TOP Magazin Ulm 03/2023

kunst & kultur
Robert Longo,
Untitled (Frank), 1980,
Untitled (Joann), 1991
Kohle und Bleistift
auf Papier,
VG Bild-Kunst,
Bonn 2023
Reiner Schlecker, Soll der alte Sack auch ins Depot,
2021, Bronze patiniert, Transportwagen
Julia Doll, Das Ufer hier kenn ich, vom Schiff aus,
2023, Acryl auf Baumwollgewebe
Thomas Witzke, Heaven 7, Atelier Flatz Mü nchen, 2022,
Vektorzeichnung, digital c-print, VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Heike Sauer, Glasvorstadt, 2022
erinnern. Ihr Werk „Turmbau“ transferiert
alte, ausrangierte Gegenstände wie
Vasen, Teller, Schüsseln oder Teelichthalter
in etwas Neues und haucht ihnen
ein zweites Leben ein. Der Gedanke der
Nachhaltigkeit überträgt sich dabei nicht
nur auf die Wiederverwendung des Materials,
sondern auch auf die Entdeckung
von Potentialen, die in der ursprünglichen
Funktion nicht enthalten waren.
Ebenso vielschichtig sind die Werke von
Julia Doll. Die Betrachtung von Räumen
zwischen Gegenständlichem und Gegenstandlosem,
zwischen Fragmenten und
Formsplittern schafft eine Art 3D-Puzzle
oder Wimmelbild für Erwachsene. So faszinierend
wie ihre Multiperspektivität
sind auch Dolls Bildtitel. „Ich mag wie du
gehst, barfuß die Treppe hoch“ ist so ein
Beispiel.
VON PACO RABANNE ZUR
PUSTEBLUME
Wie verwandelt sich das Ich durch Kleidung?
Was sind wir unter unserer Hülle?
Diese Fragen beschäftigen Christiane
Söffing und Rudolf Arnold. In Anlehnung
an die Paco Rabanne Kollektion „12 untragbare
Kleider aus zeitgenössischen Materialien“
haben sie ein Kleid aus 22 reflektierenden
Polystyrolplättchen geschaffen,
welches den Betrachtern ihr eigenes
Spiegelbild in Fragmenten vorführt.
Umbau findet auch ohne menschliches
Zutun ständig in der Natur statt - mit diesem
Gedanken haben sich zahlreiche
Kunstschaffende auseinandergesetzt.
Elke Schweigart befasst sich in der Werkreihe
„Formation“ mit dem tektonischen
Umbau der Erdkruste. Christine Liebich
hält die Flüchtigkeit einer Pusteblume in
einer Stahlkonstruktion fest. Thomas
Witzke wirft den Blick auf verfallene und
wiederbelebte Gebäude wie die Bauhaus
Meisterhäuser in Dessau oder zu Kunst-
Jean Tinguely, Attila, 1963, Holztafeln, Eisenstangen,
Räder und Motor, 320 x 488 cm, VG Bild-Kunst, Bonn 2023
stätten umfunktionierte Industriehallen.
Auch der berühmte goldene Wohnwagen
des Münchner Künstlers Flatz, gerade
noch vom Skulpturengarten Heaven in
München herabschauend, nun durch
einen Grundstücksverkauf den Standort
wechselnd, zeigt: Alles ist in ständiger
Bewegung, in konstantem Umbau.
BEWEGTE KUNSTWERKE
AUF KNOPFDRUCK
Diese konstante Bewegung in der Kunst
greift auch die aktuelle Ausstellung
„Dynamic“ im zweiten Stock der Kunsthalle
Weishaupt auf. Rund 30 Werke aus
der Sammlung Siegfried und Jutta Weishaupt
zeigen Bewegungen in allen Facetten
auf – malerisch, figurativ, durch Illusionen
bis hin zur kinetischen Kunst. Es
funkelt und spiegelt, dreht und schwingt.
Wellenmuster, 3D-Effekte, Lichtimpulse,
Spiegelreflexionen bereichern den eigenen
Blickwinkel um neue Dimensionen.
Vier Werke können direkt per Knopfdruck
in Bewegung versetzt werden:
Nylonfäden, Metallstreifen, schlangenartige
Gebilde, rotierende Kugeln sowie die
motorisierte Bewegungsplastik aus Alteisen
und Fundstücken von Jean Tinguely.
So wird durch die eigene Bewegung die
Grenze zwischen Kunstwerk und Betrachter
endgültig aufgehoben. Das ist
künstlerische Interaktion in ihrer schönsten
Form!
dwi n
beide Ausstellungen bis . November
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