Starke Messen, neue Strategien, kreative Koops & volle Kassen - E&W
Starke Messen, neue Strategien, kreative Koops & volle Kassen - E&W
Starke Messen, neue Strategien, kreative Koops & volle Kassen - E&W
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
26<br />
HINTERGRUND E&W 12/07<br />
DIE LEHRE MIT MATURA GEHT AN DEN START<br />
Chancengleichheit<br />
Gute Lehrlinge sind heute schon schwer zu finden, in den nächsten Jahren wird sich die Situation weiter zuspitzen. Die<br />
Ursache dafür liegt in den geburtsschwachen Jahrgängen, die dann das berufsfähige Alter erreichen. Immer größer<br />
wird daher auch der Entscheidungsdruck der Jugendlichen, sich zwischen einem Lehrberuf oder einer berufsbildenden<br />
Schule zu entscheiden – denn beide Seiten buhlen um die Gunst der Auszubildenden. Diese „Zwei-Klassen-Gesellschaft”<br />
soll aber in absehbarer Zeit der Vergangenheit angehören, denn mit der „Lehre Plus” wurde ein Modell entwickelt, das<br />
die beiden Optionen gleichstellt.<br />
JEDER BETRIEB wünscht sich<br />
gute und begabte Lehrlinge. Diese<br />
zu finden wird sich in den<br />
kommenden Jahren immer<br />
schwieriger gestalten, denn auf<br />
der einen Seite kommen geburtenschwache<br />
Jahrgänge auf die<br />
Lehrherren zu, auf der anderen<br />
Seite drängen Eltern ihre Kinder<br />
zu höherer schulischer Bildung –<br />
die Entscheidung fällt immer öfter<br />
zu Gunsten der berufsbildenden<br />
und höheren Schulen aus.<br />
Um diesem Dilemma ein Ende<br />
zu bereiten, wurde die Lehre<br />
entsprechend angepasst und kann<br />
in Zukunft auch mit Matura<br />
(und somit der Studienberechtigung)<br />
abgeschlossen werden.<br />
„Lehre Plus”<br />
WKO-Funktionärin Ing. Renate<br />
Scheichelbauer-Schuster bringt<br />
die Problematik auf den Punkt:<br />
„Die Konkurrenz zu den berufsbildenden<br />
Schulen wird immer<br />
KURZ UND BÜNDIG:<br />
Die „Lehre Plus” ermöglicht<br />
den Lehrabschluss mit Matura<br />
und die Studienberechtigung.<br />
Das Image der Lehre soll durch<br />
die <strong>neue</strong> Option deutlich aufgebessert<br />
werden.<br />
Die Umsetzung erfolgt bundesländerspezifisch.<br />
In Niederösterreich<br />
startet das Angebot am<br />
1. Jänner 2008, in Tirol läuft<br />
derzeit ein Modellprojekt mit 48<br />
Elektrotechniklehrlingen.<br />
größer. Immer schwerer ist es daher<br />
auch, qualifizierte Jugendliche<br />
zu einem Lehrberuf zu bewegen.<br />
Ich halte es für eine Aufgabe<br />
unserer Gesellschaft, junge<br />
Menschen in die Berufe zu leiten,<br />
für die sie geeignet sind.”<br />
Diese Ansprüche wurden durch<br />
das <strong>neue</strong> Modell „Lehre Plus” –<br />
Lehrabschluss mit Matura – in<br />
einen gesetzlichen Rahmen gegossen.<br />
„Wir wollen natürlich<br />
nicht, dass jetzt plötzlich jeder<br />
Lehrling die Matura macht. Aber<br />
der eine oder andere soll sich dadurch<br />
statt der BHS für die Lehre<br />
entscheiden”, so Scheichelbauer-Schuster.<br />
Überlegt wird<br />
daher eine „Zweiteilung” der<br />
Lehre: Für Jugendliche, die den<br />
Lehrabschluss mit Matura anstreben,<br />
soll die Dauer auf vier Jahre<br />
ausgedehnt werden. Der Abschluss<br />
erfolgt neben der berufsbezogenen<br />
Prüfung durch Zusatzprüfungen<br />
in den Fächern<br />
Deutsch, Mathematik und einer<br />
lebenden Fremdsprache. Geht<br />
ein Lehrling den herkömmlichen,<br />
3-jährigen Weg, ist der<br />
Erwerb der Matura auch noch<br />
im Anschlusss an die Lehrabschlussprüfung<br />
möglich – die<br />
Entscheidung zwischen den beiden<br />
Varianten bleibt dem Lehrling<br />
überlassen.<br />
Im Zuge des <strong>neue</strong>n Lehrmodells<br />
fordert Scheichelbauer-Schuster<br />
zugleich bessere Informationsarbeit<br />
an den Schulen und seriöse<br />
Eignungstests für die Jugendlichen:<br />
„Lehrer, Unternehmer<br />
und Eltern sind gefordert, Schü-<br />
In Tirol betreut Helmut Lentner derzeit 48<br />
Elektrotechniklehrlinge auf ihrem Weg zum<br />
Lehrabschluss mit Matura.<br />
ler über sämtliche Möglichkeiten<br />
aufzuklären. Im Gegenzug ist es<br />
wesentlich, dass die Stärken jedes<br />
Jugendlichen analysiert werden<br />
und bei der Entscheidung über<br />
den weiteren Weg Fachberater<br />
und Eltern miteinbezogen werden.<br />
Diese Maßnahmen halte ich<br />
für einen gangbaren Weg, das<br />
Image der Lehre deutlich aufzubessern<br />
und in weiterer Folge die<br />
Zwei-Klassen-Gesellschaft abzuschaffen.”<br />
Länderspezifisch<br />
Die Umsetzung der „Lehre<br />
Plus” variiert in den einzelnen<br />
Bundesländern.<br />
In Niederösterreich etwa erfolgt<br />
der flächendeckende Start der<br />
„Lehre Plus” am 1. Jänner 2008.<br />
Unterstützt von Wirtschaftskam-<br />
mer und dem Land NÖ<br />
steht jedem Lehrling der<br />
<strong>neue</strong> Weg offen. Die ergänzendenUnterrichtsfächer<br />
werden in ausgewählten<br />
Berufsschulen<br />
angeboten, sodass die Anreise<br />
für die Jugendlichen<br />
keine unzumutbaren Distanzen<br />
umfasst. Außerdem<br />
können Jugendliche<br />
um 28 Euro in den Berufsinformationszentren<br />
einen Eignungstest mit<br />
Fachberatung absolvieren<br />
– jedes Unternehmen<br />
kann bis zu vier Jugendliche<br />
pro Jahr kostenlos<br />
zu diesem Test schicken.<br />
In Tirol betreut Lehrlingswart<br />
Helmut Lentner<br />
derzeit 48 Elektrotechnik-Lehrlinge<br />
auf ihrem Weg zum Abschluss<br />
mit Matura. Drei Mal pro<br />
Woche besuchen die Lehrlinge<br />
die Abendschule, um den zusätzlichen<br />
Stoff zu erlernen. Lentner<br />
kann sich als Variante für die Zukunft<br />
aber auch vorstellen, dass jeder<br />
Lehrling vier Tage arbeitet<br />
und am Freitag und Samstag die<br />
Schulbank drückt. Dieses Modell<br />
wurde unter dem Arbeitstitel<br />
„Modullehre” sogar schon ein<br />
wenig weiter gedacht: Geplant ist,<br />
durch Spezialisierungsmöglichkeiten<br />
die Ausbildung stärker den<br />
Interessen des Lehrlings anzupassen<br />
– die entsprechenden Lehrpläne<br />
sind zum Teil bereits ausgearbeitet,<br />
der Start soll 2009/2010<br />
erfolgen. ■