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The Red Bulletin 09/21 AT

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Fashion<br />

„Kunst regt dich an, dein<br />

Leben zu hinterfragen.“<br />

HEISSER STOFF<br />

Flora experimentiert gern<br />

mit Materialien (hier: ein<br />

Silikonkleid), was ihren<br />

Entwürfen anziehende<br />

Sinnlichkeit verleiht.<br />

Kapitel 2: Ins Extrem gehen<br />

„Für mich hat die Kunst eine wichtige Rolle in der Gesellschaft.<br />

Ihre Aufgabe ist es, Freiräume zu schaffen,<br />

wo unsere Realität reflektiert wird. Wo man Zeit hat,<br />

zu schauen, zu denken und seine eigenen Ansichten zu<br />

entwickeln. Dafür darf der Künstler ins Extrem gehen,<br />

das Gewohnte reizen, damit er mir die Gelegenheit<br />

gibt, mein Leben zu hinterfragen.<br />

Ich möchte solch einen Raum in der Mode schaffen.<br />

Natürlich nicht immer. Mode kann auch sehr angewandt<br />

sein, also einfach nur die Haut schützen. Es kommt<br />

immer darauf an, wofür sie gedacht ist. Ich verfolge<br />

verschiedene Richtungen. Einerseits will ich eben Freiräume<br />

schaffen, und da denke ich schon, dass meine<br />

Kreationen der Kunst nahe sind.<br />

Andererseits habe ich auch Stücke, die einfach tragbar<br />

sind. Für spezielle Gelegenheiten schlüpfe ich auch<br />

in Couture-Stücke, nur meine skulpturalen Stücke trage<br />

ich eher nicht, ich bin ja keine Performance-Künstlerin.<br />

Ich trage übrigens sehr viel Kleidung, die mir gegeben<br />

wurde. Wenn anderen Leuten ihre Kleidung nicht mehr<br />

passt, finde ich es gut, sie zu tragen. Mein Fokus liegt<br />

woanders. Ich stecke mein gesamtes Geld in meine Kreationen.<br />

Mein Label habe ich gegründet, weil ich erkannt<br />

habe, dass kaum jemand für die Avantgarde der<br />

Mode steht. Deshalb habe ich auch in Antwerpen studiert,<br />

weil ich mit meinem künstlerischen Hintergrund<br />

die Kreativität in der Mode hochhalten wollte.<br />

Ich arbeite sehr eklektisch, ich habe nicht diese eine<br />

Arbeitsweise. Ausgangspunkt ist bei meinen Kreationen<br />

immer ein <strong>The</strong>ma, ein Konzept. Das hat immer mit dem<br />

digitalen Dasein des Menschen zu tun, gepaart mit Materialstudien.<br />

Ich habe ständig Ideen, um die herum<br />

sich Menschen, Bücher, Musik, visuelle Formen akkumulieren,<br />

bis sie so etwas wie eine Traube bilden – und<br />

auf einmal ist ein <strong>The</strong>ma bereit, umgesetzt zu werden.“<br />

Das Ergebnis sind Kleider, die oft wie Skulpturen wirken.<br />

Kreationen, die aus langwieriger Denkarbeit entstehen,<br />

aus der Beschäftigung mit Mathematik und<br />

ihrer Übersetzung in Computer-Codes. Sie sind aber<br />

keineswegs ein ausschließlich intellektuelles Vergnügen,<br />

im Gegenteil: Viele ihrer Arbeiten bergen eine anziehende<br />

Sinnlichkeit. Flora Miranda zeigt sie seit 2018<br />

bei den Haute-Couture-Schauen in Paris, manche haben<br />

den Weg in Museen gefunden, internationale Künstler-<br />

Stylisten (etwa von Lady Gaga, Miley Cyrus, Sita Abellan,<br />

M.I.A.) lieben ihre aufregenden Looks.<br />

Kapitel 3: Wer programmieren kann,<br />

gewinnt Freiheit<br />

„Ich bin insgesamt eher chaotisch, deshalb versuche ich,<br />

strukturiert zu arbeiten. Ich fange jeden Tag spätestens<br />

um 9 Uhr an. Ich arbeite den Großteil meines Lebens.<br />

Erst während des Lockdowns habe ich herausgefunden,<br />

dass ich auch etwas anderes kann als arbeiten. Vorher<br />

gab es in meinem Hirn nicht die Möglichkeit, etwas<br />

anderes zu tun.<br />

Schon seit vielen Jahren frage ich mich, wo sich unsere<br />

Gesellschaft hinbewegt mit all dem Produzieren,<br />

Analysieren und dem Nutzen von Daten. Und ich finde,<br />

um kreativ damit umzugehen, muss man die Sprache,<br />

mit der diese Daten gemanagt werden, beherrschen.<br />

Ich fühle mich machtlos, wenn ich nicht programmieren<br />

kann. Indem man programmiert, gewinnt man<br />

68 THE RED BULLETIN

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