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Bulletin 74 - Schweizerische Gesellschaft für Orthopädie und ...

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schen Küche verschreiben. Diese Betty<br />

Bossi der Medizin werden ihre K<strong>und</strong>en<br />

zwar zufrieden stellen, es fragt sich aber,<br />

ob sie denn gleich gut bedient werden wie<br />

von Freddy Girardet? Wird der homo faber<br />

medicus den homo sapiens ersetzen?<br />

Es ist zu be<strong>für</strong>chten;auch was unsere künftigen<br />

Chirurgen anbelangt. Viele, die der<br />

50-St<strong>und</strong>enwoche unterliegen, bevorzugen<br />

schon jetzt die Frage des wie? auf Kosten<br />

des warums?<br />

Die Medizin steht nach wie vor vor ungelösten<br />

Problemen; wir müssen verhindern,<br />

dass sie weiterhin auf einem Platz in Paris<br />

herumrennt, umgeben von lauter Einbahnstrassen,<br />

wie dies so schön im Sketch<br />

von Fernand Reynaud wiedergegeben<br />

wird. Muss die Medizin bei jedem körperlichen,geistigen<br />

<strong>und</strong> sozialen Problem einschreiten?<br />

Soll die Gr<strong>und</strong>versicherung <strong>für</strong><br />

die Suche nach Erfüllung, ja sogar Glück<br />

eines jeden aufkommen? Unser Kollege<br />

Cassis hat bereits darauf hingewiesen; der<br />

Konsumdrang hat sich auch der Medizin<br />

bemächtigt, das menschliche Leben wird<br />

als Produkt vermarktet!<br />

Die Sicherheit des Patienten spielt <strong>für</strong> uns<br />

Orthopäden <strong>und</strong> Chirurgen eine sehr<br />

wichtige Rolle. Spitäler sind gefährliche<br />

Orte. Eine amerikanische Studie behauptet,<br />

dass in den USA pro Jahr 44 000 wenn<br />

nicht 88 000 Patienten an den Folgen von<br />

medizinischen Fehlern sterben. Viel mehr<br />

als bei Strassenunfällen!<br />

Wie können wir unser Kompetenzniveau<br />

beibehalten? Brauchen wir eine feste Anzahl<br />

jährlicher Eingriffe? Vielleicht! Aber<br />

was geschieht mit denen, die tagtäglich die<br />

gleichen Fehler wiederholen oder aufrechterhalten,<br />

was sie vor 20 Jahren gelernt<br />

haben,das inzwischen überholt wenn nicht<br />

gefährlich geworden ist?<br />

Eine Fachgesellschaft schuldet es sich, sei-<br />

ne Mitglieder fortzubilden <strong>und</strong> zu kontrollieren.<br />

Das ist eine schwierige Herausforderung:<br />

die Instrumente dazu existieren,<br />

müssen aber weiter entwickelt <strong>und</strong> benutzt<br />

werden. Das menschliche Wesen muss der<br />

Kern unserer Besorgnis bleiben.Wir müssen<br />

dazu angehalten werden, Fehler <strong>und</strong><br />

Komplikationen zu analysieren, wie bei<br />

den Piloten gewisser Fluggesellschaften.<br />

Irren ist menschlich,es kann aber zu einem<br />

Teil unserer Fortbildung werden.<br />

«Primum non nocere» ist zwar löblich,<br />

muss aber durch eine aktive <strong>und</strong> vorbeugende<br />

Aktion in der Patientenversorgung<br />

ergänzt werden.Es ist deshalb wichtig,dass<br />

eine gute medizinische Tätigkeit nicht nur<br />

durch eine konstante qualitativ hochstehende<br />

Fortbildung abgestützt wird, sondern<br />

dass das Erkennen seiner eigenen<br />

Grenzen <strong>und</strong> der Respekt des Patienten<br />

Teil davon sind.<br />

Schliesslich möchte ich noch das medizinische<br />

E-Mail erwähnen, das uns beim Austausch<br />

von Ideen <strong>und</strong> Fällen sowie auch<br />

beim Prüfen unserer Kenntnisse helfen<br />

sollte. Dieses fantastische Werkzeug der<br />

Information wird von Verkäufern mit<br />

einseitigen Mitteilungen missbraucht, die<br />

unsere E-Mail-Briefkästen überfüllen.<br />

Dieses Werkzeug steht auch den Patienten<br />

zur Verfügung,die uns auf diese Weise konsultieren.Wir<br />

sollten gegenüber dieser Art<br />

von Medizin misstrauisch sein. Sie verhindert<br />

den menschlichen Kontakt <strong>und</strong> läuft<br />

auf eine noch grössere Gefahr hinaus, unsere<br />

medizinische Identität zu verlieren.<br />

Man kann einen guten Bordeaux nicht auf<br />

dem Korrespondenzweg probieren!<br />

Liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen,mein Bericht<br />

geht zu Ende. Er ist ein wenig betäubend,<br />

aber ehrlich. Ich hatte die Ehre, zwei<br />

Jahre lang Präsident unserer <strong>Gesellschaft</strong><br />

gewesen zu sein. Ich danke Ihnen da<strong>für</strong>,<br />

<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Orthopädie</strong> . <strong>Bulletin</strong> <strong>74</strong>/2005 11

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