zt:2023 - Jahrbuch der Kammer der Ziviltechniker:innen für Steiermark und Kärnten

14 –
Werte und
Zusammenhalt
2023 – 15
Werte und
Zusammenhalt
Mit Wirkung zum 1. Januar 2024
wurden unsere Standesregeln,
nunmehr als „Berufskodex"
bezeichnet, als neue Verordnung
veröffentlicht. Als Freiberufler-Kammer
gehört es zu
den Privilegien unseres Berufsstandes,
aktiv an der Gestaltung
unserer Standesregeln teilzunehmen
und in den parlamentarischen
Begutachtungsprozess
eingebunden zu werden.
Zahlreiche unserer Kolleginnen
und Kollegen, darunter Helmut
Wackenreuther, haben sich in
intensiver Arbeit darum verdient
gemacht, erneut festzulegen,
nach welchen „Normen" wir uns
innerhalb unserer Berufsgruppe
richten sollen.
Ministerialrat Dr. Anton Bernbacher
von unserer Aufsichtsbehörde
beschreibt in seinem Vorwort zu
unseren Standesregeln die Ethik
einer Berufsgruppe als Werte, die
mit einem Berufsstand verbunden
werden und so ein Bild nach außen,
aber auch einen Anspruch nach
innen erzeugen. Unser Berufskodex
hält also die Werte oder „Normen"
fest, auf die wir uns geeinigt haben
und die uns bei unserer Berufsausübung
als Handlungsanleitung
dienen sollen.
ZT Dipl. Ing.
Thomas Eichholzer
Vorsitzender Sektion Zivilingenieur:innen
Steiermark und Kärnten
Stv. Vorsitzender Bundessektion
Zivilingenieur:innen
Wertschätzung und Vertrauen,
gelebte Kollegialität und Solidarität
im Umgang mit Auftraggeber:innen
und Auftragnehmer:innen sowie
mit Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen
sind fundamentale Säulen,
die Zusammenhalt ausmachen.
Neben Ethik dienen auch Konfliktbewältigung
und interdisziplinäre
Zusammenarbeit als Bausteine des
Zusammenhalts, den wir benötigen,
um gemeinsame Interessen
verfolgen zu können.
Unsere Prinzipien zu fördern und
zu schützen, um eine starke und
resiliente berufliche Gemeinschaft
aufzubauen, die den Herausforderungen
der Zukunft gewachsen ist,
liegt in der Verantwortung unseres
Berufsstandes. Gemeinsam müssen
wir es schaffen, unser berufliches
Wachstum und die Weiterentwicklung
einerseits zu fördern, andererseits
die Qualität der angebotenen
Dienstleistungen zu bewahren und
stets zu verbessern. Sich dieser
Aufgabe zu stellen, ist eine wichtige
Zielsetzung innerhalb unserer
Kammer geworden.
Verantwortung
Der Berufsstand der Ziviltechniker:innen
blickt auf eine lange
Tradition zurück. Seit 1860
arbeiten Ziviltechniker:innen
freiberuflich als Architekt:innen
oder Zivilingenieur:innen in rund
60 verschiedenen Fachgebieten, die
im weiteren Sinn das Bauen, die
Umwelt und die Technik umfassen.
In einer Zeit des erhöhten
Termin- und Kostendrucks sowie
verschärften Wettbewerbs und
teils unlauterer Wettbewerbspraktiken
erscheint es umso
wichtiger, unsere Werte erneut
zu proklamieren. Eine Wertehaltung,
die die Zusammenarbeit
innerhalb der Kolleg:innenschaft
sowie mit Auftraggeber:innen und
Auftragnehmer:innen prägt, eine
Wertehaltung, die unabdingbar in
all unseren Handlungen und Aktivitäten
präsent sein muss. In der
Präambel unserer Standesregeln
werden Verantwortung, Unabhängigkeit
und Qualität als die
Säulen bezeichnet, auf denen unsere
Arbeit aufbaut. Weiters wird
auf die Verantwortung unseres
Berufsstandes für das Allgemeinwohl,
insbesondere für den Schutz
der Natur, des Lebensraums, der
allgemeinen Sicherheit und des
kulturellen Erbes, hingewiesen.
Unabhängigkeit
Wir bauen auf das Vertrauen
unserer Auftraggeber:innen, und
unser guter Ruf sowie die Qualität
unserer Dienstleistungen sind ihre
Sicherheit. Unser berufliches Ethos
dient dazu, das notwendige Vertrauen
unserer Kund:innen in uns
zu stärken. Das Vier-Augen-Prinzip
stellt ein einzigartiges Merkmal
in unserer Beziehung zu unseren
Auftraggeber:innen dar und unterscheidet
uns von gewerblichen
Berufen. Wir müssen unabhängig
handeln, frei von Interessenkonflikten
und Lieferinteressen, und
sind ausschließlich unseren Auftraggeber:innen
und den geltenden
Gesetzen verpflichtet.
Qualität
Ziviltechniker:innen erbringen
Dienstleistungen, die Aspekte wie
Sicherheit, Gesundheit, Lebensqualität,
Kultur und Innovation
umfassen. Diese sind oft schwer in
Währungen zu messen, und nur
diejenigen, die über herausragendes
Wissen, Erfahrung und Talent in
ihrem Fach verfügen, können die
Qualität unserer Dienstleistungen
erbringen. Unser Anspruch muss
sein, unsere Leistungen immer auf
höchstem Niveau zu halten. Aus
diesem Grund haben wir uns auch
gesetzlich zur kontinuierlichen
Fortbildung verpflichtet.
Kollegialität und Solidarität
Die Zusammenarbeit innerhalb
unseres Berufsstandes muss von
Toleranz und Wertschätzung
geprägt sein. Das schließt die
Unterstützung unserer jungen
Kolleg:innen, die Förderung von
Frauen in technischen Berufen, die
Gleichbehandlung der Geschlechter
und die Anerkennung unserer
erfahrenen Kolleg:innen mit ein.
In der Arbeitswelt können jedoch
auch Konflikte unter Kolleginnen
und Kollegen auftreten. In meiner
langjährigen Tätigkeit als
Schlichter erfahre ich als neutraler
und unparteiischer Dritter immer
wieder von Unstimmigkeiten
auch innerhalb des Berufsstandes.
Die Gründe für diese Konflikte
sind vielfältig und reichen von
Meinungsverschiedenheiten über
technische Fragen bis hin zu finanziellen
Streitigkeiten. Meist lassen
sich diese Konflikte auf konstruktive
und respektvolle Weise bewältigen.
Oftmals entstehen diese
aufgrund von Missverständnissen
oder mangelnder Kommunikation.
Als Schlichter ist es meine Aufgabe,
ZT Dipl.-Ing. Thomas Eichholzer
den Dialog zwischen den Beteiligten
zu fördern und sicherzustellen,
dass alle relevanten Informationen
auf den Tisch kommen. In der
Regel können Spannungen abgebaut
werden, ohne dass es zu einer
beruflichen Spaltung kommt. Oft
kann eine faire Lösung und eine
akzeptable gütliche Vereinbarung
gefunden und weitere Eskalation
vermieden werden. Das harmonische
Zusammenleben unseres
Berufsstandes zu fördern, ist eine
wichtige Aufgabe.
Unsere gemeinsamen Werte dienen
als moralischer Kompass und
bieten Orientierung im Hinblick
auf Integrität und Professionalität.
Sie tragen dazu bei, Konflikte zu
vermeiden und sicherzustellen,
dass verantwortungsvoll mit den
Leistungen anderer umgegangen
wird. Bedrohungen, wie etwa das
Abwerben von Mitarbeiter:innen
und Preisdumping, können den
Zusammenhalt gefährden und
erfordern geeignete Mechanismen
und Regeln, um ihnen entgegenzuwirken.
Verstöße gegen die
Standesregeln können daher auch
berufliche Sanktionen nach sich
ziehen. Nutzen wir doch lieber
unsere Werte der Kollegialität und
Solidarität, um uns gegenseitig zu
stärken und das in unsere Berufsgruppe
gesetzte Vertrauen zu
verdienen.