114 DAS MITTELALTER - Universität Bern
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Abb. 2: Feldzüge des Chinggis Khan und seiner Nachfolger. (Die Mongolen und ihr Weltreich, S. 46–47)<br />
bis zum Dnjepr vor. 1227, im Todesjahr<br />
Chinggis Khans, war aus dem mongolischen<br />
Steppenimperium ein Weltreich bisher<br />
nicht bekannten Aussmasses geworden,<br />
das unter Chinggis Khans Sohn und Nachfolger<br />
Ögedei stabilisiert und noch weiter<br />
ausgedehnt wurde.<br />
Die Herrschaft<br />
Ögedei Khagans<br />
Ögedei Khagan setzte die Eroberungspolitik<br />
seines Vaters mit einem Feldzug gegen<br />
das Chin-Reich fort, das 1234 endgültig besiegt<br />
wurde. 1237 fielen die mongolischen<br />
Heere in Osteuropa ein und eroberten Rjazan,<br />
Kolomna und Moskau. 1238 fielen die<br />
Städte Wladimir, Twer und Rostow, 1240<br />
wurde die «Mutter der russischen Städte»,<br />
Kiew, eingenommen. Die Mongolen waren<br />
nun zu einer akuten Bedrohung Europas<br />
geworden. Nach dem Sieg über ein polnisches<br />
Heer bei Krakau drangen die Mongolen<br />
ins Odertal vor, zerstörten Breslau<br />
und brachten schliesslich am 9. April 1241<br />
dem deutschen Ritterheer bei Liegnitz eine<br />
vernichtende Niederlage bei. Zur gleichen<br />
Zeit rückten mongolische Truppen gegen<br />
Buda, die ungarische Hauptstadt, vor und<br />
schlugen am 11. April 1241 das ungarische<br />
Heer. Aber plötzlich zogen die mongolischen<br />
Truppen ab: Ögedei Khagan war in<br />
der Mongolei gestorben, und die mongolischen<br />
Fürsten und Befehlshaber wurden<br />
unverzüglich nach Karakorum zu einem<br />
32 UNIPRESS<strong>114</strong>/OKTOBER 2002<br />
Quriltai einberufen, um die Nachfolge zu<br />
regeln. Europa verdankte seine Rettung<br />
vor den Mongolen einem Zufall.<br />
Grundlagen<br />
der Pax Mongolica<br />
Ögedei Khagan zeichnete sich nicht nur<br />
als Feldherr aus, sondern er legte auch<br />
den Grundstein für die «Pax Mongolica».<br />
Nach der Geheimen Geschichte der Mongolen<br />
aus dem Jahre 1241 schreibt sich<br />
Ögedei selbst vier Leistungen zu, von denen<br />
die zweite von besonderer Bedeutung<br />
ist: «Meine zweite Leistung ist, dass ich<br />
Poststellen errichtet habe für den dazwischen<br />
laufenden Eilverkehr unserer Kuriere<br />
und für die Beförderung meiner<br />
wichtigen Amtssachen.»<br />
Das von ihm eingerichtete Postwesen<br />
Abb. 3: Paiza in Phags-pa-<br />
Schrift, spätes 13. Jh.<br />
(Mongolia. The Legacy of Chinggis Khan,<br />
S. 32, Abb. 5)<br />
und der Kurierverkehr führten dazu, dass<br />
das Mongolenimperium über Nachrichten-<br />
und Reiseverbindungen verfügte, wie<br />
sie bis dahin noch nicht existiert hatten.<br />
Durch das dichte Netz von Pferdewechselstationen<br />
konnten Reisende pro Tag<br />
100 Meilen zurücklegen. Spezialkuriere<br />
des Khans brachten es durch siebenfachen<br />
Pferdewechsel sogar auf 200 Meilen<br />
pro Tag. Als «Passierschein» im gesamten<br />
mongolischen Herrschaftsbereich<br />
diente den Reisenden der paiza, eine vom<br />
Khan legitimierte Erkennungsmarke.<br />
Unter Ögedei Khagan wurde schon 1229/<br />
1230 ein einheitliches Steuerwesen im<br />
mongolischen Reich etabliert. Zwecks<br />
Festlegung der Steuerabgaben liess er<br />
1235 den ersten Zensus in den mongo-