Mensch-Tier-Mischwesen in der Forschung - Deutscher Ethikrat
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„<strong>Mensch</strong>“ o<strong>der</strong> „<strong>Tier</strong>“, auf denen moralische Argumentationen<br />
traditionell aufbauten, nicht immer gel<strong>in</strong>gt. Der Tendenz<br />
nach löst sich die klare Abgrenzung bei<strong>der</strong> Begriffe gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
auf. 113<br />
Man kann das Dilemma so lösen, dass man argumentativ<br />
e<strong>in</strong>e dichotome Zuordnung „erzw<strong>in</strong>gt“, <strong>in</strong>dem man auf <strong>der</strong><br />
Grundlage e<strong>in</strong>er sorgfältigen ontologischen Analyse festlegt,<br />
ob das konkrete <strong>Mischwesen</strong> begrifflich entwe<strong>der</strong> den <strong>Mensch</strong>en<br />
o<strong>der</strong> den <strong>Tier</strong>en zuzuordnen ist, sodass dann die Regeln<br />
<strong>der</strong> Humanethik bzw. <strong>der</strong> <strong>Tier</strong>ethik gelten.<br />
Diese Analyse kann jedoch zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen zu<br />
dem Ergebnis führen, dass e<strong>in</strong>e solche dichotome Zuordnung<br />
nicht überzeugend möglich ist, dass also e<strong>in</strong> „echtes“ <strong>Mischwesen</strong><br />
zwischen <strong>Mensch</strong> und <strong>Tier</strong> vorliegt. Zu entscheiden ist,<br />
ob die Vermengung <strong>der</strong> traditionellen Kategorien, ihr „Verschnitt“,<br />
die überlieferten Bewertungskategorien beschädigt<br />
und wie damit umzugehen ist. Ersche<strong>in</strong>t die Chimäre nämlich<br />
deutlich als e<strong>in</strong> „We<strong>der</strong>-Noch“, als e<strong>in</strong>e neue Entität zwischen<br />
<strong>Mensch</strong> und <strong>Tier</strong>, dann s<strong>in</strong>d alle traditionellen ontologischen<br />
Unterscheidungsmerkmale vermischt o<strong>der</strong> aufgelöst. E<strong>in</strong>e<br />
diesem Sachverhalt Rechnung tragende „Son<strong>der</strong>ethik“ hat es<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> philosophischen Tradition bisher nur <strong>in</strong> spekulativer<br />
Form gegeben. In Mythen und literarischen Texten gelten<br />
<strong>Mischwesen</strong> manchmal als gottähnlich, manchmal als bemitleidenswerte<br />
Kreaturen, die unter ihrem Sose<strong>in</strong> leiden. Wenn<br />
man allerd<strong>in</strong>gs entschiede, dass das <strong>Mischwesen</strong> im „Reich <strong>der</strong><br />
Ersche<strong>in</strong>ungen“ gar nicht erst entstehen darf, was durch gesetzliche<br />
Verbote sichergestellt werden müsste, wäre man des<br />
Problems enthoben, ob für <strong>Mischwesen</strong> unklarer Artzuordnung<br />
e<strong>in</strong>e Son<strong>der</strong>ethik zu entwickeln ist.<br />
Um die ethische Beurteilung von <strong>Mensch</strong>-<strong>Tier</strong>-<strong>Mischwesen</strong>,<br />
bei denen die Möglichkeit besteht, dass durch den Vermischungsprozess<br />
ihr moralischer Status verän<strong>der</strong>t worden<br />
113 Zu e<strong>in</strong>er ausführlichen ethischen Betrachtung des Themas siehe Beck<br />
2009.<br />
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