HANSA 01-2021
Hull Performance & Coating · Svitzer · Yacht »Soaring« · Schifffahrtsaktien & Börsen · Harren & Partner · LNG in der Schulte-Gruppe · Berenberg Bank · Schiffsinspektionen
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SCHiFFFaHrt | SHiPPiNG<br />
»Erwarte Mentalitätswechsel bei Reedern«<br />
die Schifffahrtskrise hat sich negativ auf den technischen Zustand der Flotte ausgewirkt, so<br />
ist oft zu hören. Corona verursacht zusätzliche Herausforderungen. Nick owens, CEo des<br />
weltgrößten Besichtigungsdienstleisters idwal, erwartet einen Mentalitätswandel bei reedern<br />
Das vor zehn Jahren von der Schifffahrtsgruppe<br />
Graig gegründete<br />
Unternehmen mit Hauptsitz im walisischen<br />
Cardiff führt mit mittlerweile rund<br />
360 Besichtigern über 1.500 inspektionen<br />
pro Jahr durch. dadurch können sich<br />
owens und sein team ein durchaus repräsentatives<br />
Bild von der Flotte machen.<br />
auf die Frage, ob sich der Zustand der<br />
Flotte coronabedingt verschlechtert hat,<br />
da Ersatzteile aufgrund von Fabrikschließungen<br />
zunächst nicht produziert, später<br />
wegen anderer restriktionen nicht mehr<br />
geliefert werden konnten, sagt owens gegenüber<br />
der HaNSa: »die kurze antwort<br />
lautet ja. der Zustand der Schiffe ist vielleicht<br />
nicht so gut, wie er sein sollte.« der<br />
CEo führt das allerdings auf eine Kombination<br />
weiterer Faktoren zurück. So seien<br />
viele Besichtigungen aufgrund der scharfen<br />
reiserestriktionen, unter die auch Besichtiger<br />
fallen, verschoben worden. Zudem<br />
könne es sich negativ auswirken,<br />
wenn Hunderttausende von Seeleuten auf<br />
Schiffen festsitzen. »Sie arbeiten hart, aber<br />
Motivationsprobleme und Müdigkeit werden<br />
sich unweigerlich auf den Zustand der<br />
Schiffe auswirken. Werden die Besatzungen<br />
die zusätzliche Meile auf dem Schiff<br />
zurücklegen, wenn sie nur nach Hause gehen<br />
wollen? Und wer würde es ihnen verübeln,<br />
wenn nicht?«, so der idwal-Chef.<br />
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CEO Nick Owens<br />
© idwal<br />
Besichtigungen aus der Ferne, »remote<br />
surveys«, wie sie von Einigen vorangetrieben<br />
werden, sind für ihn nur zum teil<br />
eine option. in Zukunft werde das zwar<br />
an Bedeutung gewinnen. »aber es besteht<br />
ein Unterschied zwischen inspektion, Verifizierung,<br />
auditierung, Schulung oder<br />
anleitung. Einige dieser dinge lassen sich<br />
nicht reproduzieren«, meint owens. Nicht<br />
zuletzt der persönliche Faktor spricht für<br />
ihn dagegen: »Wie geht eine Künstliche<br />
intelligenz an Bord und legt ihre arme<br />
um den Chefingenieur, weil dieser seit<br />
neun Monaten an Bord ist? Wie wird die<br />
Sicherheitskultur beurteilt? das kann<br />
Künstliche intelligenz nicht.«<br />
Eine Möglichkeit für den Einsatz solcher<br />
tools sei die Überprüfung vorher festgelegter<br />
Punkte durch die Crew an Bord –<br />
etwa auch an Stellen, von denen man weiß,<br />
dass es Probleme gibt. »aber man kann<br />
nicht alle dinge ersetzen die ein Bordbesuch<br />
bewirken soll. Sie brauchen einen erfahrenen<br />
Marineexperten. ich denke, eine<br />
Mischung ist der beste Weg, um ein robusteres<br />
System zu schaffen«, sagt owens.<br />
Man müsse die daten interpretieren, ansonsten<br />
sei kein Zusammenhang mit dem<br />
Wert eines Schiffes herstellbar.<br />
Arbeit mit deutschen Banken<br />
Beim Blick auf die zuletzt immer öfter<br />
auf den Markt gebrachten instrumente<br />
für »remote surveying« gibt er sich zurückhaltend<br />
und bezweifelt, dass es bislang<br />
komplett erfolgreich umgesetzt werden<br />
konnte: »Manchmal könnte man<br />
meinen, es sei wie ein impfstoff. ich bin<br />
allerdings skeptisch. Vielmehr sehe ich,<br />
dass die Nachfrage nach physischen Besichtigungen<br />
weiter anhält.<br />
idwal führt nach eigenen angaben vor<br />
allem Zustandsinspektionen im Zusammenhang<br />
mit Finanztransaktionen durch<br />
– in deutschland war man beispielsweise<br />
durch die restrukturierungen bei der<br />
NordlB und der ehemaligen HSH Nordbank<br />
stark beschäftigt. Bevor ein Schiff finanziert<br />
wird, wird es inspiziert, um sicherzustellen,<br />
dass es in gutem Zustand<br />
ist und seinen Wert erhalten kann. Bisweilen<br />
gibt es anfragen im rahmen laufender<br />
darlehensfazilitäten für Finanzinstitute,<br />
die aus irgendeinem Grund den Zustand<br />
des Schiffes überprüfen müssen. auch der<br />
zuletzt deutlich angezogene Markt von Secondhand-Verkäufen<br />
hat zu einer ganzen<br />
reihe von inspektionen geführt.<br />
darüber hinaus gibt es einen weiteren<br />
Markt, der zuletzt, insbesondere infolge<br />
der Corona-Pandemie, »wahrscheinlich<br />
der am schnellsten wachsende teil<br />
unseres Geschäfts« ist, wie owens betont.<br />
dabei handelt es sich um inspektionen<br />
im auftrag von Schiffseignern oder<br />
-Managern. Können oder wollen sie kei-<br />
22 HaNSa – international Maritime Journal <strong>01</strong> | <strong>2021</strong>