auf den Fußboden klatschen ließen. Wie hölzern klapperten doch die Beine auf den Fliesen, wie knöchern dröhnte der Schädel im Raum! Und endlich Ruhe. Klara mit der Kiste hinter mir, ich durch die erleistete Arbeit des Zerschlagens wie selbst zerschlagen. Ihre Hände lasen das unsprechende Unaussprechliche auf und legten es in sein neues Bett aus Holz. Dann den Deckel darauf und mit zittrigen Fingern den ersten Nagel angesetzt. Nun die Zukunft, dachte ich, als ich das erste Eisen ins Holz trieb. vernagelung 20
Marita Gruber geboren 1977 in Vorau. Nach Abschluss eines neusprachlichen Gymnasiums in der Steiermark verschlägt es sie durch eine Tourismusausbildung in die Schweiz und nach Frankreich. Letztendlich beginnt sie mit 21 doch noch zu studieren, um etwas „Gescheites“ zu machen. Neben zahlreichen Jobs im Personalmanagement fi ndet sie immer Zeit zu reisen (Norden Europas, Alaska & Kanada, Südamerika). 2002 verbringt sie ein Auslandssemester in Santiago de Chile. Obwohl das Schreiben von Kurzgeschichten Marita bereits während der Schulzeit immer begleitet hat, behielt sie ihre Geschichten in den letzten zehn Jahren für sich. Bei einer Schreibwerkstatt im Mai 2005 wird der Wunsch zu schreiben wieder neu entfacht. Marita schreibt über die alltäglichen Situationen des Lebens, über Menschen und deren Beziehungen zueinander. Derzeit arbeitet Marita an der Universität Wien und schreibt an ihrer Dissertation der Wirtschaftswissenschaften. <strong>Bretter</strong> Unser Nachbar ist seit etwa drei Jahren in Pension. „Was heißt Pension?“ fragt meine Tochter Lisa. „Pension heißt, dass er nicht mehr arbeiten muss“, antworte ich. Meine Mutter sieht mich strafend an. Arbeit ist Freude und soll daher nicht mit „müssen“ in Verbindung gebracht werden. „Weißt du, er ist einfach ein Opa“, sagt sie daher. „Pension“ ist ihrer Meinung nach ein zu schwieriges Wort für ein 5jähriges Mädchen. „Wieso hab ich eigentlich keinen Opa?“ fragt Lisa. Daraufhin wendet sich meine Mutter wieder dem Kartoffelschälen zu. Herr Ranter, der Nachbar, hat früher für eine kleine Tischlerei im Ort gearbeitet. Er hat nie viel geredet, aber wir haben ihn gemocht. Manchmal hat er uns kleine Holzstücke von der Tischlerei mitgebracht, damit wir damit spielen konnten. Er hat uns gezeigt, wie man kleine Puppenhäuser baut. Als wir älter wurden, zeigte er den Buben in der Siedlung, wie man Baumhäuser baut. Wie man die <strong>Bretter</strong> so zusammensetzt, dass sie auch Wind und Regen standhalten. Und wie man das richtige Holz dafür auswählt. Heute sind die Buben Männer und schon lange lebt keiner von ihnen mehr in der Siedlung. Sie kommen an den Muttertagen oder zu Weihnachten – Wiener Kennzeichen auf dem BMW oder Audi und wunderbar duftende Ehefrauen auf dem Beifahrersitz. Nur wenige haben Kinder bekommen, dafür haben fast alle viel Geld. An den Tagen, an denen ich ihre Autos in die Strasse zur Siedlung einbiegen höre, gehe ich nicht aus dem Haus. „Wo ist denn deine Mama?“, fragen sie Lisa. „Die ist sehr beschäftigt!“, sagt Lisa dann. Meine Mutter verdreht bei dem Satz die Augen. Mit Marianne Ranter, der Schwiegertochter des Nachbarn unterhält sie sich oft darüber, dass die heutige Generation nichts mehr aushält. Sich nicht konfrontiert, nicht protestiert, nicht kämpft, sofort aufgibt. Die Liga, in der ich kämpfe, kennt meine Mutter nicht und die, in der sie kämpft, kenne ich nicht. Es sind nicht unterschiedliche Klassen, sondern unterschiedliche Welten. Sie meint, ich hätte Lisa den Satz eingetrichtert. Sie meint, ich würde ein Kind vorschieben, das an meiner Statt die Antworten gibt. Darüber hinaus meint sie, beschäftigt zu sein, ist noch kein Grund, seine Manieren zu vergessen. Schließlich wäre die Siedlung ohnehin nur zu allen heiligen Zeiten belebt. Wenn sie kommen, steht Herr Ranter von seiner Bank vor dem Haus auf, winkt ihnen kurz zu und geht hinein. Er tut so, als müsste er etwas Dringendes erledigen. Von meinem Küchenfenster aus kann ich sehen, dass er in Wirklichkeit nur durch sein Haus hindurchspaziert und durch den Hinterausgang auf das Feld geht. Dort bleibt er dann. Er wandert zu den Muttertagen durch die Weizenfelder und zu Weihnachten entlang der beschneiten Feldwege. Ganz langsam. Zwischendurch bückt er sich, um etwas aufzuheben oder etwas anzusehen, immer so, als wäre es etwas Besonderes. Er schenkt seine Aufmerksamkeit einer einzigen Kleinigkeit. Sonst macht er diese Feldspaziergänge nie, nur, wenn die Buben da sind. Als ich noch ein Kind war, ist er oft erst spät abends nach Hause gekommen. Seine Frau hat dann bereits am Fenster im ersten Stock gewartet. Sie wartete so lange, bis sie sehen konnte, dass er die Straße entlang ging. Dann schloss sie das Fenster, um nicht von ihm gesehen zu werden. In der Nachbarschaft hielt sich das hartnäckige Gerücht, dass Herr Ranter zu gerne ins Glaserl schaut und dabei auf Frau und Kind vergisst. Aber das war nicht so. Herbert, einer von den Buben, mochte bretter 21