Mensch-Tier-Mischwesen in der Forschung - Deutscher Ethikrat
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dass unterschiedliche Konzeptualisierungen <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>-<br />
<strong>Tier</strong>-Differenz existieren? Nach welchen Kriterien ersche<strong>in</strong>t<br />
die e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Konzeption vorzugswürdig? Wie verhält<br />
sich die Tatsache, dass Artgrenzen zum<strong>in</strong>dest zum Teil e<strong>in</strong>e<br />
wissenschaftlich-theoretische Konstruktion, empirisch <strong>in</strong> gewissen<br />
Umfang flexibel und evolutionär verän<strong>der</strong>bar s<strong>in</strong>d, zu<br />
e<strong>in</strong>em auf e<strong>in</strong>deutige Grenzziehungen zwischen <strong>Mensch</strong> und<br />
<strong>Tier</strong> beruhenden Bewertungssystem? Wie soll mit dem Spannungsverhältnis<br />
zwischen e<strong>in</strong>er sche<strong>in</strong>bar unverän<strong>der</strong>baren<br />
„Essenz“ des <strong>Mensch</strong>en und den möglichen (evolutionär o<strong>der</strong><br />
technisch <strong>in</strong>duzierten) Verän<strong>der</strong>ungen im Bereich <strong>der</strong> Lebewesen<br />
normativ umgegangen werden?<br />
Wie und auf welcher Grundlage soll prognostiziert werden,<br />
ob und unter welchen Umständen durch die Übertragung von genetischem<br />
o<strong>der</strong> zellulärem Material menschliche Befähigungen<br />
entstehen können? Die Beantwortung dieser Frage hängt unter<br />
an<strong>der</strong>em davon ab, welche Hypothese man h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Entstehung<br />
menschlicher Befähigungen vertritt. Handelt es sich dabei<br />
um emergente Phänomene e<strong>in</strong>es hoch organisierten Gehirns<br />
o<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d sie das Ergebnis e<strong>in</strong>es langen Ko-Evolutionsprozesses,<br />
<strong>in</strong> dem sich physikochemische, biotische und sozial-kulturelle<br />
Faktoren gegenseitig bee<strong>in</strong>flussen und zu neuen Strukturen und<br />
Fähigkeiten führen, die wie<strong>der</strong>um die Voraussetzung für e<strong>in</strong>e<br />
weitergehende Entwicklung bilden? Im zuerst genannten Fall<br />
könnte möglicherweise die Entwicklung menschlicher Befähigungen<br />
durch materielle Organisations- und Reorganisationsprozesse,<br />
wie sie durch den Transfer von genetischer Information<br />
o<strong>der</strong> von bestimmten Zellen <strong>in</strong>itiiert werden, im Rahmen <strong>der</strong><br />
Schaffung e<strong>in</strong>es neuen <strong>Mensch</strong>-<strong>Tier</strong>-<strong>Mischwesen</strong>s, also ontogenetisch<br />
erzeugt werden. Wenn diese Hypothese stimmt, wären<br />
solche E<strong>in</strong>griffe schon auf <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Ebene e<strong>in</strong> Problem.<br />
Geht man jedoch davon aus, dass spezifisch menschliche Befähigungen<br />
(nur) im Rahmen e<strong>in</strong>es langen Ko-Evolutionsprozesses<br />
entstehen, dass sie also von dem aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> aufbauenden Zusammenspiel<br />
natürlicher und sozialer Faktoren abhängig und<br />
das Ergebnis e<strong>in</strong>er stammesgeschichtlichen Entwicklung s<strong>in</strong>d,<br />
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