HR_Today_6&7_2022
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Debatte<br />
MEINUNG<br />
NICOLAS FACINCANI<br />
Rechtsanwalt, Voillat Facincani Sutter + Partner<br />
Spanien will den Menstruationsurlaub einführen, in Japan gibt es ihn<br />
schon. In der Schweiz wird (noch) darüber diskutiert. Ein Menstruationsurlaub<br />
soll Frauen ermöglichen, bei starken Regelschmerzen zu<br />
Hause zu bleiben. Andere Lösungsansätze zielen darauf hin, Frauen<br />
jeden Monat zwischen drei und fünf zusätzliche freie Tage zu geben.<br />
Im Ausland sind sodann arbeitsvertragliche Regelungen von Arbeitgebenden<br />
bekannt, die für Arbeitnehmerinnen einen Menstruationsurlaub<br />
vorsehen, was ihnen bei Bewerbenden einen Wettbewerbsvorteil<br />
verschaffen soll. Das Schweizer Recht sieht keinen<br />
Menstruationsurlaub vor. Arbeitnehmerinnen, die aufgrund von<br />
Menstruationsbeschwerden arbeitsunfähig sind, sind wie bei einer<br />
Krankheit nicht zur Arbeit verpflichtet und erhalten ihren Lohn für eine<br />
beschränkte Zeit. Das aktuelle System hat für betroffene Arbeitnehmerinnen<br />
aber gewisse Schwächen. Grundsätzlich ist eine Arbeitnehmerin,<br />
die sich auf eine Arbeitsunfähigkeit berufen will, ab dem ersten Moment<br />
der Arbeitsunfähigkeit beweispflichtig. Der Arbeitgebende könnte die<br />
Arbeitsunfähigkeit jeweils in Frage stellen und sofort ein Arztzeugnis verlangen.<br />
Das wiederum könnte für die betroffene Arbeitnehmerin zu einer (zu) grossen<br />
Belastung führen. Zudem ist die Dauer der Lohnzahlungspflicht pro Dienstjahr<br />
beschränkt. Für alle Arbeitsunfähigkeiten zusammen beträgt diese im ersten<br />
Dienstjahr drei Wochen, in den weiteren Dienstjahren eine angemessene längere<br />
Dauer (Stichwort Zürcher, Berner und Basler Skala). Eine Abwesenheit aufgrund<br />
einer Arbeitsunfähigkeit wird jedoch nur entschädigt, wenn das Arbeitsverhältnis<br />
mehr als drei Monate dauerte oder für über drei Monate eingegangen wurde.<br />
In Abwesenheit einer Versicherungs- oder grosszügigeren vertraglichen Lösung<br />
ist also nicht garantiert, ob die menstruationsbedingte Abwesenheit tatsächlich<br />
entschädigt wird. In letzter Zeit wurde das Obligationenrecht bereits um verschiedene<br />
Urlaube ergänzt. So wurden der Vaterschaftsurlaub und der Betreuungsurlaub<br />
eingeführt. Sodann wurden die Bestimmungen zum Mutterschaftsurlaub<br />
erweitert. Neu wird zudem ein Adoptionsurlaub eingeführt. Somit würde es dem Zeitgeist<br />
entsprechen, auch einen speziellen Menstruationsurlaub einzuführen. Obgleich das für die<br />
Betroffenen durchaus entlastend sein kann, wäre dessen Ausgestaltung sorgfältig zu redigieren, sodass<br />
sich der Menstruationsurlaub am Schluss nicht zum Nachteil weiblicher Stellenbewerberinnen auswirkt<br />
oder zu einer Stigmatisierung von Arbeitnehmerinnen führt.<br />
ES WÜRDE DEM<br />
ZEITGEIST ENTSPRECHEN,<br />
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6&7 | <strong>2022</strong><br />
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