Mensch-Tier-Mischwesen in der Forschung - Deutscher Ethikrat
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5.6.4 Kulturfähigkeit<br />
Kultur ist im weitesten S<strong>in</strong>ne alles, was <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> selbst gestaltend<br />
hervorbr<strong>in</strong>gt, was er an Fähigkeiten und Gewohnheiten<br />
entwickelt, im Unterschied zu <strong>der</strong> von ihm nicht geschaffenen<br />
und nicht verän<strong>der</strong>ten Natur. Samuel von Pufendorf<br />
beschrieb „Kultur“ als Quelle menschlichen Glücks, da sie das<br />
Leben über die Not <strong>der</strong> <strong>Tier</strong>e erhebe. Er verstand Kultur als<br />
das „Insgesamt <strong>der</strong>jenigen Tätigkeiten, durch welche die <strong>Mensch</strong>en<br />
ihr Leben als spezifisch menschliches – im Unterschied<br />
zu e<strong>in</strong>em bloss tierischen – gestalten“. 124<br />
Immanuel Kants Bestimmung des <strong>Mensch</strong>en als e<strong>in</strong> kulturschaffendes<br />
Wesen vollzieht sich im Verhältnis zur Natur.<br />
Kant def<strong>in</strong>iert Kultur als Naturbeherrschung mittels Technik<br />
und Wissenschaft und durch Triebverzicht (Diszipl<strong>in</strong> und<br />
Selbstkontrolle). <strong>Mensch</strong> und Kultur s<strong>in</strong>d für ihn e<strong>in</strong> Endzweck<br />
<strong>der</strong> Natur, mit dem die Fähigkeit des <strong>Mensch</strong>en zum<br />
moralischen Handeln gemäß dem kategorischen Imperativ<br />
verbunden ist: „Handle nur nach <strong>der</strong>jenigen Maxime, durch<br />
die du zugleich wollen kannst, daß sie e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es Gesetz<br />
werde.“ 125 Der <strong>Mensch</strong> ist kultiviert, wenn er se<strong>in</strong>e Handlungen<br />
bewusst auf „an sich gute“ Zwecke e<strong>in</strong>richtet.<br />
Der britische Anthropologe Edw<strong>in</strong> Burnett Tylor prägte<br />
mit se<strong>in</strong>er umfassenden Kulturdef<strong>in</strong>ition die mo<strong>der</strong>ne Kulturanthropologie<br />
und Ethnologie: „Cultur o<strong>der</strong> Civilisation im<br />
weitesten ethnographischen S<strong>in</strong>ne ist jener Inbegriff von Wissen,<br />
Glauben, Kunst, Moral, Gesetz, Sitte und allen übrigen<br />
Fähigkeiten und Gewohnheiten, welche <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> als Glied<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft sich angeeignet hat.“ 126 Tylors Kulturauffassung<br />
hebt die Unterscheidung von Kultur und Zivilisation auf<br />
und bezieht die beobachtbaren Lebensweisen (Gewohnheiten,<br />
Gebräuche), <strong>der</strong>en ideelle und normative Voraussetzungen<br />
124 Pufendorf zit. nach: welsch 1999, 46.<br />
125 Kant, AA IV, 421.<br />
126 Tylor 1873, 1.<br />
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