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Landtagsspiegel23. Jahrgang - Elke Brunnemer

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... Grünen-Fraktionschef<br />

Winfried Kretschmann ...<br />

Die Länder haben auch keine Rechte bekom-<br />

men, von Bundesstandards abzuweichen, die<br />

unsere Länderhaushalte ja maßgeblich be-<br />

einflussen. Das heißt, dass die Länder beim<br />

Thema „Haushalt und Finanzen“ de facto<br />

zu nachgeordneten Instanzen des Bundes<br />

werden. Das ist kein mutiger Föderalismus,<br />

sondern ein defensiver Zentralismus, der<br />

sich hier durchgesetzt hat.<br />

Ich halte dieses Verfahren für nicht verfas-<br />

sungskonform, weil es an die Substanz des<br />

Grundgesetzes geht. Damit wird die Eigen-<br />

staatlichkeit der Länder in ihrem Kernbereich,<br />

dem Haushaltsrecht, getroffen. Es be-<br />

steht die Gefahr, dass von falschen Freunden<br />

Klagen angestrengt werden, nämlich von<br />

solchen, die gar keine Konsolidierung der<br />

öffentlichen Finanzen wollen, sondern die<br />

die Ergebnisse der Kommission kippen wol-<br />

len, um weiter Schulden zu machen, wie<br />

z.B. die Linke.<br />

[…] Einen zweiten Bereich halte ich für<br />

nicht ausreichend gelöst. Das sind die Aus-<br />

gleichszahlungen an die finanzschwachen<br />

Länder. Es ist klar: Wir brauchen diese<br />

Ausgleichszahlungen; sonst geraten diese<br />

Länder weiter in die Verschuldungsspirale,<br />

weil sie die Altschulden nicht bedienen kön-<br />

nen. Es gibt aber durchaus Mängel in der<br />

Umsetzung. Beispielsweise haben wir jetzt<br />

feste Eurobeträge für Ausgleichszahlungen<br />

im neuen Artikel 143 d des Grundgesetzes<br />

stehen. Nun weiß aber jeder, der sich mit<br />

der Verfassung beschäftigt, dass Einzelfallregelungen<br />

in einer Verfassung nichts<br />

zu suchen haben. Die Welt ändert sich<br />

dauernd. Denken wir nur an den Fall, dass<br />

es zu einer starken Inflation kommt. Dann<br />

wären diese Zahlen Makulatur; sie stünden<br />

aber in der Verfassung. Das ist also nicht<br />

sehr gut geregelt.<br />

Landtagsspiegel 2009/2010<br />

[…] Ich plädiere mit Blick auf 2019 für eine<br />

Veränderung der Finanzbeziehungen zu<br />

einem vertikalen System, wie wir es bei der<br />

Reise des Finanzausschusses in Kanada<br />

und auch in anderen föderalen Staaten ken-<br />

nengelernt haben, bei der wir die struktu-<br />

relle Frage der Deckungsquoten der Länder<br />

regeln, aber keinen kurzfristigen aktuellen<br />

Ausgleich der Finanzkraft weiterführen<br />

sollten. Ausreichende Deckungsquoten für<br />

die jeweiligen Aufgaben von Bund und<br />

Ländern werden dann nämlich bei einer<br />

Nullneuverschuldung für die Länder zum<br />

entscheidenden Punkt werden, der durch<br />

einen horizontalen Ausgleich nicht sinn-<br />

voll gelöst werden kann. […]<br />

Landtagsvizepräsident<br />

Wolfgang Drexler, SPD:<br />

[…] Lassen Sie mich zuerst einmal zum<br />

Ergebnis kommen. Das Ziel, die Nullneuverschuldung<br />

bis 2020 zu erreichen, teilen wir.<br />

Die SPD-Fraktion ist dafür, dass die Vorgabe<br />

der Nullneuverschuldung in die Verfassun-<br />

gen aufgenommen werden muss. Wir glau-<br />

ben, dass dann ein gesellschaftliches Klima<br />

in der Politik entsteht, weil dann ein Druck<br />

entsteht, dass die Ausgaben den Einnahmen<br />

folgen. Das halten wir schon für eine sehr<br />

vernünftige gesellschaftliche Entwicklung<br />

in den Länder- und Bundeshaushalten.<br />

Zweitens: Auch die Konsolidierungshilfen<br />

tragen wir mit, wobei klar ist, dass über<br />

Staatsverträge mit den Ländern geregelt<br />

wird, welcher jährlichen Rückführung ihres<br />

Defizits sie sich ab 2011 unterwerfen müssen;<br />

das ist nämlich jedes Jahr ein Neuntel der<br />

strukturellen Defizite. Dass sich die Länder<br />

dem unterwerfen müssen und dies mög-<br />

licherweise in ihren Verfassungen festlegen<br />

müssen, ist für uns glasklar. Das bedeutet<br />

für das Saarland, für Bremen, Schleswig-<br />

Holstein, Berlin und Sachsen-Anhalt, dass<br />

sie aufgrund klarer Regelungen ihre Defizite<br />

zurückführen müssen. Ausnahmen sind<br />

die konjunkturelle Entwicklung und Natur-<br />

katastrophen, wobei nicht jeder Dauerregen<br />

in Bremen eine Naturkatastrophe ist – es<br />

ist klar, es muss ein besonderes Ereignis<br />

eintreten –, und drittens außergewöhnliche<br />

Situationen wie z.B. in diesem Jahr die Fi-<br />

nanzkatastrophe, die wir jetzt gerade in den<br />

Länderhaushalten zu bewältigen versuchen.<br />

Es ist auch vernünftig, die Nullneuverschuldung<br />

auf das Jahr 2020 hin vorzusehen.<br />

Da laufen der Solidarpakt II und der Länderfinanzausgleich<br />

aus. Dann haben die Länder<br />

vielleicht in einer Föderalismuskommission<br />

III die Möglichkeit, zusammen mit dem<br />

Bund andere Regelungen zu treffen. Dass<br />

wir dazu noch ein zentrales Krebsregister<br />

für Deutschland bekommen, was sehr wich-<br />

tig ist, dass wir dazu noch Leistungsvergleiche<br />

erhalten und jetzt noch vorgesehen<br />

haben, dass der Bund in Ausnahmesituationen,<br />

in Finanzsituationen wie jetzt den<br />

Kommunen direkt helfen kann, halten wir<br />

für in Ordnung und für richtig.<br />

[…] Ich bedauere außerordentlich, dass es<br />

uns nicht gelungen ist, bei der Steuerhoheit<br />

der Länder etwas zu erreichen, sowohl was<br />

eigene Steuern, als auch was Zuschlagsrechte<br />

betrifft. […]<br />

Lassen Sie mich jetzt zum Schluss zu dem<br />

Punkt kommen, dem die SPD-Fraktion über-<br />

haupt nicht zustimmen wird und zustimmen<br />

kann. Ich meine die Regelung der Nullneuverschuldung<br />

plus deren Auswirkungen im<br />

Grundgesetz. Nach unserer Meinung hat der<br />

Bund überhaupt nicht die Regelungskom-<br />

petenz in dieser Frage der Finanzen und<br />

des Haushaltsrechts. Das Budgetrecht, das<br />

Haushaltsrecht bei den Parlamenten der<br />

Länder, bildet einen Teil der Eigenstaatlichkeit<br />

ab, und zur Haushaltswirtschaft gehört<br />

auch die Kreditaufnahme. So ist das aus-<br />

drücklich in mehreren Verfassungsgerichtsurteilen<br />

benannt.<br />

Das heißt, wenn wir jetzt zulassen, dass<br />

uns der Bund die Nullneuverschuldung – so<br />

sage ich einmal – durch eine Grundgesetzänderung<br />

mit Zustimmung des Bundesrats<br />

aufoktroyiert, geben wir ein erhebliches<br />

Recht dieses Landtags auf. […]<br />

... und Landtagsvizepräsident<br />

Wolfgang Drexler, SPD.<br />

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