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Wenn einer eine Reise tut... - Adolf-Reichwein-Verein

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Sie hat schnell erkannt, dass dieses<br />

Thema in der bundesrepublikanischen<br />

Realität der 1950er Jahre zu wenig<br />

beachtet wurde.<br />

Die Herausgabe �Helmuth James von<br />

Moltkes Briefe an Freya 1939�1945�<br />

hat Beate Ruhm von Oppen auf Bitten<br />

Freyas hin übernommen. 15<br />

Freya hat kein Vorwort oder Nachwort<br />

darin geschrieben, obwohl ihr alle<br />

Briefe so wichtig waren. Im Gespräch<br />

mit Eva Hoffmann betonte sie auch,<br />

dass sie ab 1935 täglich Briefe bekam<br />

und selbst auch welche schrieb. Während<br />

ihre Briefe eher belanglos waren -<br />

, sie berichtete vom Gut und den Söhnen<br />

- schrieb ihr Mann auch Politisches<br />

und Gefährliches, nannte Namen<br />

und Gesprächstermine von Leuten,<br />

die er in Berlin öfter oder regelmäßig<br />

traf.<br />

Die Briefe von 1929�1935 seien ebenso<br />

wenig veröffentlicht, wie jene sehr<br />

persönlichen aus dem Gefängnis der<br />

letzten 4 Monate � ausgenommen die<br />

letzten Briefe vom 10./11. Januar<br />

1945. Ihre eigenen Briefe habe sie<br />

damals beim Weggang aus Kreisau<br />

zurückgelassen. Michael Balfour habe<br />

sie einmal aufgefordert, die Briefe zu<br />

zählen. Sie kam auf 1600. 16<br />

1997 veröffentlichte sie das Bändchen<br />

�Erinnerungen an Kreisau� 17<br />

Klaus Harpprecht hat schließlich in<br />

s<strong><strong>eine</strong>r</strong> Poelchau-Biographie, die u. a.<br />

von Freya angeregt wurde und die er<br />

1971 in Berlin unter dem selben Titel beim<br />

Karl H. Henssel-Verlag erschienen.<br />

15 Helmuth James von Moltke: Briefe an<br />

Freya, hrsg. Von Beate Ruhm von Oppen,<br />

München 1988. Ich konnte dieses Buch aus<br />

dem Nachlass von Rosemarie <strong>Reichwein</strong><br />

erwerben. Sie hat alle Briefstellen in denen<br />

von <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> die Rede ist, mit Bleistift<br />

unterstrichen.<br />

16 Ebenda, S. 320/321. Der Brief vom<br />

14.11.1941 ist als Faksimile abgedruckt. Im<br />

Kommentar verweist die Herausgeberin<br />

auch auf die charakteristischen breiten<br />

Ränder, die kl<strong>eine</strong> Schrift und den großen<br />

Abstand zwischen Datum und Beginn des<br />

Textes auf meist oktavformatigem Briefpapier.<br />

Das Abschreiben durch Freya von Moltke<br />

war <strong>eine</strong> enorme Fleißleistung. Zum Glück<br />

war sie 1956 noch jung und hatte sicher<br />

gute Augen!<br />

reichwein forum Nr. 15 Juni 2010<br />

13<br />

ihr und Ellen Latte widmete, dargelegt,<br />

dass Poelchau auch den täglichen<br />

Briefwechsel zwischen Freya und<br />

Helmuth im Gefängnis in Berlin-Tegel<br />

ermöglichte, ja illegal organisiert hat. 18<br />

Mehr als mancher Zeitungsartikel sagt<br />

vielleicht das erwähnte 1997 geführte<br />

Interview von Eva Hoffmann über das<br />

Wesen Freya von Moltkes aus, weil es<br />

sehr umfangreich und detailliert die<br />

Biographie �der Zeitzeugin des Jahrhunderts�<br />

bis 1990/1991 widerspiegelt,<br />

viele originelle und authentische Aussagen<br />

enthält und außer dem Widerstand<br />

auch andere politische Felder,<br />

wie die Frauenbewegung oder die<br />

Umweltproblematik anspricht. Auch<br />

stellt Eva Hoffmann sehr persönliche<br />

und heikle Fragen: 19<br />

Wie sehen Sie ihrem eigenen Tod und<br />

Sterben entgegen?<br />

�Wirklich ganz positiv. Ich habe eigentlich<br />

schon genug gelebt...Davor habe<br />

ich wirklich k<strong>eine</strong> Sorge. Angst? Ja,<br />

vor dem Wie, aber Angst ist nicht das<br />

richtige Wort. Ich bin gerne bereit zu<br />

sterben. Aber ich glaube nicht, dass es<br />

gleich um die Ecke rum ist. Aber wer<br />

weiß...<br />

Zu der Frage, ob etwas nach dem Tode<br />

passiert, steht für mich ein Vollkommenes:<br />

Das weiß ich nicht. Damit<br />

17<br />

Moltke, Freya von: Erinnerungen an<br />

Kreisau<br />

München : Beck : 1997 : 137 S. : Ill.<br />

18<br />

Vgl. Rezension des Autors der Poelchau-<br />

Biographie, in: <strong>Reichwein</strong>-Forum Nr.<br />

7/2005, S. 49 ff. und<br />

Klaus Harpprecht: Harald Poelchau: Ein<br />

Leben im Widerstand, Hamburg, 2004.<br />

�Dieses kl<strong>eine</strong> Buch ist den beiden bewunderungswürdigen<br />

Frauen gewidmet, die es<br />

angeregt haben...�<br />

Auf S. 84 in Kapitel 4: Tegel � das Gefängnis,<br />

<strong>eine</strong> Insel der inneren Freiheit, schildert<br />

Harpprecht auch die zeitweise Unterbringung<br />

von Freya von Moltke in der Wohnung<br />

Poelchaus in der Afrikanischen Straße in<br />

Berlin-Wedding 1944.<br />

19<br />

Freya von Moltke � Die Kreisauerin. Gespräch<br />

mit Eva Hoffmann in der Reihe Zeugen<br />

des Jahrhunderts, hrsg. Von Ingo Hermann,<br />

Göttingen, 1992 (2. Aufl.), 172 Seiten.<br />

Das Gespräch wurde am 29. und<br />

30.09.1991 in Norwich Vermont (USA) geführt.<br />

Abschnitt: �Ich bin sehr gerne Frau� S. 123-<br />

130.<br />

Abschnitt: Die Umwelt heilen� S. 150-153.<br />

begnüge ich mich und mache mir<br />

überhaupt k<strong>eine</strong> Vorstellungen.<br />

Nach dem lieben Gott habe ich überhaupt<br />

k<strong>eine</strong> Sehnsucht. Aber nach<br />

Helmuth habe ich Sehnsucht. 20<br />

<strong>Wenn</strong> Sie m<strong>eine</strong> Geschichte hören,<br />

habe ich allerlei durchgemacht. Aber<br />

ich habe doch ein außerordentlich<br />

glückliches Leben gehabt.� 21<br />

Ekkehard Geiger:<br />

Der gute Geist des neuen Kreisau<br />

Der Jahreswechsel von 2009 auf 2010<br />

wurde für die Arbeit in Kreisau überschattet<br />

� jedoch zugleich auch mit <strong><strong>eine</strong>r</strong><br />

symbolträchtigen Bedeutung versehen<br />

� von der Nachricht des Todes<br />

von Freya von Moltke.<br />

Ich erfuhr davon spätabends - ich erinnere<br />

mich noch gut, dass mich der<br />

gleiche Gedanke durchfuhr wie bei der<br />

Nachricht vom Tode Rosemarie<br />

<strong>Reichwein</strong>s: �Jetzt ist <strong>eine</strong> Epoche zu<br />

Ende, <strong>eine</strong> lebendige Brücke abgebro-<br />

chen.�<br />

Bei <strong>eine</strong>m Frühstücksgespräch mit ihrem<br />

Sohn Helmuth Caspar und Enkel<br />

Nick Ende November hatten diese erzählt,<br />

wie relativ gut es der Mutter bzw.<br />

Großmutter gehe und dass sie eigentlich<br />

gar nichts von ihrem 100. Geburttag<br />

wissen wolle, auf den ihre Familie<br />

und andere bereits planende Gedanken<br />

richteten.<br />

In Nachrufen, auch in der polnischen<br />

Presse, wurde Freya als Freundin<br />

Polens, als Brückenbauerin zwischen<br />

Ost und West, als Weltbürgerin und<br />

20 Ebenda, S. 134/135.<br />

21 Ebenda, S. 137. Im Jahr 2007 wiederholte<br />

Freya von Moltke diese Einschätzung<br />

im Interview mit Jens König im rbb-<br />

Kulturradio.

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