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114 DAS MITTELALTER - Universität Bern

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dass diese Wertschätzung für romanische<br />

Portale im späteren Mittelalter ein<br />

Thema ist, das einer systematischen Diskussion<br />

in grösserem Rahmen bedarf. Zu<br />

nennen seien hier nur die Seitenportale in<br />

Bourges, die um 1172 zwar für eine neue<br />

Westfassade der romanischen Kathedrale<br />

geplant, dann aber im gotischen Neubau<br />

anderweitig verwendet wurden, oder das<br />

schon im frühen 13. Jahrhundert versetzte<br />

Ein Projekt der <strong>Universität</strong>en <strong>Bern</strong> und Basel<br />

Abb. 5: Bamberg, Dom, Fürstenportal.<br />

Johannes-Portal in der Petrikirche in Soest<br />

und die spätgotische Übernahme der<br />

«Goldenen Pforte» im Domneubau von<br />

Freiberg.<br />

Funktion des Portals<br />

Nicht betroffen von einem ursprünglich<br />

allenfalls anderen Status ist die Frage<br />

nach der Funktion der Galluspforte in ihrer<br />

heutigen Lage als Nordquerhausportal<br />

Die Kunsthistorischen Institute der <strong>Universität</strong>en <strong>Bern</strong> (Prof. Dr. Norberto Gramaccini,<br />

Dr. Sibylle Walther) und Basel (PD Dr. Hans-Rudolf Meier), unter Mitarbeit der<br />

Basler Denkmalpflege (Dorothea Schwinn Schürmann) und der Basler Münsterbauhütte<br />

(Peter Burckhardt, Münsterbaumeister), haben im Sommersemester 2001 ein<br />

gemeinsames Seminar zur Basler Galluspforte durchgeführt. Es ging darum, der<br />

eingefahrenenen kunsthistorischen Literatur gegenüber neue Aspekte abzugewinnen.<br />

Diskutiert wurde im Seminar und vor Ort, wobei die Studierenden beider Institute<br />

einander kennen lernten.<br />

Von Anbeginn war geplant, mit den Ergebnissen an eine breite Öffentlichkeit heranzutreten.<br />

Seit September 2002 ist es soweit: im Museum Kleines Klingental in Basel<br />

findet die Ausstellung statt (7. September 2002 bis 26. Februar 2003); dazu ist<br />

eine wissenschaftliche Publikation mit internationaler Autorenschaft erschienen.<br />

Für die Studierenden war ein weit gespannter Bogen von Fragen und Forschungsproblemen<br />

zu beschreiten, den sie mit den Fachleuten vor Ort besprechen konnten.<br />

In vielen Bereichen konnten echte Fortschritte erzielt, manchmal auch neue Fragestellungen<br />

aufgeworfen werden; zuweilen blieb es bei der Feststellung, dass man über<br />

das bisher Bekannte nicht hinaus komme. Dass man dabei einmal Studierende einer<br />

anderen <strong>Universität</strong> vor sich hatte und sich mit ihren Erfahrungen messen konnte, hat<br />

sich belebend ausgewirkt. So ist neben der wissenschaftlichen Ausbeute als Ergebnis<br />

der Gemeinschaftsarbeit in jedem Fall festzuhalten, dass diese Form der Lehrveranstaltung,<br />

mit der Arbeit vor dem Objekt und in Kooperation über die Grenzen der<br />

<strong>Universität</strong> hinaus, für Lehrende und Lernende gleichermassen anregend ist.<br />

Abb. 6: Basel, Münster, Galluspforte, Barmherzigkeit:<br />

die Kleidung des Nackten.<br />

(Foto: E. Schmidt, in Meier/Schwinn Schürmann, Galluspforte)<br />

im Rahmen von Liturgie und Repräsentation.<br />

Hier konnte an jüngste Vorarbeiten<br />

von Regine Abegg (z. Z. Lehrbeauftragte<br />

am Kunsthistorischen Institut in Zürich)<br />

angeknüpft werden, die darauf aufmerksam<br />

gemacht hat, dass die Galluspforte<br />

gemäss dem Ceremoniale des Domstifts<br />

der Ort war, bei dem in der Palmsonntagsprozession<br />

der Einzug in Jerusalem kommemoriert<br />

wurde. Das Basler Portal hätte<br />

damit temporär die Rolle des Jerusalemer<br />

Stadttors übernommen, ein Aspekt, der bei<br />

der Thematisierung des Portals im ikonografischen<br />

Zusammenhang zu berücksichtigen<br />

ist.<br />

Die Entstehungszeit<br />

Der Ausgang der Debatte um die Einheitlichkeit<br />

des Portals wirkt zurück auf die<br />

Frage nach seiner Entstehung. Dieses früher<br />

intensiv, in der letzten Dekade aber<br />

kaum mehr diskutierte Problem wird neuerdings<br />

um die Deutung des – relativ späten<br />

– Dendrodatums (Altersbestimmung<br />

mittels Jahrringzählung des Holzes) der<br />

Querhausrose bereichert. Zugleich drängt<br />

es sich auf, das für die Datierungsfrage<br />

des spätromanischen Münsters so zentrale<br />

Datum des Münsterbrandes von<br />

1185 – an dessen Relevanz bereits Stehlin<br />

zweifelte, das aber Hans Reinhardt wieder<br />

in der Forschungsdiskussion fixierte –<br />

quellenkritisch zu überprüfen. Mit der Datierungsfrage<br />

eng verknüpft ist jene nach<br />

den Stiftern, die im Tympanon der Galluspforte<br />

bekanntlich prominent dargestellt,<br />

aber leider nicht beschriftet sind. Nach einem<br />

frühen Versuch, sie mit Graf Fried-<br />

UNIPRESS<strong>114</strong>/OKTOBER 2002<br />

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