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Wenn einer eine Reise tut... - Adolf-Reichwein-Verein

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dieses Ereignis im vorliegenden Heft<br />

berichten. An der eindrücklichen Gedenkfeier<br />

für Freya von Moltke am 23.<br />

März in der Französischen Friedrichstadt-Kirche<br />

in Berlin nahmen neben<br />

den Kindern <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong>s verschiedene<br />

Mitglieder unseres <strong>Verein</strong>s<br />

teil.<br />

Die Bedeutung dieser großartigen<br />

Frau ist vielfach hervorgehoben worden.<br />

Ihr Wirken für die Familie <strong>Reichwein</strong><br />

ist uns mit Dankbarkeit in unser<br />

aller Gedächtnis, ihr Einsatz für die<br />

Bedeutung des deutschen Widerstandes<br />

als Neuanfang in Deutschland und<br />

ihr so spontanes und nicht zögerliches<br />

Bekenntnis für die Aussöhnung und<br />

Begegnung mit Polen ist ihr Beitrag für<br />

die Zukunft.<br />

�Freya von Moltke war mir bisher als<br />

Briefempfängerin und spätere Witwe<br />

bekannt, weniger als Widerstandskämpferin.<br />

Möge diese mutige Frau<br />

viele andere inspirieren�, schreibt<br />

Alexander Hirsch im Internet als Reaktion<br />

auf die Berichterstattung in den<br />

Medien 1 . Diese Sicht ist nicht untypisch<br />

- Freya von Moltke, die Empfängerin<br />

von Briefen, die Frau <strong>eine</strong>s bedeutenden<br />

Mannes, <strong>eine</strong> passive Rolle.<br />

Das verwundert nicht, hatte doch<br />

Helmuth von Moltke, im Gegensatz<br />

etwa zu <strong>Reichwein</strong>, bei s<strong>eine</strong>m Tode<br />

noch kaum berufliche Bedeutung vorzuweisen<br />

und ist damit in der öffentlichen<br />

Wahrnehmung <strong>eine</strong> einzig auf<br />

das Prädikat �Widerstandskämpfer�<br />

festgelegte Persönlichkeit geworden,<br />

deren Bekanntheitsgrad auch in der<br />

breiteren Öffentlichkeit groß ist. Freya<br />

von Moltke war aber nicht nur Briefempfängerin;<br />

sie war durch diesen<br />

beinahe täglichen Briefwechsel Mitwisserin<br />

und Gesprächspartnerin (leider<br />

sind ihre eigenen Briefe verloren)<br />

und Teilnehmerin der drei Treffen des<br />

�Kreisauer Kreises� auf dem schlesischen<br />

Gut. Nach dem Krieg hat sie<br />

durch Mitarbeit an Publikationen und<br />

eigene Veröffentlichungen, durch öffentliche<br />

Auftritte und Interviews zur<br />

1 http://alexanderhirsch.wordpress.com/ -<br />

5.01.2010<br />

reichwein forum Nr. 15 Juni 2010<br />

10<br />

Aufarbeitung des Widerstands beigetragen<br />

und schließlich die Arbeit der<br />

Begegnungsstätte Kreisau gefördert.<br />

Das ist vielfach unbekannt. Auch als<br />

Mensch ist diese charakterstarke Frau<br />

weniger bekannt � sie<br />

drängte nicht in die Öffentlichkeit.<br />

Mit den folgenden Texten<br />

soll daher versucht werden,<br />

sowohl die Reaktion<br />

der Medien auf ihren Tod<br />

darzustellen, als auch zu<br />

Freya von Moltkes Beitrag<br />

zu Publikationen und<br />

ihrem Wirken für die Begegnungsstätte<br />

in Kreisau<br />

etwas beizutragen. Schließlich<br />

hoffen wir, dass die sehr persönliche<br />

Schilderung Sabine <strong>Reichwein</strong>s, die<br />

der Generation ihrer Kinder angehört,<br />

auch ein wenig den Menschen Freya<br />

von Moltke spürbar werden lässt. Wir<br />

wollen wenigstens einige der in der<br />

Gedenkfeier vom 25. März 2010 angesprochenen<br />

�weißen Flecken� füllen.<br />

Lothar Kunz:<br />

Die öffentliche Wahrnehmung<br />

Dieser Beitrag wurde im Anschluss an<br />

die Meldungen über Freya von Moltkes<br />

Tod konzipiert und geschrieben.<br />

Zu Anfang einige Lebensdaten in Kürze:<br />

Freya von Moltke wurde am 29. März<br />

1911 als drittes Kind des Bankiers<br />

Carl-Theodor Deichmann und s<strong><strong>eine</strong>r</strong><br />

Frau Ada in Köln geboren. Dort verlebte<br />

sie auch ihre Kindheit. Sie brach<br />

den Besuch der höheren Schule mit 16<br />

Jahren ab und besuchte dann <strong>eine</strong><br />

landwirtschaftliche Schule in Thüringen.<br />

Ihr Abitur holte sie wenig später<br />

auf <strong><strong>eine</strong>r</strong> Privatschule nach.<br />

1930 begann sie ein Jurastudium in<br />

Köln. Im selben Jahr heiratete die<br />

Neunzehnjährige den zweiundzwanzigjährigen<br />

Helmuth James von Moltke,<br />

ebenfalls Jurist und seit 1928<br />

durch Erbschaft auch Gutsbesitzer in<br />

Kreisau (Schlesien), heute das polnische<br />

Krzy�owa.<br />

1932 siedelte Freya nach Berlin um<br />

und setzte dort ihr Studium an der<br />

Friedrich-Wilhelms-Universität fort. Die<br />

beiden Eheleute betreuten aber auch<br />

gleichzeitig das schlesische Gut.<br />

Freya von Moltke promovierte 1935<br />

bei dem Rechtswissenschaftler Martin<br />

Wolff mit dem Thema: �Beglaubigung<br />

und öffentlicher Glaube. Zur Auslegung<br />

des § 1155 BGB�, während ihr<br />

Mann zum gleichen Zeitpunkt <strong>eine</strong><br />

Anwaltspraxis in Berlin eröffnete.<br />

Freya zog danach wieder zurück nach<br />

Kreisau und leitete das Gut weitgehend<br />

all<strong>eine</strong>, unterstützt durch <strong>eine</strong>n<br />

Verwalter.<br />

1937 kam der erste Sohn Helmuth<br />

Caspar auf die Welt, der zweite Sohn,<br />

Konrad (� 2005), wurde 1941 geboren.<br />

Seit 1938 initiierte und koordinierte<br />

Helmuth James von Moltke mit Peter<br />

Graf Yorck von Wartenburg <strong>eine</strong>n Diskussionskreis,<br />

dem u.a. auch <strong>Adolf</strong><br />

<strong>Reichwein</strong> angehörte. Die Gruppe<br />

plante vor allem die Struktur <strong>eine</strong>s<br />

deutschen Staates nach Ende der Nazi-Diktatur.<br />

Man knüpfte ab ca. 1943<br />

aber auch engere informatorische<br />

Kontakte zu aktiven Widerstandsgruppen,<br />

die ein Attentat auf Hitler und den<br />

Umsturz planten und thematisierte die<br />

Bestrafung von Nazi-Verbrechen nach<br />

dem Ende des �Dritten Reiches�. Die<br />

Gestapo nannte die Gruppe, nachdem<br />

deren Aktivitäten und Verbindungen im<br />

Zusammenhang mit dem Attentat auf<br />

<strong>Adolf</strong> Hitler am 20. Juli 1944 aufgedeckt<br />

wurden, �Kreisauer Kreis� nach<br />

dem schlesischen Gut, wo die Gruppe<br />

dreimal zu größeren Treffen zusammengekommen<br />

war und stellte den<br />

Großteil s<strong><strong>eine</strong>r</strong> Mitglieder unter Anklage<br />

auf �Hochverrat� vor Gericht.

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