AUTOINSIDE Ausgabe 4 – April 2024
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FOKUS SERVICE & TECHNIK<br />
Einführung von Sermi <strong>–</strong> erste Erfahrungen<br />
So läuft Sermi in Schweden<br />
In der EU wird für freie Werkstätten Sermi immer relevanter. Im letzten Oktober führte Schweden das Zertifikat<br />
ein, das für den Zugang zu diebstahl- und sicherheitsrelevanten Fahrzeugdaten notwendig ist. In Deutschland<br />
und Österreich erfolgt die Einführung im <strong>April</strong>, in Frankreich und Italien wurde der Start vorerst verschoben.<br />
Was aber bedeutet es für die Schweiz und wie sind die ersten Erfahrungen in Schweden? Sascha Rhyner<br />
Per 1. <strong>April</strong> <strong>2024</strong> wird in den Nachbarländern<br />
Deutschland und Österreich Sermi<br />
(security-related vehicle repair and maintance<br />
information) umgesetzt. Das heisst konkret,<br />
dass markenunabhängige Werkstätten zu sicherheits-<br />
und diebstahlrelevanten Daten von<br />
Herstellern nur noch dann Zugriff haben,<br />
wenn sie über ein elektronisches Sermi-Zertifikat<br />
verfügen. Gemäss der Verordnung (EU) Nr.<br />
2018/858, die im Jahr 2020 in Kraft trat, müssen<br />
Fahrzeughersteller zwar unabhängigen<br />
Betreibern, wie z.B. freien Werkstätten oder<br />
Herausgebern von technischen Informationen,<br />
uneingeschränkten und standardisierten<br />
Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen<br />
(RMI) gewähren. Die Regelung wurde<br />
jedoch dahingehend ergänzt, dass für den Zugriff<br />
auf diebstahl- und sicherheitsrelevante<br />
RMI zusätzlich zu den bisherigen Logindaten<br />
ein personalisiertes elektronisches Zertifikat<br />
benötigt wird. Ziel ist die Erarbeitung eines<br />
europaweit harmonisierten Akkreditierungssystems<br />
und einer Prozessarchitektur, die unabhängigen<br />
Betreibern dabei hilft, Fahrzeuge<br />
auf sichere Weise zu warten und zu reparieren,<br />
auch wenn dabei die Sicherheitsmerkmale des<br />
Fahrzeugs (z.B. Software-Updates) betroffen<br />
sind. Kurz: Das Sermi-Schema wurde geboren.<br />
Sermi bedeutet, dass sowohl die einzelne<br />
Werkstatt als auch alle Mechanikerinnen<br />
und Mechaniker für Sermi zertifiziert sein<br />
müssen, um auf diebstahl- und sicherheitsrelevante<br />
Fahrzeugdaten zugreifen und solche<br />
Software herunterladen zu können. Um Sermi<br />
zertifiziert zu werden, muss der Betrieb bei<br />
der Konformitätsbewertungsstelle (CAB) ein<br />
Audit beantragen und nachweisen, dass die<br />
Werkstatt einschliesslich der Mitarbeitenden<br />
die Anforderungen erfüllen. Geprüft werden<br />
beispielsweise die dokumentierten Eigentumsverhältnisse,<br />
der Strafregisterauszug, die<br />
Haftpflichtversicherung, die Datenschutzvereinbarung<br />
<strong>–</strong> und der Nachweis einer Tätigkeit<br />
in der KFZ-Branche. Dafür muss beispielweise<br />
die Mitgliedschaft im Verband oder einer nationalen<br />
Fachorganisation belegt sein. Bei den<br />
Mitarbeitenden wird geprüft, ob Einträge im<br />
Strafregister vorhanden sind und ob es einen<br />
gültigen Arbeitsvertrag gibt sowie persönliche<br />
Angaben zur Person wie Wohnort und das<br />
Vorhandensein eines gültigen länderspezifischen<br />
Personalausweises. Die Zulassung und<br />
die Autorisierung gelten für fünf Jahre.<br />
Verzögerungen bei der Einführung<br />
Die Umsetzung in der EU passiert schrittweise.<br />
Im letzten Oktober führte Schweden Sermi als<br />
erstes Land ein; am 1. Februar folgten Dänemark,<br />
Finnland und Norwegen, das Sermi als<br />
Nicht-EU-Land freiwillig beigetreten ist. Per<br />
1. <strong>April</strong> ist der Start in Belgien, Deutschland,<br />
Luxemburg, den Niederlanden, Österreich,<br />
Portugal und Spanien. In Italien, Frankreich<br />
und Polen sollte Sermi eigentlich am 1. Juni in<br />
Kraft treten, doch wurde dieser Termin inzwischen<br />
offen nach hinten verschoben.<br />
Erste Erfahrungsberichte gibt es bereits aus<br />
Schweden, wo Sermi seit letztem Herbst<br />
in Kraft ist. Der Branchenverband Fordons<br />
Branschen empfiehlt seinen Mitgliedern, die<br />
Sermi-Zertifizierung so schnell wie möglich<br />
zu beantragen. «Wer für die Zukunft auf der<br />
sicheren Seite sein möchte, um alle Arbeiten<br />
ausführen zu können, sollte ein Sermi-Zertifikat<br />
beantragen», erklärt Geschäftsführer<br />
Lars Bergmark. Bis jetzt seien keine negativen<br />
Rückmeldungen bei ihm eingetroffen, sagt<br />
Bergmark im Gespräch mit den AGVS-Medien.<br />
Spannend würde nun der Start in Deutschland.<br />
Auch der Markt hat Sermi wohlwollend aufgenommen:<br />
«Sermi verschafft uns einen besseren<br />
und einfacheren Zugang zu den Informationen<br />
zu den Automobilherstellern», sagt<br />
beispielsweise Madeleine Westerling, Managerin<br />
bei der Werkstattkette Mekonomen.<br />
«Es fördert den Wettbewerb unter gleichberechtigteren<br />
Bedingungen als zuvor. Ich sehe<br />
auch, dass dies langfristig der Branche helfen<br />
wird, den unseriösen Akteuren auf dem<br />
schwedischen Markt entgegenzuwirken.»<br />
Fordons Branschen führte bereits zwei Webinare<br />
mit Jan-Willem van der Linden durch,<br />
Vize-Direktor von Sermi Europa. Dieser forderte<br />
die schwedischen Mitglieder auch auf,<br />
Beschwerden zu melden. Beispielsweise habe<br />
man festgestellt, dass ein Hersteller den Zugang<br />
zu Daten von Blinker und Hupe einschränkte,<br />
weil diese mit der Diebstahlsicherung des<br />
Fahrzeugs gekoppelt seien. Sermi greift in diesem<br />
Fall ein und weist den Hersteller zurecht,<br />
dass er gegen die Sermi-Regeln verstosse.<br />
Für jede Garage …<br />
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<strong>April</strong> <strong>2024</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>