controller - Haufe.de
controller - Haufe.de
controller - Haufe.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
chenen Probleme ver<strong>de</strong>utlicht haben, dass mit<br />
einer technokratischen Anwendung <strong>de</strong>r DEA<br />
die große Gefahr von Fehlanalysen einhergeht.<br />
Um dieser Gefahr zu begegnen, ist in zweierlei<br />
Hinsicht die Heranziehung von Expertenwissen<br />
erfor<strong>de</strong>rlich: Zum einen sind <strong>de</strong>taillierte<br />
Sachkenntnisse über die zu bewerten<strong>de</strong>n<br />
DMUs unabdingbar, z.B. um die plausible<br />
Skalenertragsform festlegen zu können;<br />
dies bedingt die Einbeziehung <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n<br />
Fachbereiche. Zum an<strong>de</strong>ren müssen die<br />
produktionstheoretischen Grundlagen <strong>de</strong>r DEA<br />
beherrscht wer<strong>de</strong>n, um die situationsspezifisch<br />
angemessenen DEA-Mo<strong>de</strong>lle auswählen und<br />
die Ergebnisse korrekt interpretieren zu können;<br />
insb. hier steht das Controlling in <strong>de</strong>r<br />
Pflicht. Bei<strong>de</strong> Wissensdomänen sind für sich allein<br />
nicht hinreichend, um das Analysepotenzial<br />
<strong>de</strong>r DEA auszuschöpfen, son<strong>de</strong>rn sie müssen<br />
ergänzend zum Einsatz gelangen!<br />
Weiterhin ist zu betonen, dass die DEA keineswegs<br />
ein objektives Instrument ist, wie<br />
gelegentlich angeführt wird. Allein die Frage,<br />
welche DMUs überhaupt als miteinan<strong>de</strong>r vergleichbar<br />
zu betrachten sind, lässt oft immense<br />
Spielräume. Zu<strong>de</strong>m existiert mittlerweise eine<br />
solche Vielzahl an DEA-Mo<strong>de</strong>llen, dass sich<br />
selbst für eine spezifische, gedanklich gut<br />
durchdrungene Bewertungssituation alternative<br />
Ansätze anbieten wer<strong>de</strong>n. Als großes Problem<br />
kann sich auch die Bestimmung <strong>de</strong>r zu berücksichtigen<br />
Inputs und Outputs – o<strong>de</strong>r treffen<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r zu minimieren<strong>de</strong>n und zu maximieren<strong>de</strong>n<br />
Ziele – herausstellen. Hier beispielsweise ist <strong>de</strong>r<br />
Sachverstand <strong>de</strong>s Controllings insoweit gefragt,<br />
als es darum geht, adäquate Bewertungskriterien<br />
festzulegen. Im herangezogenen Praxisbeispiel<br />
sind etwa die Kriterien „Anzahl Filialmitarbeiter“<br />
und „Öffnungszeit in Stun<strong>de</strong>n“ für sich<br />
gesehen wenig aussagekräftige Größen. Sinnvoller<br />
erscheint es, sie in eine <strong>de</strong>n Arbeitseinsatz<br />
erfassen<strong>de</strong> Zielsetzung zu integrieren;<br />
diese lässt sich dann z.B. über das Kriterium<br />
„eingesetzte Personenstun<strong>de</strong>n“ abbil<strong>de</strong>n.<br />
Grundsätzlich sollte auch stets geprüft wer<strong>de</strong>n,<br />
ob die DEA im Einzelfall überhaupt das<br />
geeignete Instrument ist. So sind vergleichen<strong>de</strong><br />
Aussagen etwa <strong>de</strong>r Art, dass eine DMU<br />
1 halb so effizient ist wie eine DMU 2, nur erlaubt,<br />
wenn sich die entsprechen<strong>de</strong>n Effizienzgra<strong>de</strong><br />
auf <strong>de</strong>nselben Referenzpunkt beziehen.<br />
Der Bildung einer Rangfolge auf Basis von<br />
DEA-Ergebnissen sind daher sehr enge Grenzen<br />
gesetzt! 2<br />
Darüber hinaus wird im Rahmen klassischer<br />
DEA-Mo<strong>de</strong>lle in Kauf genommen, dass einzelne<br />
Bewertungskriterien ggf. gänzlich unberücksichtigt<br />
bleiben, um einer DMU <strong>de</strong>n höchstmöglichen<br />
Effizienzgrad zuordnen zu können. Unabhängig<br />
von <strong>de</strong>r in die Analyse einfließen<strong>de</strong>n Zahl<br />
von Bewertungskriterien ergibt sich ein solcher<br />
Wert im Extremfall nur aus einem einzigen Input<br />
und einem einzigen Output. Eine <strong>de</strong>rartig einseitige<br />
Prioritätensetzung erscheint aber in<br />
vielen Fällen <strong>de</strong>r Praxis als unzweckmäßig.<br />
Das gilt insbeson<strong>de</strong>re, wenn von <strong>de</strong>r DEA-basierten<br />
Effizienzanalyse eine verhaltenssteuern<strong>de</strong><br />
Wirkung ausgeht, <strong>de</strong>nn dann sind<br />
Fehlanreize vorprogrammiert.<br />
Autor<br />
Sollte also nicht besser auf Alternativen zur<br />
DEA (vgl. Ahn/Dyckhoff/Gilles 2007) zurückgegriffen<br />
wer<strong>de</strong>n? Nun, diese Frage lässt sich<br />
nicht pauschal beantworten. Auf <strong>de</strong>r einen Seite<br />
geht mit <strong>de</strong>r DEA eine Fülle von Problemstellungen<br />
einher, die oft erst auf <strong>de</strong>n zweiten<br />
Blick erkennbar sind und gelöst wer<strong>de</strong>n wollen;<br />
auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite bietet sie eine produktionstheoretisch<br />
fundierte Methodik, welche die<br />
Aussagekraft üblicher Instrumente <strong>de</strong>s Benchmarking<br />
bei weitem übertreffen kann. So sind<br />
<strong>de</strong>taillierte Analysen <strong>de</strong>r relativen Schwächen<br />
und Stärken vergleichend bewerteter<br />
DMUs möglich. Wann immer dies <strong>de</strong>n Aufwand<br />
lohnt, kann die DEA unseres Erachtens<br />
einen wertvollen Beitrag zur Effizienzsteigerung<br />
leisten.<br />
Literaturverzeichnis<br />
Ahn, H./Dyckhoff, H./Gilles, R. (2007): Datenaggregation<br />
zur Leistungsbeurteilung durch<br />
Ranking – Vergleich <strong>de</strong>r CHE- und DEA-Methodik<br />
sowie Ableitung eines Kompromissansatzes,<br />
in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft 77,<br />
S. 615-643<br />
Cooper, W.W./Seiford, L.M./Tone, K. (2007):<br />
Data Envelopment Analysis – A Comprehensive<br />
Text with Mod-els, Applications, References<br />
and DEA-Solver Software, 2. Aufl., New York<br />
Dyckhoff, H./Ahn, H. (2009): Advanced Data<br />
Envelopment Analysis, Aachen/ Braunschweig,<br />
www.controlling-tubs.<strong>de</strong>/fileadmin/user_upload/xForschung/Arbeitsbericht_aDEA_2009-<br />
02-09.pdf<br />
Dyson, R.G./Allen, R./Camanho, A.S./Podinovski,<br />
V.V./Sarrico, C.S./Shale, E.A. (2001):<br />
Pitfalls and protocols in DEA, in: European<br />
Journal of Operational Research 132, S. 245-<br />
259<br />
Gilles, R. (2005): Performance Measurement<br />
Prof. Dr. Heinz Ahn<br />
ist Leiter <strong>de</strong>s Instituts für Controlling und Unternehmensrechnung<br />
an <strong>de</strong>r Technischen Universität Braunschweig.<br />
Tel.: 0531/391-3610<br />
www.controlling-tubs.<strong>de</strong><br />
E-Mail: hw.ahn@tu-bs.<strong>de</strong><br />
mittels Data Envelopment Analysis, Lohmar/<br />
Köln<br />
Poddig, R./Varmaz, A. (2005): Data Envelopment<br />
Analysis und Benchmarking, in: Controlling<br />
17, S. 565 – 571<br />
Röhner, J./Thamm, E. (2009): Effizienzmessung<br />
von Unternehmen(seinheiten) − DEA in<br />
<strong>de</strong>r Sozialversicherung, in: Controller Magazin<br />
34, Heft 4, S. 38 – 42<br />
Fußnoten<br />
CM März / April 2010<br />
1 Nicht behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n dagegen die mo<strong>de</strong>lltheoretischen<br />
Grundlagen <strong>de</strong>r DEA. Diesbezüglich<br />
sei auf Cooper/Seiford/Tone (2007) verwiesen;<br />
dort wer<strong>de</strong>n u.a. die hier angesprochenen<br />
DEA-Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>tailliert erläutert. Als<br />
<strong>de</strong>utschsprachige Abhandlungen wer<strong>de</strong>n Gilles<br />
(2005) und Poddig/Varmaz (2005) empfohlen.<br />
2 Insofern ist es auch kritisch zu sehen, wenn<br />
wir oben im Text z.B. von <strong>de</strong>r „schlechtesten“<br />
Filiale sprechen.<br />
51