaltigkeit und Klimaschutz.<br />
Glasfasernetze verbrauchen bis zu 17-fach<br />
weniger Strom als die auf Kupfer basierenden<br />
Vectoring-Netze (VDSL), so ein Gutachten<br />
<strong>der</strong> Technischen Hochschule Mittelhessen.<br />
Das Umweltbundesamt meldet<br />
zudem, dass die geringste CO 2 -Belastung<br />
beim Videostreaming über Glasfaser entsteht,<br />
halb so viel wie bei VDSL.<br />
Doch wie soll <strong>der</strong> Netzausbau vor Ort<br />
erfolgen? Sucht man sich einen großen<br />
Telekommunikationskonzern und überlässt<br />
ihm das Verlegen <strong>der</strong> Kabel, den Betrieb<br />
und den Vertrieb? O<strong>der</strong> nimmt es <strong>der</strong><br />
Bürgermeister selbst in die Hand? Die<br />
Stadt Marburg hat ihr Glasfasernetz gemeinsam<br />
mit ihren Stadtwerken (SWMR)<br />
vor sieben Jahren in Eigenregie gestartet.<br />
So können die Marburger eigenständig<br />
entscheiden, wo sie wann ausbauen und<br />
welche Dienste sie anbieten. „Für uns war<br />
dies genau <strong>der</strong> richtige Weg“, sagt<br />
SWMR-Breitbandkoordinator Norbert<br />
Kraus. Die SWMR hatten im Bereich <strong>der</strong><br />
Kommunikationsdienstleistungen bereits<br />
Erfahrung durch Wireless-DSL, was <strong>der</strong><br />
Ausgangspunkt für den Einstieg in Glasfaser<br />
war. Neben dem Glasfaserausbau<br />
betreiben die Stadtwerke Marburg gemeinsam<br />
mit <strong>der</strong> Stadt seit 2015 ein kostenloses<br />
City-WiFi mit WLAN-Hotspots an zentralen<br />
öffentlichen Plätzen und Haltestellen.<br />
DIE STADTENTWICKLUNG PROFITIERT<br />
Inzwischen sind in <strong>der</strong> Universitätsstadt<br />
sechs <strong>der</strong> 19 Stadtteile mit Glasfaser versorgt.<br />
Privatkunden können darüber bis zu<br />
500 Megabit pro Sekunde schnell durchs<br />
Internet surfen und auch telefonieren.<br />
Foto: Stadtwerke Marburg<br />
Erschlossen wurden zunächst Gebiete<br />
außerhalb <strong>der</strong> Kernstadt, die zuvor sehr<br />
schlecht ans Internet angebunden waren.<br />
Davon hat auch die Stadtentwicklung profitiert,<br />
etwa <strong>der</strong> Wohnungsmarkt für Studierende.<br />
Bürgermeister und Gemein<strong>der</strong>äte sollten<br />
mutig darangehen, den Glasfaserausbau<br />
und -betrieb selbst zu organisieren,<br />
sagt Peter Frankenberg von <strong>der</strong> Plusnet<br />
GmbH: „Die Kommunen haben mit ihren<br />
regionalen Versorgern Experten für Infrastrukturmaßnahmen<br />
vor Ort, die zudem<br />
über einen Kundenzugang verfügen.“ Der<br />
TK-Anbieter Plusnet besitzt jahrzehntelange<br />
Erfahrung und war auch in Marburg<br />
als Dienstleister von Anfang an dabei.<br />
Seit <strong>der</strong> Bund vor einigen Jahren hohe<br />
För<strong>der</strong>mitteltöpfe für den Glasfaserausbau<br />
bereitstellte, blüht das Geschäft <strong>der</strong> potenziellen<br />
Berater und Partner. Klar ist: Auch<br />
Stadtwerke können nicht alles selbst machen.<br />
Der Betrieb und die Vermarktung<br />
eines Kommunikationsnetzes erfor<strong>der</strong>n<br />
zusätzliches Know-how und an<strong>der</strong>e<br />
IT-Ressourcen. Der Marburger Versorger<br />
kümmert sich um die physikalische Seite,<br />
verlegt die Kabel bis zu den Wohnungen<br />
(FTTH − Fiber to the Home). Vieles an<strong>der</strong>e<br />
überlässt er Partnern.<br />
„Bei Glasfaser haben wir<br />
20 Jahre im Voraus gedacht<br />
und dann einen regelrechten<br />
Rollout durchgeführt.“<br />
Norbert Kraus, Stadtwerke Marburg<br />
So hat er den Kundendienst an ein regionales<br />
Unternehmen vergeben. Als überregionaler<br />
Partner ist vor allem Plusnet an<br />
Bord: Das Unternehmen betreibt seit<br />
15 Jahren ein bundesweites Next Generation<br />
Network und kann das Marburger<br />
Glasfasernetz zuverlässig managen<br />
und alle gewünschten Telefon- und Internetanschlüsse<br />
schalten. Für den Kunden<br />
ist das nicht sichtbar: Als sogenannte<br />
White-Label-Produkte sind die Services<br />
in die Markenwelt <strong>der</strong> Stadtwerke integriert.<br />
Norbert Kraus vertraut auf seinen<br />
Dienstleister Plusnet auch deswegen, weil<br />
er Extras bietet, die den SWMR das Geschäft<br />
deutlich erleichtern: So kümmert<br />
<strong>der</strong> Partner sich auch um die gesamte Abrechnung<br />
und betreibt ein Internetportal,<br />
über das die Kunden Anschlüsse bestellen<br />
o<strong>der</strong> ihre Dienste anpassen können.<br />
Spezialisierte Hilfe sollte man sich auch<br />
für Vertragsfragen holen: Rechtsanwalt Julien<br />
Wilmes arbeitet bei <strong>der</strong> Wirtschaftskanzlei<br />
BBH Becker Büttner Held, die auf<br />
den Infrastruktursektor spezialisiert ist. Er<br />
rät: „Es entstehen zum Beispiel Verpflichtungen<br />
aus Vorleistungsverträgen, die<br />
zwingend an die Endkunden weiterzugeben<br />
sind. Hier darf es nicht zu Haftungslücken<br />
kommen – etwa für den Fall von<br />
missbräuchlicher Nutzung o<strong>der</strong> Hackerangriffen.“<br />
MARKTEINFÜHRUNG PLANEN<br />
Doch mindestens so wichtig sind ein<br />
schlüssiges Konzept und eine wohlüberlegte<br />
Markteinführung. Auch wenn Infrastrukturprojekte<br />
sich ähneln, gibt es bei<br />
Glasfaser Beson<strong>der</strong>heiten, sagt <strong>der</strong> Marburger<br />
Breitbandkoordinator: „Ein Stromo<strong>der</strong><br />
Gasnetz wächst kontinuierlich. Bei<br />
Glasfaser haben wir 20 Jahre im Voraus<br />
gedacht und dann einen regelrechten Rollout<br />
durchgeführt.“ Der Erfolg kann sich<br />
sehen lassen: Mehr als 60 Prozent <strong>der</strong> angeschlossenen<br />
Kunden haben sich für die<br />
Produkte <strong>der</strong> SWMR entschieden.<br />
Und die Finanzierung? Als die Marburger<br />
mit <strong>der</strong> Glasfaser begannen, war das<br />
Angebot an För<strong>der</strong>mitteln nicht so groß<br />
wie heute. Sie verzichteten darauf und<br />
stemmten den Ausbau aus eigenen Kräften.<br />
Das ist bisher bei <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong><br />
Glasfaserprojekte <strong>der</strong> Fall, wie <strong>der</strong> Branchenverband<br />
BREKO in seiner neuen<br />
„Marktanalyse20“ herausfand. Und dass<br />
zusätzliche Erlösquellen kommen werden,<br />
ist sich Norbert Kraus sicher, zumal das<br />
neue 5G-Mobilfunknetz die hohen Glasfaserbandbreiten<br />
braucht.<br />
In Marburg wünscht man sich irgendwann<br />
ein flächendeckendes Glasfasernetz.<br />
Dafür werden bei städtischen Tiefbauarbeiten<br />
stets Leerrohre verlegt. Maßgeblich<br />
bei <strong>der</strong> Ausbauplanung sind die Bedürfnisse<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung: So steigt gerade die<br />
Nachfrage aus dem innerstädtischen Bereich,<br />
seit viele Menschen im Homeoffice<br />
arbeiten und die höheren und zuverlässigeren<br />
Bandbreiten benötigen, die man nur<br />
durch Glasfaser erreicht. Und nicht zuletzt<br />
sind Glasfasernetze auch die Basis für eine<br />
vernetzte Stadt, Stichwort Smart City, die<br />
sich viele Bürgermeister wünschen.<br />
<br />
Daniela Eckstein<br />
DIE PARTNER<br />
Die Stadt Marburg hat den Ausbau<br />
ihres Glasfasernetzes in Eigenregie<br />
mit ihren Stadtwerken (SWMR)<br />
organisiert und verlegt die Kabel bis<br />
zu den Wohnungen (FTTH).<br />
Der Kundendienst ist an ein<br />
regionales Unternehmen vergeben.<br />
Der bundesweit agierende TK-Anbieter<br />
Plusnet managt und überwacht das<br />
Glasfasernetz. Über eine<br />
White-Label-Plattform können die<br />
Stadtwerke Marburg außerdem ihre<br />
Dienste fast vollständig automatisiert<br />
abbilden und unter eigenem Namen<br />
vermarkten.<br />
<br />
<br />
ONLINE<br />
Mehr zum Thema Glasfaserausbau<br />
finden Sie auf<br />
www.treffpunkt-kommune.de<br />
> Themen > Technik & Innovation<br />
DIE AUTORIN<br />
Daniela Eckstein ist freie<br />
Journalistin in Köln.<br />
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