Wenn einer eine Reise tut... - Adolf-Reichwein-Verein
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in Madison am 3.10.; drei Oktobertage<br />
im Benediktinercollege St. Joseph bei<br />
St. Cloud/ Minnesota), 84 <strong>eine</strong>n erzwungenen<br />
siebentägigen Aufenthalt<br />
nach <strong>eine</strong>m schweren Unfall vor<br />
Hysham am 18. Oktober, 85 zudem die<br />
damalige Leistungsfähigkeit von Pkws<br />
und Straßen, dann wird die große physische,<br />
psychische und geistige Leistung<br />
des 28jährigen deutlich. Dazu<br />
kam, dass er die Umplanung nach<br />
Herrmanns Bleiben in Michigan und<br />
zwei Unfälle � <strong>eine</strong>n mittelschweren<br />
und <strong>eine</strong>n schweren � zu verkraften<br />
hatte sowie in Seattle weitere Neuplanungen<br />
der <strong>Reise</strong> vornahm (Alaska;<br />
Ostasien; Verspätung Mexiko, und<br />
zwar per Schiff statt mit dem Auto). 86<br />
IV. Die finanziellen Bedingungen der<br />
<strong>Reise</strong><br />
Der Autokauf in Detroit (vor dem 13.<br />
oder 16. September) 87 brachte <strong>Reichwein</strong>s<br />
Finanzen und Planungen durcheinander.<br />
Er musste dafür 320 $ aufbringen,<br />
für die Reparatur nach <strong>eine</strong>m<br />
Unfall in Michigan (13. oder 16. September)<br />
noch einmal 114 $, 88 zur Vorbereitung<br />
der weiteren <strong>Reise</strong> 51,5 $.<br />
Damit hatte er allein in Detroit 485,5 $<br />
von den mitgebrachten 1.100 $ verbraucht.<br />
Er bat die NG daher am 19.<br />
September von Chicago um <strong>eine</strong>n<br />
Vorschuss von 350 bis 400 $, tatsächlich<br />
bekam er 238 $. 89 Vom General-<br />
84 Pallat Nr. 67/68.<br />
85 Brief an NG 9.12. (Anhang I Nr. V) sowie<br />
Erlebnisse S. 28-31.<br />
86 Immer wieder revidierte er Planungen:<br />
Noch am 9.12. (Anhang I Nr. VI) teilte er<br />
der NG mit, er wolle an 12.12. nach dem<br />
Süden aufbrechen; er beabsichtigte bis Ende<br />
April wieder in Deutschland zu sein. Am<br />
10.12. hatte er die Ostasienreise aufgegeben<br />
(Pallat Nr. 74/75). Am 19.12. hat er<br />
schon <strong>eine</strong> Küstenreise mit dem Schiff zurückgelegt,<br />
das nun nach Ostasien ging<br />
(Pallat Nr. 76). Am 12.3.27 (Brief an<br />
Schweinitz) wollte er Anfang Mai in<br />
Deutschland sein, am 1.4.27 (Pallat Nr. 80)<br />
am 15.5 in Hamburg.<br />
87 Die Datierung hängt von der Datierung<br />
des Unfalls ab, zu der es zwei Versionen<br />
gibt, vgl. Anm. 65.<br />
88 Brief NG 19.9 (Anhang I Nr. III).<br />
89 Im Brief vom 19.9. an die NG gab er an,<br />
die <strong>Reise</strong> mit 1.100 $ geplant zu haben, also<br />
4.620 Mark. Von der NG hatte er 3.000<br />
Mark erhalten, also nahm er 1.600 Mark<br />
aus eigenen oder geliehenen Mitteln dazu.<br />
Verbraucht hatte er am 19.9. 1.823 Mark<br />
/434 $. Die bewilligten 238 $ quittierte er in<br />
reichwein forum Nr. 15 Juni 2010<br />
32<br />
konsulat in Chicago erhielt er zur<br />
Überbrückung <strong>eine</strong>n Vorschuss von<br />
120 $. In St. Joseph/Montana wurde<br />
<strong>eine</strong> kostspielige Reparatur des Wagens<br />
notwendig (der Generator<br />
brannte aus), so dass er fast ohne<br />
Mittel dastand. 90 Wenige Tage später<br />
erlitt er am 18. Oktober bei Hysham<br />
vor Billings/Montana <strong>eine</strong>n zweiten, so<br />
schweren Unfall, 91 dass er nur noch 10<br />
$ für das Wrack des Motors erhielt. Er<br />
musste ein neues Auto kaufen, diesmal<br />
möglichst billig, also <strong>eine</strong>n Gebrauchtwagen.<br />
S<strong>eine</strong> Mittel reichten<br />
selbst dafür nicht, er bekam sie telegrafisch<br />
von einigen Deutschamerikanern.<br />
92 Am 24. Oktober konnte er, offensichtlich<br />
hinreichend genesen, von<br />
Billings weiterfahren, reduzierte aber<br />
wegen dieser Verzögerung s<strong>eine</strong> Vorhaben<br />
und fuhr nicht nach Salt Lake<br />
City. 93 � �M<strong>eine</strong> Methode zu reisen verbessert,<br />
d.h. verbilligt sich immer<br />
mehr.� 94 Er lebte hinfort sehr karg,<br />
schon bis dahin schlief er im Auto<br />
wenn es irgendwie ging. 95 Wahrscheinlich<br />
konnte er auch einige Tage<br />
durch Mitarbeit auf Farmen, bei der<br />
Viehzucht, im Wald als Holzarbeiter<br />
oder Trapper finanzieren. 96<br />
Seattle am 23.11. (Umrechnungskurs<br />
1:4,2).<br />
90 RA REICH 74, Bl. 15-17: Notiz <strong>Reichwein</strong>s<br />
zum 16.10. auf <strong>eine</strong>m Telegramm<br />
vom 23.10. nach Billings. Er bat <strong>eine</strong>n<br />
Freund Luperti in Philadelphia (?) um Aushilfe.<br />
Hysham war zu klein, um dort Geld zu<br />
erhalten, daher bekam er es erst in Billings.<br />
Dieses finanzielle Problem erwähnte er gegenüber<br />
der NG am 9.12. nicht (Anhang I<br />
Nr. VI).<br />
91 Brief an Freunde 23.10 (Pallat Nr. 68)<br />
sowie an NG 9.12 (Anhang I Nr. VI); <strong>Adolf</strong><br />
<strong>Reichwein</strong>, Erlebnisse, wie Anm. 37, S. 28-<br />
32. In k<strong>eine</strong>m bekannten Brief an die Familie<br />
berichtet er von s<strong>eine</strong>m schweren Unfall.<br />
92 Vgl. Brief an die NG 9.12. (Anhang I Nr.<br />
V) sowie Brief Pallat Nr. 68.<br />
93 Brief 23.10. (Pallat Nr. 68): dort äußert er<br />
die Absicht, am 24. loszufahren.<br />
94 Brief 29.10. (Pallat Nr. 69): ob er wirklich<br />
an die Familie ging (Liebe Leute als Anrede),<br />
wo er dieser doch am 22.10. geschrieben<br />
hatte?<br />
95 Anhang I Nr. III Brief an NG 19.9.<br />
96 Im Brief vom 9.12. an die NG (Anhang I<br />
Nr. VI) heißt es �habe zeitweise mit Farmern<br />
auf ihren Farmen zusammengelebt<br />
um aus eigenen Anschauung die Art ihrer<br />
Arbeit kennen zu lernen, habe mit den<br />
Cowboys selbst im westlichen Montana einige<br />
der jährlichen round ups zu Pferde<br />
In Seattle wurde ihm zweimal geholfen.<br />
Der Abstecher nach Alaska beruhte<br />
auf <strong><strong>eine</strong>r</strong> �Einladung� (Brief NG<br />
9.12. Anhang I Nr. VI), also wohl umsonst.<br />
Von Seattle aus trat <strong>Reichwein</strong><br />
<strong>eine</strong> große Ostasienreise als Kadett<br />
der Marine an, die Finanzierung war<br />
somit durch ein Arbeitsverhältnis teilweise<br />
gesichert. 97 Er erweiterte somit<br />
s<strong>eine</strong> <strong>Reise</strong> beträchtlich, ohne dass<br />
die entsprechenden Kosten anfielen.<br />
Vor, während 98 und nach dieser <strong>Reise</strong><br />
schrieb <strong>Reichwein</strong> den größten Teil<br />
s<strong>eine</strong>s Werkes �Rohstoffwirtschaft der<br />
Erde�, in Seattle im �Heim� von Mrs.<br />
Aya Hansen dank ihrer �außerordentlichen<br />
Gastfreundschaft�; 99 letztere<br />
Formulierung spricht für weitgehende<br />
Kostenfreiheit. In Seattle wurde<br />
<strong>Reichwein</strong> außerdem bestohlen; die<br />
Höhe des Geldbetrages ist unbekannt.<br />
100<br />
Im Brief an die Familie vom 11. Dezember<br />
1927 schreibt er von 7000 M<br />
persönlichen Schulden, darunter auch<br />
Prozesskosten (vermutlich der Scheidung),<br />
aber auch Kosten der <strong>Reise</strong>. 101<br />
Über Freund Otto Haase wird berichtet,<br />
er �war es, der dem Freunde immer<br />
wieder die Fortsetzung s<strong><strong>eine</strong>r</strong><br />
Weltreise ermöglichte und weiteren<br />
Urlaub und geldliche Hilfe von ungeduldigen<br />
Amtsstellen erwirkte�� � vermutlich<br />
von dem thüringischen Volksbildungsministerium,<br />
der Carl-Zeiss-<br />
Stiftung und dem Vorstand der Volkshochschule.<br />
102<br />
mitgemacht�, �habe ich einige Tage in den<br />
logging camps (Holzschlag, Holzverarbeitung)<br />
des Nordwestens zugebracht, um die<br />
neusten Methoden des Holzfällens zu studieren�.<br />
97 Brief an Paquet (Anhang I Nr. IX).<br />
98 Otto Haase schreibt (RA REICH 347, S.<br />
3): �Nur wenige [in Jena] wussten, dass er<br />
in der Matrosenmesse des �Präsident Madison�,<br />
im Weekend-Camp in Kalifornien<br />
ebenso wie im Hotelzimmer vor Kobe jede<br />
freie Minute nutzte��<br />
99 <strong>Reichwein</strong>, Rohstoffwirtschaft, wie Anm.<br />
37, S. III f. Näheres war nicht herauszufinden.<br />
100 Anhang I Nr. VIII Brief an v. Schweinitz.<br />
101 Im Brief vom 11.12.1927 an die Familie<br />
(Pallat Nr. 89) heißt es: �Ich werde bis zum<br />
nächsten Frühjahr also alle m<strong>eine</strong> Schulden<br />
abgestoßen haben, die ja bei m<strong><strong>eine</strong>r</strong> Rückkehr<br />
von Amerika (Prozeßkosten u.s.w.<br />
eingeschlossen) rund 7000 M betrugen.�<br />
102 Hanns Eyferth (Hanns Eyferth und Hans<br />
Kunkel, Die zwanziger Jahre, in: Festgabe