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Fashion<br />
„Ich stecke mein gesamtes Geld<br />
in meine Mode-Kreationen.“<br />
PRESS RESET<br />
So heißt die Debüt-Kollektion<br />
von Flora Miranda aus dem<br />
Jahr 2016 – hier der Hosenanzug<br />
„Delete Yourself“<br />
und das Kleid „Spectral“,<br />
beides aus Silikon.<br />
Erst später bin ich draufgekommen, welch wichtige<br />
Künstler da oft anwesend waren. Wahrscheinlich fällt<br />
es mir deshalb noch heute leicht, mit Menschen aus der<br />
Kunst zu arbeiten. Zu der Zeit bin ich schon ins Musische<br />
Gymnasium gegangen. Da gab es Zwölfjährige, die<br />
am Mozarteum studiert haben. Ich habe gemalt, ich war<br />
begabt, und ich wurde gefördert. Jeder von uns Schülerinnen<br />
und Schülern war ein Charakter. Die Kreativität<br />
hat uns einander aber nicht nähergebracht. Man fühlt<br />
sich trotzdem wie ein Alien, wenn man nicht die Dinge<br />
tut, die Zwölfjährige normalerweise machen.<br />
Ich bin immer noch sehr kontrolliert, aber ich versuche,<br />
das aufzubrechen. Das Wort, das mir in unserem<br />
letzten Gespräch nicht eingefallen ist, war Individualismus.<br />
Man wird in diesem künstlerischen Bereich zum<br />
Individualisten geformt. Das ist etwas, wo ich gemerkt<br />
habe, dass es nicht in jeder Situation guttut. Um gemeinsam<br />
mit anderen Leuten zu arbeiten, ist es notwendig,<br />
sich einzugliedern. Beides ist wichtig für mich. Aber es<br />
ist eine Herausforderung, zu erkennen, dass man nicht<br />
immer der sein muss, der speziell ist.<br />
Heute besteht mein Alltag nur daraus, mit Menschen<br />
zu arbeiten, deswegen ist diese Fähigkeit für mich ganz<br />
entscheidend. Der Individualismus ist wichtig, um ein<br />
stilistisches Alleinstellungsmerkmal zu entwickeln und<br />
sich so von anderen Designern weltweit abzuheben.<br />
Es ist andererseits aber schon auch wichtig, dass<br />
man das weiß, dass am Ende das Zusammensein am<br />
schönsten ist. Ich mag in meiner Art eigen sein. Aber<br />
ich bin sehr gerne mit Menschen zusammen.“<br />
Flora Miranda geht zum Studium nach Antwerpen,<br />
Belgien. Die Königliche Akademie der schönen Künste<br />
gilt als Avantgarde-Hochburg. Ihre bekanntesten Absolventen<br />
sind die „Antwerp Six“, allesamt weltberühmte<br />
Modedesigner: Dries van Noten, Ann Demeulemeester,<br />
Walter van Beirendonck, Dirk Bikkembergs, Marina Yee<br />
und Dirk van Saene. Aber auch Martin Margiela, Haider<br />
Ackermann und Kris Van Assche haben hier studiert.<br />
Nach ihrem Abschluss arbeitet Flora für die niederländische<br />
Designerin Iris van Herpen, später gründet<br />
sie ihr eigenes Label.<br />
66 THE RED BULLETIN