16.02.2023 Aufrufe

Angebote für pflegende Angehörige

Gemeinsam von der RAGA, der Regionalen ArbeitsGemeinschaft Alten- und Angehörigenberatung Berlin, und der aperçu Verlagsgesellschaft mbH wird der Berliner Ratgeber „Angebote für pflegende Angehörige“ herausgegeben – eine umfangreiche Publikation mit Angeboten und für pflegende Angehörige.

Gemeinsam von der RAGA, der Regionalen ArbeitsGemeinschaft Alten- und Angehörigenberatung Berlin, und der aperçu Verlagsgesellschaft mbH wird der Berliner Ratgeber „Angebote für pflegende Angehörige“ herausgegeben – eine umfangreiche Publikation mit Angeboten und für pflegende Angehörige.

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32<br />

Nachbarschaftshilfe<br />

Nuray Arslan liebt die Nachbarschaftshilfe,<br />

die abgerechnet werden kann<br />

Unbeschwert tanzen<br />

Nuray Arslan bekommt leuchtende Augen, als sie vom<br />

jüngsten Henna Fest erzählt. Vor der bevorstehenden<br />

Hochzeit werde ausgelassen gefeiert, getanzt, gegessen.<br />

Dass die alleinerziehende Mutter eines autistischen<br />

Kindes mit Down-Syndrom ohne Probleme daran teilnehmen<br />

konnte, verdankt sie einer niedrigschwelligen<br />

Entlastungsleistung. „Die Nachbarn fragt man ein-,<br />

zweimal – aber dann?“<br />

Bei der Nachbarschaftshilfe als Leistung zur Unterstützung<br />

im Alltag können pflegebedürftige Personen<br />

mit einem Pflegegrad von einer anerkannten<br />

Nachbarschaftshelferin oder einem anerkannten<br />

Nachbarschaftshelfer betreut werden. Nachbarschaftshelfer/-innen<br />

müssen zur Anerkennung<br />

einen 6-Stunden-Kurs absolvieren und erhalten <strong>für</strong><br />

die Betreuung eine Aufwandsentschädigung von<br />

acht Euro pro Stunde. Pflegebedürftigen stehen<br />

maximal 125 € im Monat als Entlastungsbetrag zur<br />

Verfügung. Nachbarschaftshelfer/-innen können so<br />

die häusliche Versorgung pflegebedürftiger Menschen<br />

unterstützen.<br />

Nuray Arslan hat dank der abrechenbaren Nachbarschaftshilfe<br />

kein schlechtes Gewissen mehr, konnte<br />

unbeschwert beim Henna Fest tanzen, während ihr<br />

Sohn bei der Nachbarin war, die ihn kennt und regelmäßig<br />

betreut. „Wir haben das organisiert, jeder hat<br />

seine Nachbarschaftshelfer“, berichtet die 52-Jährige.<br />

Wir – das sind die „Besonderen Menschen“, so heißt ihr<br />

Verein. Besondere Menschen sind Menschen mit dauerhaften<br />

Erkrankungen, von „Behinderung“ sprechen<br />

sie nicht so gern. Gemeinsam feiern sie am 21.3. den<br />

Weltdownsyndromtag „am 21., weil bei ihnen das 21.<br />

Chromosom dreimal vorkommt, statt zweimal“, am 2.4.<br />

den Welt autismustag, am 14.10. den Weltdiabetestag.<br />

Ein Verein, der stark macht<br />

Gerade waren sie beim Wintermarkt im Görlitzer<br />

Park dabei mit Linsensuppe und Salaten. Bei solchen<br />

Events werden Spendengelder <strong>für</strong> die jährlichen Reisen<br />

gesammelt, die sie mit dem Deutschen Familienverband<br />

unternehmen. „Dann muss auch keiner nach<br />

Geld in der Familie fragen.“ Der Verein hilft, Behinderungen<br />

zu akzeptieren. „Für manche ist das schwer“,<br />

weiß Nuray Arslan. „Für mich war es okay, es war<br />

meins“, sagt sie, die Hände ausgebreitet auf der Brust.<br />

„Ich war 42, reif genug, hatte schon zwei gesunde Kinder“.<br />

Ihre Großen sind selbstständig, arbeiten als Er-<br />

Nuray Arslan, Gründerin<br />

und Leiterin des 2016<br />

gegründeten Vereins<br />

„Besondere Menschen“<br />

in der Köpenicker Straße<br />

in Kreuzberg<br />

zieherin und Jurist, und unterstützen die Mama und<br />

ihren Verein, der gemeinsam stark macht.<br />

„Wir wissen, die Erkrankung wird bleiben.“ Sie sind froh<br />

über ihre Räume in der Köpenicker Straße, die auch mit<br />

Rollstuhl begehbar sind, wo sie sich treffen zum Reden,<br />

Nähen, zu Deutschkursen. Sie laden Experten ein und<br />

bieten dabei Übersetzungen an. Wenn die Runde größer<br />

ist, sind sie gerne im Familienzentrum in der Cuvrystraße,<br />

wo auch die Idee zum Verein entstand.<br />

„Einer kann nicht laufen, einer kann nicht reden, wir<br />

haben Diabetes, Down-Syndrom, Autismus, Muskelerkrankungen<br />

und wir wissen, das wird bleiben. So lieben<br />

wir uns. So leben wir miteinander“, strahlt Nuray Arslan,<br />

wenn sie von den „Besonderen Menschen“ erzählt.<br />

Die Pharmazeutisch-Technische Assistentin hat ihre<br />

Schicht in der Apotheke hinter sich, bald bringt der<br />

Fahrdienst den Sohn aus der Förderschule nach Hause.<br />

Er wird der Letzte sein, der aussteigt. „Er liebt das Autofahren,<br />

und ich habe kein Auto.“ Nuray Arslan lächelt.<br />

Sie scheint immer eine Lösung zu finden. Wie das mit<br />

dem Entlastungsbetrag und der Nachbarschaftshilfe<br />

funktioniert, das haben die Besonderen Menschen auch<br />

schon vielen im Kiez erklärt. Und bei Bedarf helfen sie<br />

sich untereinander beim Ausfüllen der Formulare.<br />

www.besondere-menschen-ev.de<br />

© Nößler/aperçu<br />

Birgit Nößler<br />

Gemeinsam wird gelebt, gefeiert, gelernt, gelacht…<br />

„Besondere Menschen“ führen Krankheiten zusammen,<br />

die bleiben werden. Den Verein prägt Frauenpower:<br />

Überwiegend Frauen, meist mit türkischen oder<br />

kurdischem Migrationshintergrund und in der Mehrzahl<br />

nicht in Deutschland geboren, finden Zusammenhalt.<br />

© Besondere Menschen e. V.

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