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AUTOINSIDE Ausgabe 4 – April 2024

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FOKUS OLD- & YOUNGTIMER<br />

Als Samantha Loup davon erfuhr, habe sie<br />

sofort den Wunsch geäussert, die Ausbildung<br />

in Zukunft zu absolvieren. «Ich habe sechs<br />

Jahre darauf gewartet, dass diese Ausbildung<br />

angeboten wird», erzählt sie. Und sie hielt<br />

Wort: 2021 nahm sie den ersten französischsprachigen<br />

Lehrgang «Fahrzeugrestaurator:in<br />

mit eidg. Fachausweis» in Angriff.<br />

Während ihrer zweieinhalbjährigen Ausbildung<br />

habe Samantha Loup viele Oldtimer-<br />

Fans kennengelernt und ein gutes Netzwerk<br />

aufgebaut. «Die Welt der Oldtimer ist klein,<br />

manchmal kontaktieren mich Kunden, weil<br />

sie gehört haben, dass ich ein besonderes Interesse<br />

an alten Peugeots habe», erklärt sie.<br />

Wertvolles Wissen vermittelt<br />

Der Unterricht fand während fast zwei Jahren<br />

in Freiburg, Genf und Yverdon statt. Samantha<br />

Loup sei sehr zufrieden mit den Lehrern,<br />

und Lehrmaterial habe ihr und ihren<br />

Mitschülern wertvolles Wissen vermittelt <strong>–</strong><br />

zum Beispiel über Mechanismen und Techniken<br />

aus früheren Zeiten, die sonst schwer zu<br />

finden gewesen wären. Und obwohl sie vor<br />

der Ausbildung oft an Oldtimern gearbeitet<br />

hatte, habe sie viel über Autos lernen können,<br />

die sie noch nicht zu Gesicht bekommen hat.<br />

Doch diese Zeit war nicht nur inspirierend,<br />

sondern auch anstrengend. «Oft habe ich auch<br />

die Wochenenden damit verbracht, für die<br />

Schule zu arbeiten», sagt Samantha Loup, die<br />

während der Weiterbildung 90 Prozent arbeiten<br />

konnte. In den letzten Wochen und Monaten<br />

vor der Prüfung gab es keinen Unterricht<br />

mehr, aber es war trotzdem hart. Samantha<br />

Loup erklärt: «Für das Diplom mussten wir<br />

eine grosse Arbeit schreiben, während wir<br />

auch für die Prüfung lernen mussten. Diese<br />

Arbeit plus die dazugehörige Präsentation bilden<br />

zusammen einen Teil der vierteiligen Abschlussprüfung.<br />

Für ihre Abschlussarbeit arbeitete Samantha<br />

Loup an einem Renault 4CV aus dem Jahr<br />

1958, den ihr eine Kundin zur Verfügung<br />

gestellt hatte. Sie beseitigte unter anderem<br />

mehrere Öllecks, wechselte Gummiteile<br />

aus, überholte Kühler und Vergaser und bereitete<br />

den Veteranenwagen für die nächste<br />

MFK vor.<br />

Keine doofen Sprüche<br />

Ihre Mitschüler, «alles richtig tolle Typen»,<br />

waren zwischen 19 und 55 Jahre alt; Samantha<br />

Loup war die einzige Frau unter ihnen. Während<br />

dieser Zeit habe sie nie gegen Vorurteile<br />

aufgrund ihres Geschlechts kämpfen müssen.<br />

Dies sei nur während ihrer Lehre der Fall gewesen.<br />

«Die Integration von Frauen in ein<br />

männliches Umfeld ist nicht immer einfach,<br />

das hängt von der Mentalität und auch vom<br />

familiären Hintergrund ab, in dem die Leute<br />

aufgewachsen sind», sagt sie.<br />

Sie hat eine Botschaft für Frauen, die sich<br />

nicht sicher sind, ob sie eine Karriere in der<br />

aufregenden Welt der Autoberufe anstreben<br />

sollen. «Egal, was manche Leute sagen: Glaubt<br />

nicht, dass ihr es nicht könnt! Man kann alles<br />

lernen, wenn man die richtige Person hat,<br />

die einen ausbildet», sagt sie. Letztendlich sei<br />

sie der Meinung, dass die Perspektiven beider<br />

Geschlechter ein gutes Gleichgewicht in ein<br />

Unternehmen bringen können.<br />

Samantha Loup arbeitet bei der Risoud Automobiles<br />

Sàrl in Le Brassus, einer Nissan- und<br />

Subaru-Vertreterin, wo sie seit Beginn ihrer<br />

Weiterbildung häufiger mit Veteranenfahrzeugen<br />

zu tun hat. «Ich hoffe, dass ich eines Tages<br />

nur noch mit Oldtimern arbeiten werde», sagt<br />

sie. Das älteste Auto, das die Liebhaberin historischer<br />

Fahrzeuge je angefasst hat, sei 1916<br />

gebaut worden.<br />

Ein gebrochenes Herz<br />

Ihre Lieblingsautos sind die Allerältesten, «als<br />

die Erfinder noch Dinge ausprobierten, die es<br />

noch nicht gab». Aber sie möge auch Autos<br />

aus den 1960er Jahren. Sie erzählt, wie ein<br />

Kunde mit einem Jaguar Mark II zu ihr kam:<br />

«Das Auto war nach einem Unfall so stark<br />

beschädigt, dass eine Reparatur viel mehr<br />

gekostet hätte als der Wert des Fahrzeugs<br />

war.» Der Kunde habe sich daher entschlossen,<br />

das Fahrzeug zu verkaufen. «Es war traurig,<br />

es gehen zu sehen», sagt Samantha Loup.<br />

Bei einer solchen Leidenschaft für die Vergangenheit<br />

ist es kaum verwunderlich, dass<br />

Samantha Loup nicht von Elektroautos<br />

schwärmt. Als leidenschaftliche Autofahrerin<br />

würden ihr die Emotionen fehlen, die<br />

ein Verbrenner auslöst. «Ausserdem sehe ich<br />

die Zukunft des Autos nicht beim vollelektrischen<br />

Antrieb», sagt sie. «Ich denke, dass es<br />

im Moment umweltfreundlicher ist, ein bestehendes<br />

Fahrzeug zu erhalten, anstatt ein<br />

neues zu bauen.»<br />

Sie fügt an: «Wenn fossile Brennstoffe in Zukunft<br />

verboten werden, hoffe ich, dass wir<br />

mit E-Fuels unsere alten Fahrzeuge weiterfahren<br />

können.» Und wenn E-Fuels (siehe Seiten<br />

20-21) nicht die Kraftstoffe der Zukunft sind?<br />

In diesem Fall würde Samantha Loup als<br />

letztes Mittel lieber einen Oldtimer fahren,<br />

bei dem der Verbrennungsmotor durch einen<br />

Elektromotor ersetzt wurde, als gar keinen.<br />

Dies zeigt, wie sehr sie Oldtimer liebt.<br />

•<br />

Beim Kurs über Vergaser in Freiburg mit der Hälfte der Klasse des ersten französischsprachigen Lehrgangs «Fahrzeugrestaurator:in mit eidg. Fachausweis» und den beiden<br />

Lehrern (23. März 2022). Foto: zvg<br />

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<strong>April</strong> <strong>2024</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>

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