Bretter - ORF
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nett zu mir? Gefalle ich dir? Wirst du mich in deinem Taxi vergewaltigen? Willst du mich ausrauben?<br />
Warum machst du das für mich?“ Plamen lächelt sie an und bleibt stumm. Mila legt sich schlafen.<br />
Sie macht zumindest die Augen zu, schlafen kann sie nicht.<br />
Irgendwann ist Mila doch eingeschlafen. Recht früh fährt ihr neuer bulgarischer Bekannter weiter.<br />
Mila wacht auf, ihr ist kalt. Mit den Fingernägeln kratzt sie auf ihren Zähnen herum. Ihre Lippen sind<br />
trocken und sie muss aufs Klo. „Wo sind wir?“ „In Schumen. Jetzt ist es nicht mehr weit.“ „Ich muss<br />
aufs Klo.“ Sie halten an einer Tankstelle.<br />
Ruse. Das kann sie lesen. Prostituierte prägen die Straßen der Peripherie. Es staubt, überall Hunde<br />
und Müll. Mila wird wieder schlecht. Sie hat Angst. Plamen will ihr die Stadt zeigen. Er hat Zeit.<br />
Mila ruft Nevena aus einer Telefonzelle an. Sie meldet sich nicht. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als<br />
mit Plamen zu warten. Sie setzen sich in den Donaupark. „Darf ich deine Haare berühren“, fragt<br />
er. „Du rauchst zu viel“, sagt sie. Plamen muss lachen und küsst Mila auf den Nacken. Er lehnt<br />
sich zurück und beginnt zu singen. „Da drüben ist Rumänien“, lenkt er ab. „Da hinten wachsen<br />
Kirschen“, kontert Mila. Plamen steckt Mila eine Zigarette in den Mund. „Was machst du hier?“ Mila<br />
weiß es selbst nicht. „Ich lenke mich ab und suche das Leben.“ Er nickt als könnte er verstehen und<br />
beginnt sie zu küssen. Zuerst auf den Mund, dann auf den Nacken. Er streichelt ihre Brüste, die mit<br />
jeder Berührung wachsen, und lächelt sie dabei die ganze Zeit an. Er lässt sie nicht aus den Augen.<br />
Plamen beobachtet sie – ihre Brüste, ihren Mund und ihre Augen. Mila ist verunsichert, aber sie will<br />
mit ihm schlafen und führt seine Hand zwischen ihre Beine. Ihr ganzer Körper ist angespannt und<br />
aufrecht, sie will Sex ohne Verpfl ichtungen. „Hast du ein Kondom?“ Er lacht und hört auf. „Du bist<br />
wunderschön.“<br />
Plamen bringt sie in seine Wohnung. „Ich dachte du bist aus Sofi a?“ „Nein, ich arbeite nur in<br />
Sofi a. Meine Familie kommt aus Ruse. Ich möchte dich ausführen.“ Sie gehen in ein bulgarisches<br />
Restaurant, tanzen und trinken viel zu viel. In der ganzen Stadt sind Mücken. Ruse summt, surrt<br />
und sticht.<br />
Mila hat gut geschlafen. Ruse gefällt ihr. Kleines Paris wird es von den Bulgaren genannt. Sie<br />
mag die Donau und ihren neuen Freund. „Dein Nacken schmeckt nach Lebkuchen. Ich möchte<br />
wissen, wie dein Bauchnabel schmeckt und wonach deine Brüste riechen“, sagt der schwarzäugige<br />
Taxifahrer. Mila erhebt sich selbstbewusst vom Frühstückstisch, zündet sich eine Zigarette an, steckt<br />
sie Plamen in den Mund und beginnt sich langsam auszuziehen. Sie weiß, dass sie ihm gefällt. Er<br />
sieht ihr lange in die Augen, raucht zufrieden und genießt das Spiel am Morgen. Er macht das<br />
Radio lauter und geht zu Mila. „Du bist ein Engel“, sagt er. „Darum hast du einen Stern auf deinem<br />
Finger“, liefert er die Erklärung dazu. Mila weiß nicht, was sie darauf sagen soll. Deshalb beginnt sie<br />
Plamen zu küssen. „Schlaf mit mir“, verlangt sie von ihm. Sie bleiben den ganzen Tag im Bett. Nur<br />
die Mücken durchbrechen die Stille. Plamen lässt sie nicht los. Mila fühlt sich gut.<br />
Plamen muss arbeiten und Mila beginnt ihre Tante zu suchen. Nevena ist in Varna, am Meer bei<br />
ihrem Geliebten. „Kindchen, Kindchen, du hast ihn schon getroffen, den Zigeuner, gell! Oh nein!<br />
Hihihihi! Hast dein Herz einem Bettler und Lügner geschenkt! Er ist verheiratet. Er liebt dich, aber<br />
pass auf dich auf! Komm nach Varna!“ Mila hat kein Geld. In Wien steht die Wohnung leer. Sie wird<br />
versuchen sie zu vermieten.<br />
Plamen soll verheiratet sein und ein Zigeuner? Aber Zigeuner leben doch in Wohnwagen, reisen<br />
umher und werden politisch korrekt Roma und Sinti genannt. Mila will es von Plamen selbst hören.<br />
„Bist du ein Zigeuner?“, fragt sie ihn. Er ist betrunken, lächelt sie an und zieht sie aus. „Wen<br />
interessiert das? Ich liebe dich, Mila.“ „Ich fahre morgen nach Wien. Kommst du mit?“ Plamen singt<br />
und singt und zieht sich auch aus. Er trägt Mila ins Schlafzimmer. Sie ist traurig, weil Plamen ihre<br />
Fragen nicht beantwortet und reist am nächsten Morgen ab.<br />
Im Bus nach Wien wird ihr speiübel. Wien zerfrisst sie. Die Einsamkeit macht sie roh und faltig. In<br />
Milas Unterleib sprießt ein Samen, doch davon weiß sie noch nichts und wessen er ist, schon gar<br />
nicht.<br />
caje sukarije – Tanz, schönes Mädchen!<br />
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