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HR_Today_6&7_2022

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Learning<br />

SCHWERPUNKT<br />

Es geht darum, ein Problem zu erfassen und<br />

zu beschreiben. Einmal konkret umschrieben,<br />

ist es einfacher zu lösen.<br />

Auf Games angewandt heisst das: In jedem<br />

Computerspiel werden Spielende vor Herausforderungen<br />

gestellt. Für die sich laufend wandelnden<br />

Problemstellungen sind stets Lösungen<br />

zu finden. Dabei müssen Spielende in Sekundenbruchteilen<br />

eine Lage erfassen, analysieren und<br />

hinterfragen, bevor sie eine Strategie entwickeln.<br />

• Collaboration Across Networks & Leading<br />

by Ex<strong>amp</strong>le<br />

Immer mehr Arbeit wird von «virtuellen»<br />

Teams erledigt. Zunehmend werden diese<br />

durch Einflussnahme ihrer Mitglieder geleitet<br />

und nicht durch eine hierarchisch höher eingestufte<br />

Person.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Praktisch alle<br />

Videospiele sind heute vernetzt. Gespielt wird oft<br />

in (internationalen) Teams, die sich via VoIP<br />

(Voice over Internet Protocol) oder Netzwerken<br />

wie Discord während des Spiels absprechen. Was<br />

zählt, ist die Leistung und die im Spiel gezeigte<br />

Kompetenz. Zur daraus resultierenden Vorbildrolle<br />

gehört auch der Wille, das Team vorwärtszubringen.<br />

• Agility & Adaptability<br />

Die Geschwindigkeit der laufenden Veränderungen<br />

und die Komplexität der Problemstellungen<br />

verlangen Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Aktuelle Computerspiele<br />

stellen Spielende immer wieder vor<br />

neue Herausforderungen. Treten Spielerinnen<br />

und Spieler gegeneinander online an, präsentieren<br />

sich die Begegnungen sehr unterschiedlich.<br />

Spielende werden selbst durch Handy-Games<br />

laufend gezwungen, flexibel zu sein und sich<br />

neuen Gegebenheiten anzupassen.<br />

• Initiative & Entrepreneurship<br />

Es reicht längst nicht mehr, Aufgaben und Aufträge<br />

zu erfüllen. Man muss sich Ziele setzen<br />

und diese angehen. Werden nicht alle erreicht,<br />

ist das immer noch höher einzustufen als das<br />

reine Abarbeiten von vorgegebenen Aufträgen<br />

und eine Frage der Fehlerkultur.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Wer nicht nur<br />

bestehen, sondern vorwärtskommen will, muss<br />

bereit sein, die Initiative zu ergreifen und mehr<br />

als das Nötige zu erfüllen. Durch die in Games<br />

verbreitete «Versuch und Irrtum»-Herangehensweise<br />

wird stets der Rahmen des Möglichen ausgelotet.<br />

Ohne (Eigen)Initiative geschieht in<br />

Games nichts.<br />

• Effective Oral, Written and Multimedia<br />

Communication<br />

Schreiben hört nicht mit korrekter Orthografie<br />

und Grammatik auf. Gedanken müssen in<br />

eigene Worte gefasst werden, um zu überzeugen.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Viele Computerspiele<br />

werden in Teams gespielt. In hektischen<br />

Situationen bedarf es einer klaren und<br />

effektiven Kommunikation, um Missverständnissen<br />

vorzubeugen. Viele Spielende sagen, dass<br />

sie ihre Englischkenntnisse durch das Online-Spielen<br />

wesentlich verbesserten.<br />

IN JEDEM COMPUTER-<br />

SPIEL WERDEN<br />

SPIELENDE VOR<br />

HERAUSFORDERUNGEN<br />

GESTELLT<br />

MARC BODMER<br />

• Accessing & Analysing Information<br />

Sich Zugriff auf relevante Informationen verschaffen<br />

und entsprechende Schlüsse daraus<br />

ziehen.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Es kommt<br />

immer wieder vor, dass sich Spielenden gewisse<br />

Problemstellungen nicht erschliessen. Dafür werden<br />

online Lösungswege gesucht und im Spiel<br />

umgesetzt. Ein anderer Weg ist der Beizug von<br />

erfahrenen Spielenden, die bei der Problemlösung<br />

helfen.<br />

• Curiosity & Imagination<br />

Neugierde, Vorstellungsvermögen und Kreativität<br />

sind von zentraler Bedeutung, wenn es<br />

darum geht, in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt<br />

zu bestehen.<br />

Auf Games angewandt heisst das: Neugierde ist<br />

eine treibende Kraft in Computerspielen, die sich<br />

als Versuchslabor eignen, um neue Wege zu<br />

beschreiten und Dinge auszuprobieren. Sogenannte<br />

Sandkastenspiele wie «Minecraft» lassen<br />

Spielende kreatives Potenzial ausschöpfen. Einzig<br />

die Limiten der eigenen Vorstellungskraft setzen<br />

dem Spiel Grenzen.<br />

Berufslaufbahnberatende aus der Deutschschweiz<br />

wurden an vier Workshops des vom<br />

SDBB-Innovationsfonds finanzierten Pilotprojekts<br />

der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte<br />

Wissenschaften zu «Gaming Skills – Verborgene<br />

Kompetenzen für die Berufswelt»<br />

eingeladen. Die wenigsten Teilnehmenden verfügten<br />

über aktuelle Gameerfahrung. Vielfach<br />

verwiesen sie auf das Gamen in Jugendjahren.<br />

Doch die technische Entwicklung des interaktiven<br />

Unterhaltungsmediums ist derart gross, dass<br />

Videospiele der heutigen Generation mit ihren<br />

Vorgängern von anno dazumal höchstens noch<br />

gewisse Grundmechanismen gemein haben. Sie<br />

sind bzüglich des Grads der Komplexität und der<br />

gestellten Anforderungen erheblich anspruchsvoller.<br />

Dass sich durch das Spielen von Computergames<br />

für den Berufsalltag nützliche Fähigkeiten aneignen<br />

lassen, bejahten sämtliche Teilnehmenden.<br />

Trotz des Interesses an der Skills-Thematik wurden<br />

immer wieder Bedenken eingebracht. Ob<br />

Games nicht süchtig machen, wurde gefragt.<br />

Welche Bedeutung kommt Gewaltdarstellungen<br />

in Computerspielen zu? Machen Games aggressiv?<br />

Diese Einwände illustrierten zum einen die<br />

weit verbreiteten Vorbehalte gegenüber Computerspielen,<br />

aber auch unter welcher Stigmatisierung<br />

Kinder und Jugendliche leiden. Schnell<br />

heisst es: «Er ist halt ein Gamer.» Damit werden<br />

pauschal gewisse Auffälligkeiten wie Unzuverlässigkeit,<br />

Desinteresse oder Schlafmangel<br />

«erklärt» und der Betroffene wird abgestempelt.<br />

Vor dem Hintergrund, dass über 90 Prozent der<br />

männlichen Jugendlichen in der Schweiz regelmässig<br />

gamen, ist diese Haltung problematisch.<br />

Gamer sind die Regel und nicht die Ausnahme.<br />

Aufgrund dieser Stigmatisierung erwähnen Spielende<br />

selten aus eigenem Antrieb ihr Hobby. Viele<br />

sind dann erstaunt, wenn sie von Beratenden<br />

wertfrei darauf angesprochen werden.<br />

Die Workshops und Befragungen der Berufslaufbahnberatung<br />

zeigten, dass sich Beratende<br />

Unterstützung und Gesprächshilfe im Bereich<br />

Computerspiele wünschen. Das Wissen über dieses<br />

schnelllebige und weitverbreitete Unterhaltungsmedium<br />

der Beratenden ist beschränkt und<br />

reicht bei Weitem nicht aus, um ein fundiertes<br />

und zielführendes Gespräch zu führen. Vonseiten<br />

der Teilnehmenden wurde verschiedentlich auch<br />

auf die Stigmatisierung der Thematik hingewiesen.<br />

Computerspiele und Gamer haben einen<br />

schlechten Ruf – besonders in überwiegend traditionellen<br />

Arbeitsgebieten. Das ist ein Grund,<br />

weshalb Ratsuchende Gaming-Tätigkeiten selten<br />

aus eigenen Stücken thematisieren. Vonseiten<br />

der ZHAW sind deshalb weitere «Gaming Skills»-<br />

Workshops geplant. Parallel dazu wird ein Tool<br />

für Berufs- und Laufbahnberatende entwickelt,<br />

das Beratende in ihrer Tätigkeit unterstützt und<br />

die verborgenen Potenziale der Games sichtbar<br />

macht.<br />

a<br />

6&7 | <strong>2022</strong><br />

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