GeschŠftsbericht - Klinikum am Weissenhof
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Einführung<br />
Ministerialdirigent Dr. Joachim Kohler<br />
Aufsichtsratsvorsitzender der Zentren für Psychiatrie<br />
Dr. Joachim Kohler<br />
Seit Mitte der 1970er-Jahre hat sich<br />
die Psychiatrie grundlegend verändert.<br />
Im Zuge der Psychiatrie-Enquête<br />
des Deutschen Bundestages von 1975<br />
wurde die bis dahin verwahrende Psychiatrie<br />
im gemeindefernen psychiatrischen<br />
Großkrankenhaus hin zu einer<br />
gemeindenahen, therapeutisch und<br />
rehabilitativ ausgerichteten Versorgung<br />
reformiert. In Baden-Württemberg<br />
standen Anfang der 1970er-Jahre<br />
noch mehr als drei Viertel der Akutbetten<br />
in der Psychiatrie in den ehemaligen<br />
Psychiatrischen Landeskrankenhäusern.<br />
Heute befindet sich die<br />
Mehrzahl der Betten in kommunaler,<br />
frei-gemeinnütziger, kirchlicher, universitärer<br />
oder privater Trägerschaft.<br />
Die Patienten verweilen kürzer in den<br />
Kliniken und befinden sich nicht mehr<br />
hinter geschlossenen Türen wie vor<br />
den 1970er-Jahren. Die Versorgungsangebote<br />
sind patientenzentriert, dezentral<br />
und gemeindenah ausgerich-<br />
6 | Geschäftsbericht 2011<br />
tet, sodass die betroffenen Menschen<br />
möglichst rasch in ihre vertraute Umgebung<br />
zurückkehren können.<br />
Diese Entwicklung veränderte die Psy-<br />
chiatrischen Landeskrankenhäuser.<br />
Seit 1979 als unselbstständige Landesbetriebe<br />
gemäß § 26 LHO geführt, war<br />
ihre Autonomie noch eingeschränkt<br />
und die Handlungs- und Entscheidungsabläufe<br />
stark an Verwaltungsmaßstäben<br />
orientiert. Es war kaum<br />
möglich, kurzfristige operative Sachund<br />
Personalentscheidungen zu treffen,<br />
die allein an den Erfordernissen<br />
des Krankenhauses und der Patientenversorgung<br />
ausgerichtet waren.<br />
Das Gesundheitsstrukturgesetz von 1993<br />
stellte die Krankenhauslandschaft vor<br />
weitreichende Herausforderungen. Das<br />
Selbstkostendeckungsprinzip wurde abgeschafft,<br />
neue Entgeltformen und<br />
gedeckelte Budgets wurden eingeführt.<br />
Diese veränderten Rahmenbedingungen<br />
führten dazu, dass die<br />
überkommene staatlich-hierarchische<br />
Struktur der Psychiatrischen Landeskrankenhäuser<br />
durch eine neue Organisationsform<br />
abgelöst wurde. Durch<br />
das Gesetz zur Errichtung der Zentren<br />
für Psychiatrie (EZPsychG) wurden sie<br />
zum 1. Januar 1996 in Zentren für Psychiatrie<br />
umgewandelt. Sie sind seither<br />
rechtsfähige Anstalten des öffentlichen<br />
Rechts.<br />
Mit der Rechtsformänderung sollten<br />
Entscheidungswege durch Verlagerung<br />
der Verantwortung und Entscheidungskompetenz<br />
an den Ort der Aufgabenerfüllung<br />
verkürzt werden, um<br />
eine betriebswirtschaftliche Optimierung<br />
zu erreichen. Im Wege der Ges<strong>am</strong>trechtsnachfolge<br />
gingen die Rechte<br />
und Pflichten von den Landesbetrieben<br />
auf die jeweiligen Zentren<br />
für Psychiatrie über, wobei die dienstund<br />
tarifrechtliche Stellung der Mitarbeiter<br />
gewahrt blieb. Die Zentren<br />
übernahmen die Aufgaben der Krankenversorgung<br />
und der Pflege psychisch<br />
Kranker und Behinderter sowie<br />
- als Pflichtaufgabe nach Weisung - die<br />
Durchführung der freiheitsentziehenden<br />
Maßregeln der Besserung und Sicherung<br />
gemäß §§ 63, 64 StGB. Die öffentlich-rechtliche<br />
Organisationsform<br />
der Zentren entspricht dem hoheitlichen<br />
Charakter des Maßregelvollzugs.<br />
In Anlehnung an privatrechtliche Un-<br />
ternehmen erhielten die Zentren für<br />
Psychiatrie zwei jeweils auf Zeit bestellte<br />
Organe, den Geschäftsführer<br />
und den Aufsichtsrat. Das Land Baden-<br />
Württemberg als Gewährträger der<br />
Zentren stellt die Mehrzahl der Mitglieder<br />
des Aufsichtsrats, darunter<br />
den Vorsitzenden. Weitere Mitglieder<br />
sind der Landrat des Sitzkreises oder<br />
einer seiner Dezernenten, ein Vertreter<br />
des örtlichen Personalrates sowie<br />
- mit beratender Stimme - der Patientenfürsprecher.