114 DAS MITTELALTER - Universität Bern

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Abb. 7: Basel, Münster, Galluspforte, Türsturz, «Die törichten Jungfrauen». rich von Montbéliard und Pfirt (1093 bis 1160) und dessen Gemahlin Stephania von Vaudémont-Egisheim (1140–1160) zu identifizieren, hat die neuere Forschung dazu nichts Neues beigetragen, jedoch die Portalstiftung als Thema des Programms hervorgehoben. Auch hierzu liessen sich weiterführende Vergleiche nennen, die zeigen, wie im Basler Tympanon die Tradition von Stifterdarstellungen im Portal mit jener der Thematisierung der (Himmels)-Pforte im Portalzusammenhang verknüpft wurde. Auch mit der in diesem Kontext seltenen Darstellung der Werke der Barmherzigkeit waren persönliche Erwartungshaltungen der Stifter verbunden (Abb. 6). Im selben heilsgeschichtlichen Zusammenhang steht die Verbindung von Weltgericht und Klugen und Törichten Jungfrauen, ein Thema, das auch im 1140 entstandenen Westportal von St-Denis vorkam (Abb. 7 und 8). Mit St-Denis, der Grabkirche der französischen Könige in der Nähe von Paris, ist ein Monument angesprochen, das zur Frage nach der Stellung der Galluspforte in der Geschichte des Figurenportals überführt: Auf welche Vorläufer in Frankreich und Italien nimmt das Basler Portal in welcher Weise Bezug, und welche entwicklungsgeschichtliche Bedeutung kommt ihm seinerseits für die deutschen Figurenportale der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts (u. a. Bamberg, Freiberg) zu? Ein neuerer methodischer Ansatz von Peter Cornelius Claussen (Ordinarius für Kunstgeschichte des Mittelalters am Kunsthistorischen Institut in Zürich) erwies sich dabei als fruchtbar: Mit dem 50 UNIPRESS114/OKTOBER 2002 Begriff «Transperipherie» bezeichnet er ein Denkmodell, mit dem für die Figurenportale das oft bemühte Schema von einfachen Abhängigkeiten vom Zentrum Ile-de-France (oder allenfalls Provence) durchbrochen werden kann. Im Zusammenhang mit Vorbildern für die Galluspforte war überdies die Bedeutung des römischen Stadttores von Besançon, der Porte Noire (s. Abb. 2) erneut zu diskutieren. In der Tat hat die Mittelalterforschung der Antikenrezeption, d. h. der Erforschung der Übernahme antiker Elemente in der Form und Gestaltung späterer Kunstwerke, in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Abb. 9: St Ursanne, Collégiale, Portal. (© Foto: Jacques Bélat) Abb. 8: Saint Denis, «törichte Jungfrau».
Auf die Frage der Nachfolge der Galluspforte ist neben dem entwicklungsgeschichtlichen sehr weiten Bogen auch der geographisch kleinere, jedoch konkretere Resultate liefernde Kreis der möglichen Nachfolger in der Region zu schlagen (St-Ursanne (Abb. 9), Neuenburg, das Elsass, Petershausen (nördlich von München) und Kloster Schöntal (östlich von Heidelberg). Die Basler Galluspforte oszilliert zwischen Antike und Moderne, zwischen Provinz und Transperipherie. Dabei weiss sie diese Bereiche eigenwillig miteinander zu verknüpfen, gleichermassen als wollte sie sich ebenso des berühmten Altertums wie der zeitgenössischen Scholastik vergewissern und ebenso Lokal- wie Weltpolitik treiben. Prof. Dr. Norberto Gramaccini, Dr. Sibylle Walther, Institut für Kunstgeschichte, PD Dr. Hans-Rudolf Meier, Kunsthistorisches Seminar, Uni Basel Abb. 2, 3, 4, 5, 7 und 8: Institut für Kunstgeschichte Literaturverzeichnis • Regine, Abegg, Funktion des Kreuzgangs im Mit- telalter – Liturgie und Alltag, in: Kunst + Archi- tektur in der Schweiz 48, 1997, S. 6–24. • Bruno Boerner: Überlegungen zum Programm der Basler Galluspforte, in: Kunst + Architektur in der Schweiz 45/3, 1994, 238–246. • Peter Cornelius Claussen: Zentrum, Peripherie, Transperipherie. Überlegungen zum Erfolg des go- tischen Figurenportals an den Beispielen Chartres, Sangüesa, Magdeburg, Bamberg und den Westpor- talen des Domes S. Lorenzo in Genua, in: Beck/ Hengevoss-Dürkop1994, 665–687. • Regine Körkel-Hinkfoth: Sinnbild des Jüngsten Ge- richts – Darstellung der Parabel von den klugen und törichten Jungfrauen am Basler Münster, in: Unsere Kunstdenkmäler 44, 1993, 309–322. • Hans-Rudolf Meier, Dorothea Schwinn Schürmann (Hg.): Schwelle zum Paradies. Die Galluspforte des Basler Münsters, Basel 2002 (Ausstellungskata- log). • Hans Reinhardt, Das Basler Münster, Basel 1961. • Dorothea Schwinn Schürmann: Die Restaurie- rungs- und Forschungsgeschichte der Galluspforte, in: Die Münsterbauhütte Basel 1985–1990, Basel 1990, 57–65. • Dies.: Das Basler Münster. Schweiz. Kunstführer GSK Nr. 689/80, Bern 2000. • Karl Stehlin, in: Baugeschichte des Basler Müns- ters, hrsg. vom Basler Münsterbauver., BS, 1895, 6f. UNIPRESS114/OKTOBER 2002 51
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