Landtagsspiegel23. Jahrgang - Elke Brunnemer
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Vier aus dem Südwesten<br />
Die Bundespräsidenten<br />
Heuss, Weizsäcker, Herzog und Köhler von Staatsminister a. D. Prof. Karl Moersch<br />
64<br />
Theodor Heuss,<br />
Bundespräsident von<br />
1949 bis 1959<br />
Richard von Weizsäcker,<br />
Bundespräsident von<br />
1984 bis 1994<br />
In einer Dokumentation, welche die Namen aller Land-<br />
tagsmitglieder des deutschen Südwestens enthält, ent-<br />
deckt man auf einer Seite mit dem Anfangsbuchstaben<br />
„H“ zwei ehemalige Abgeordnete, die zu unterschiedlichen<br />
Zeiten Präsident der Bundesrepublik Deutschland<br />
gewesen sind: Roman Herzog und Theodor Heuss. Der<br />
eine, Roman Herzog, von 1994 bis 1999 Bundespräsident,<br />
gewann im Jahre 1980 das Göppinger Mandat<br />
für den Landtag von Baden-Württemberg, der andere,<br />
Theodor Heuss, Bundespräsident von 1949 bis 1959,<br />
gehörte dem ersten Landtag des Landes Württemberg-<br />
Baden von 1946 bis 1949 an.<br />
Herzog, der 2009 seinen 75. Geburtstag gefeiert hat,<br />
stellte sich 1999 nicht zur Wiederwahl. Während seiner<br />
Amtszeit als Bundespräsident hatten sich die Mehr-<br />
heitsverhältnisse in der Bundesversammlung geändert.<br />
Die Sozialdemokraten wollten im Jahre 1999 das höchste<br />
Amt mit einem der ihren besetzen. Ihr Kandidat war<br />
Johannes Rau.<br />
Eine Wiederwahl von Theodor Heuss war im Jahre 1954<br />
nicht strittig gewesen. Heuss, ein Meister des Wortes,<br />
hatte in den ersten fünf Jahren seiner Amtszeit dem<br />
Präsidentenamt hohes Ansehen verschafft.<br />
Wenn man in den Biographien der in den vergangenen<br />
60 Jahren von einer Bundesversammlung gewählten neun<br />
Politiker nach der Herkunft sucht, wird man entdecken,<br />
dass auch der in den Jahren 1984 bis 1994 als Bundes-<br />
präsident amtierende, inzwischen 89 Jahre alte Richard<br />
von Weizsäcker familiäre Wurzeln im heutigen Baden-<br />
Württemberg nachweisen kann. Richard von Weizsäcker<br />
kam im Jahre 1920 in Stuttgart zur Welt, nicht irgend-<br />
wo in Stuttgart, sondern in der Dienstwohnung seines<br />
Großvaters von Graevenitz im Neuen Schloss. Carl von<br />
Weizsäcker, der andere Großvater, diente dem würt-<br />
tembergischen König Wilhelm II. als Ministerpräsident.<br />
Mitten im Ersten Weltkrieg hat damals der populäre<br />
König seinen ebenso populären Ministerpräsidenten<br />
in den Freiherrnstand erhoben.<br />
Roman Herzog,<br />
Bundespräsident von<br />
1994 bis 1999<br />
Horst Köhler,<br />
Bundespräsident<br />
seit 2004<br />
Als Bundespräsident hat Richard von Weizsäcker gerne<br />
und mit Recht betont, dass er seine Schulzeit in Berlin<br />
verbracht hatte. Vom Geburtsort Stuttgart war bei ihm<br />
meist eher beiläufig die Rede. Wie aber verhält es sich<br />
mit dem amtierenden Bundespräsidenten, mit Horst<br />
Köhler? Der Geburtsort Köhlers befindet sich im Süd-<br />
osten Polens, wo sich die Familie Köhler im Zweiten Welt-<br />
krieg eine Zeit lang aufhielt, nachdem sie ihre Heimat<br />
in Bessarabien hatte verlassen müssen. Bald nach<br />
Kriegsende fand die Familie eine dauerhafte Bleibe im<br />
Besatzungsgebiet der Amerikaner im unzerstörten<br />
Ludwigsburg. Hier hat Bundespräsident Horst Köhler<br />
das Mörike-Gymnasium besucht. Hier, in der ehemaligen<br />
württembergischen Residenz, ist er heimisch geworden.<br />
Der Dienstsitz des am 23. Mai 2009 wiedergewählten<br />
Bundespräsidenten befindet sich in Berlin, Köhlers<br />
Heimat jedoch und die Heimat seiner Familie ist eine<br />
baden-württembergische Heimat.<br />
Wenn Horst Köhler in fünf Jahren das Präsidentenamt<br />
und das Berliner Schloss Bellevue verlassen muss,<br />
dann existiert die Bundesrepublik Deutschland seit 65<br />
Jahren. Vielleicht wird ein Chronist unseres deutschen,<br />
föderalen Staates entdecken, dass jeder der vier aus dem<br />
deutschen Südwesten stammenden oder im Südwesten<br />
beheimateten Bundespräsidenten seiner Vorbildfunktion<br />
als Repräsentant unseres freiheitlich-demokratischen<br />
Rechtsstaates gerecht geworden ist. Richard von Weiz-<br />
säcker, Roman Herzog und Horst Köhler haben, jeder<br />
auf seine Art, das Ansehen der Bundesrepublik Deutsch-<br />
land gemehrt und das Bibelzitat ernst genommen,<br />
das da lautet: „Gerechtigkeit erhöht ein Volk“ (Salomos<br />
Sprüche, Kapitel 14, Vers 34). Theodor Heuss hatte<br />
dieses Zitat als Überschrift für die erste öffentliche<br />
Rede nach seiner Wahl ausgewählt.<br />
Landtagsspiegel 2009/2010