Ihr SCHLEMMER- Magazin per E-Mail - Genussakademie
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von Heinz Winkler basiert auf klassischen Rezepten, verändert<br />
wurde nur wenig, und kam ein neues Gericht mal nicht<br />
sofort bei den Gästen an, so wurde es sofort von der Karte<br />
genommen. So zog es den neugierigen Jungkoch weiter, und<br />
zwar genau auf die andere Seite, wo das Ex<strong>per</strong>imentieren auf<br />
der Tagesordnung stand und die Stimmung in der Küche eher<br />
einem Rockkonzert glich.<br />
... zu Marquard<br />
Stefan Marquard kochte damals im Meersburger Restaurant<br />
Drei Stuben und war noch kein bekannter Fernsehkoch.<br />
Pirat im Geiste aber schon, und so tauchte Kammermeier<br />
zunächst als Entremetier und später als Saucier tief in eine<br />
Welt ein, in der das Küchenteam eine echte Mannschaft ist,<br />
mit der man auch die komplette Freizeit verbringt, die alte<br />
kulinarische Zöpfe abschnitt und der deutschen Gastronomie<br />
wertvolle Impulse gab – nicht zuletzt beim Dresscode, denn<br />
mit Kopft uch und Kinnbart setzte Marquard auch hier schon<br />
früh Akzente, die eine ganze Generation von Köchen beeinfl<br />
usst hat. Der „ Maître“ war out, der Küchenchef nun eher ein<br />
Freund, der dem Gast die faszinierende Palette des Genusses<br />
näherbringt und dabei auch mal über die Stränge schlagen<br />
darf. Ein echter Kumpel eben. Mit dem Wechsel von Marquard<br />
vom beschaulichen Meersburg ins elegante Münchner<br />
Lenbach war die wilde Zeit jedoch vorbei. Das Team, eigentlich<br />
als Geburtstagsgeschenk für den Küchenchef geschlossen<br />
mit in die bayrische Landeshauptstadt gewechselt, zerfi el,<br />
die Neuzugänge passten nicht mehr dazu, und so ging auch<br />
Michael Kammermeier. Und zwar wiederum in eine Landeshauptstadt,<br />
diesmal die Hessische. Im Restaurant Ente wurde<br />
er zunächst Souschef von Gerd Eis, und als dieser seiner Wege<br />
ging, entschied sich das Management des Nassauer Hofs dafür,<br />
anstelle eines neuen Starkochs den jungen Kammermeier zum<br />
Küchenchef zu machen.<br />
Zwei Seiten der Medaille<br />
Gemeinsam mit Klaus Meier setzte er zunächst die asiatisch<br />
beeinfl usste Küche von Eis fort, doch die war zu dieser<br />
Zeit bereits nicht mehr sonderlich in Mode, und so entschloss<br />
sich Kammermeier, sämtliche asiatischen Zutaten aus dem<br />
GenussMAGAZIN 1 /2013<br />
Besuch beim Küchenchef<br />
Lager zu räumen, um jede Gefahr eines Rückfalls zu bannen<br />
und in Zukunft klassische Küche mit eben jenem innovativen<br />
Einschlag zu kochen, den er von Marquard mitgebracht<br />
hatte. So blieben zwar ein paar Gäste weg, doch weitaus mehr<br />
kamen wieder, die sich mit dem Einsetzen der Asia-Mode von<br />
der Ente verabschiedet hatten. Wie alles, so hatte auch diese<br />
Entscheidung zwei Seiten. Die Ente kann sich seitdem nicht<br />
über einen Mangel an Stammgästen beklagen, und gemeinsam<br />
mit dem heutigen Küchenchef der <strong>Genussakademie</strong>, Daniel<br />
Schmitt begann Kammermeier auch mit der allmählichen<br />
Veränderung von Rezepten in Richtung einer frischen, innovativen<br />
Küche – was angesichts eines Publikums, das sich immer<br />
wieder über die großen Klassiker freut, keine leichte Aufgabe ist.<br />
Lachs vs. Forelle<br />
So stehen wir gemeinsam am Ufer der Forellenzucht Seitz<br />
im Wis<strong>per</strong>tal inmitten ursprünglicher Natur, und Kammer-<br />
Die Naturbecken werden von Hand abgefi scht Tobias Seitz, Michael Kammermeier und Siegbert Seitz (v.l.)<br />
meier entfährt der Satz „Es wäre so schön, wenn die Gäste im<br />
Restaurant nicht immer nur Steinbutt, sondern mehr Forelle<br />
oder Lachsforelle von hier bestellen würden. Das sind so<br />
wunderbare Produkte, aber ich verstehe auch, wenn einer sein<br />
Lieblingsgericht immer wieder bestellt.“ Währenddessen steht<br />
Siegbert Seitz am Teich und entrollt gemeinsam mit seinem<br />
Sohn Tobias ein großes Netz, um den Teich abzufi schen, denn<br />
rechtzeitig vor Weihnachten müssen noch zahlreiche Fische<br />
in die Räucherkammer, in der direkt neben der Zuchtanlage<br />
innerhalb weniger Stunden aus fangfrischen Tieren Räucherforellen<br />
werden. Das Wasser in den Naturteichen stammt direkt<br />
aus der Wis<strong>per</strong>, einem kleinen Bach, der seine außergewöhnliche<br />
Wasserqualität der Tatsache verdankt, dass es entlang des<br />
Bachlaufs keinerlei Industrie oder Landwirtschaft gibt. Nur ein<br />
paar Kühe weiden völlig entspannt auf dem schmalen Wiesenstreifen,<br />
der den Talboden bedeckt. „Nachts ist es hier ein<br />
wenig wie auf Safari“, erläutert Siegbert Seitz, „da können Sie<br />
manchmal bis zu 60 Wildschweine und 30 Hirsche gemeinsam<br />
auf einer Wiese sehen!“ Wie um diese Aussage zu unterstreichen,<br />
haben Wildschweine in der letzten Nacht den kompletten<br />
Rasen im Eingangsbereich der Fischzucht umgepfl ügt<br />
– jetzt ist das nur eine einzige Kraterlandschaft . „Ich baue jetzt<br />
einen Zaun um das Gelände, damit wir hier mal Ruhe haben“.<br />
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