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Bretter - ORF

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zuzumachen. Dann küsste sie mich wieder und mir war, als hörte ich Schritte näher kommen. Als<br />

der brave Horst artig aufgrölte, wischte ich uns beiden die Lippen ab und nahm ihr den Joint aus<br />

der Hand.<br />

Eine Sekunde später schaute mich eine weiße Weihnachtsmähne mit Schneefl ocken darin an.<br />

Seine Brille war beschlagen, weil es schneite und außerdem feucht war bei uns im Innenraum. Ich<br />

verschob die Sache erneut und setzte einen Fuß nach draußen.<br />

„Was iss’n da drinn’ los?“, nuschelte er. Ich merkte gleich: Die Zeit der Rache war gekommen. Ich<br />

blies ihm meinen Marihuanarauch mit etwas Spucke ins Gesicht und stapfte wieder in Richtung<br />

Partyhütte.<br />

Der Ausgang des Abends war allen scheißegal. Ate und ich machten Staatstheater und die anderen<br />

hielten sich immer noch mit den letzten Sektfl aschen auf. Finn meinte, es wäre möglich gewesen,<br />

dass der Publikumsraum schon voll war, wenn das besoffene Ensemble in der Maske eintrudelte.<br />

Aber in Wahrheit war das egal, schließlich kam man nur noch als Gast zu uns, um am nächsten<br />

Tag im Büro vor den Kollegen die Stirn über den Theaterbetrieb heutzutage runzeln zu können – wir<br />

waren alle die schlichten Pagen eines uralten Statussymbols. Tomassi, unser Boss, war schon vor<br />

einiger Zeit abgehauen. Anscheinend bekam er es jetzt doch mit der Angst zu tun.<br />

Ich meinte knapp Bis später! und warf das Handy wieder fort. Anschließend steckte ich mir Ates<br />

glitschigen Slip zurück in den Mund und drang langsam wieder in sie ein.<br />

Wir hatten das Grundstück verlassen, als der Schnee wie Zucker auf den Zäunen gelegen war. Hera<br />

hatte sich hingelegt, nachdem sie ihre üblichen Kopfschmerzen plagten, und das letzte dreckige<br />

Dutzend lag gerade mit müden Augen vor den mauvefarbenen Panoramafenstern, um über die<br />

Rettung der Zukunft zu philosophieren.<br />

Ate ging völlig in ihrer Rolle auf. Sie spielte eine Frau, die von ihrer mütterlichen Schwester alles, bloß<br />

keine Moral gelernt hatte. Wie die echte Pompadour begünstigte sie gerade den Gelehrten, Künstler<br />

und Schriftsteller in mir und ließ mich vergessen, welch ungeheure Summen sie für Klunker und<br />

Fummel ausgab.<br />

Sie hatte bereits ihr Kostüm für den ersten Akt angezogen: einen offenen Nerzmantel, schwarze<br />

Strümpfe und hohe Schuhe, von denen sie einen am Geländer zum Himmel, neben dem<br />

Auslöserknopf für den Flaschenzug, abgelegt hatte. Ihr BH lag über irgendeiner Kiste mit Drähten<br />

und einer Uhr drauf, die ich noch nie dort gesehen hatte. Ihr Höschen hatte ich ihr zuletzt geraubt.<br />

Sie keuchte leise aber schwer in mein Ohr und war der Inbegriff der schuldhaften Verfehlung.<br />

Ich brauchte keine Erklärung für all das zu suchen. Die Sache kam von selbst ins Rollen.<br />

Erbarmungslose Räderwerke griffen Zahn um Zahn ineinander, übertrugen ihre Kraft von einem<br />

Mechanismus auf einen anderen und zermalmten uns dabei.<br />

Mittendrin, als mir die ersten Schweißtropfen von der Stirn rannten, beschlich mich plötzlich dieses<br />

bekannte Gefühl einer chaotischen Leere und ich wusste nicht, warum ich ein halbes Jahr lang von<br />

diesem Moment geträumt hatte. Wieder mal kam ich mir wie ein Kind vor; oder so, als hätte ich eine<br />

Latte vorm Kopf.<br />

Ich zog mich selbst heraus und steckte mich unaufgeklärt gleich wieder hinein. Mittendrin war ich<br />

ein Affe mit einer großen geraden Banane in der Hand.<br />

Einmal möchte ich eine Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt fällen, sagte ich mir. Nur einmal<br />

möchte ich wissen, wie das ist! Dann hörte ich wieder auf, mich zu konzentrieren. Ich schob meine<br />

Hüfte nach hinten und ließ sie automatisiert wieder nach vorne schnellen. Dazwischen blickte ich<br />

mich an meinem Arbeitsplatz um. Die Gleichgültigkeit in mir nahm das Gewicht eines riesigen<br />

Felsbrockens an. Ich hielt mich selbst für einen gehirnverwichsten Tropf.<br />

Als mein Blick nach unten fi el, traute ich den Augen des Betrügers nicht. Der weiße Haarschopf<br />

kniete vor Heras Füßen und küsste den Ring, den ich ihr einmal an den Finger gesteckt hatte. Ich<br />

beugte mich vor, um es besser sehen zu können. Als Heras Schwester nicht mitrückte, richtete ich<br />

ihre Hüfte schnell zu meinen Gunsten aus. Sie sprachen miteinander, das war eindeutig. Ich musste<br />

erst Ate den Mund zuhalten, um sie besser verstehen zu können.<br />

„Du musst besser aufpassen, sie haben dich fast durchschaut“, schimpfte sie derb mit ihm.<br />

„Ach, nach mir die Sintfl ut“, meinte er lakonisch. Beinahe hätte ich aufgelacht.<br />

„Wann genau?“, fragte er dann, wie ein kleinlauter Pudel.<br />

bretter<br />

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