Wenn einer eine Reise tut... - Adolf-Reichwein-Verein
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Besonders gründliche Besichtigung<br />
der Musterfarm von Lárc E. Schmidt in<br />
Oscoda [NO Michigan am Lake Huron].<br />
13) Besichtigung der (open pit) Eisengruben<br />
von Marquette und Duluth an<br />
der kanadischen Grenze im Norden<br />
(Lake Superior).<br />
Kupfer südlich von Duluth; z. T. freiliegend<br />
aber noch nicht zum Abbau lohnend.<br />
14) Gary größte Stahlwerke.<br />
15) Chicago: Zentrum meat packing<br />
und Getreidehandel; Besuch Swift Cy.,<br />
International Live Stock Exposition, Insti<strong>tut</strong>e<br />
of American Meat Packers (Besprechung<br />
der Viehzucht und des<br />
Fleischmarktes). Getreidebörse, Untersuchung<br />
des gehandelten Getreides;<br />
Zehnmillionen bushel-Elevator;<br />
Board of Trade; 3. International Harvester<br />
Cy (landw. Maschinen); Verschiffung<br />
des Getreides u.s.w.<br />
Bis jetzt im Wagen zurückgelegte<br />
Strecke: 2400 Meilen. Nächste Pläne:<br />
Mittelwest- und Gebirgsstaaten<br />
(Landwirtschaft und Kupfer); anschließend<br />
Holz im Staate Washington,<br />
Früchte und Öl in Kalifornien. Von Imperial<br />
Valley aus will ich über El Paso<br />
trotz der Schwierigkeiten, die ich voraussehe,<br />
versuchen Mexiko im Wagen<br />
zu nehmen.<br />
Der technische Teil der <strong>Reise</strong> hat,<br />
wenn ich das ganze übersehe, auch<br />
verhältnismäßig gut geklappt; im Verhältnis<br />
nämlich zu dem Autoreisestil<br />
dieses Landes, der ziemlich rauh ist.<br />
Immerhin haben einige mich schon<br />
angefahren, ohne dass es ernsten<br />
Schaden gegeben hätte. (Besonders<br />
zum weekend sind die Straßen garniert<br />
mit zerstörten Wagen). Aber einmal<br />
hatte ich <strong>eine</strong>n ziemlich heftigen<br />
Unfall, den ich leider mitteilen muß,<br />
weil ich die Notgemeinschaft bitten<br />
möchte, mir behilflich zu sein, die Folgen<br />
zu tilgen.<br />
Das war bei Saginaw, im nördlichen<br />
Michigan, vor 6 Tagen. Ich kam von<br />
Norden und wollte Herrn Dipl.agr.<br />
Hermann, der <strong>eine</strong>n Teil der <strong>Reise</strong> mit<br />
mir gemacht hatte, in S. treffen; darum<br />
fuhr ich in die Nacht hinein. Unglücklicherweise<br />
war unterwegs die gute<br />
Straße gesperrt und der ganze Ver-<br />
reichwein forum Nr. 15 Juni 2010<br />
42<br />
kehr wurde über <strong>eine</strong>n Seitenweg geleitet,<br />
auf dem knapp zwei Wagen<br />
passieren konnten. Die meisten Fahrer,<br />
die mir entgegenkamen dämpften<br />
ihre Lichter nicht ab; das ist <strong>eine</strong> ziemlich<br />
allgem<strong>eine</strong> Rücksichtslosigkeit auf<br />
offener Straße. Zwischen 8 und 9 näher[te,<br />
Ergänzung DW wegen Lochung]<br />
ich mich <strong><strong>eine</strong>r</strong> Eisenbahn, das<br />
rote Signal schwang, dh. ein Zug war<br />
in Anfahrt. Der Weg stieg zu dem<br />
hochgelegten Bahndamm an, ich<br />
nahm das Gas weg und ging langsam<br />
in Stop. Da rast ein anderer Wagen<br />
auf der entgegengesetzte Seite heran<br />
und will noch vor dem Zug die Schienen<br />
passieren (es gibt hier ja k<strong>eine</strong><br />
Schranken), ich schätze Geschwindigkeit<br />
40 Meilen; auf den Schienen verliert<br />
der Fahrer die Kontrolle � vom<br />
Regen wird das Gleiten begünstigt �<br />
der Wagen kommt ins Schlingern, der<br />
Mann verliert vor dem heranbrausenden<br />
Zug den Kopf und fährt im letzten<br />
Augenblick mit vollen Lichtern auf mich<br />
zu; mein Wagen steht gerade am<br />
schmalen Rand der Böschung, der<br />
andere fährt mich an. Vom Ruck gleiten<br />
die rechten Räder m<strong>eine</strong>s Wagens<br />
über die Böschung und ich stürze mitsamt<br />
dem Wagen 6 m ab. Ich möchte<br />
Ihnen nicht die ganze weitere Geschichte<br />
erzählen, sondern nur die<br />
Haupttatsachen mitteilen:<br />
1) Großes Glück! 2) Der andere fährt<br />
weiter. 3) Ich selbst habe nur leichte<br />
Fleischwunden am rechten Arm und<br />
Knie.<br />
4) Der Wagen hat einige Verletzungen<br />
die aber nicht lebensgefährlich sind.<br />
Alle, die vorbeifahren, sind erstaunt<br />
über die Stabilität des Wagens.<br />
Aus der Stadt (16km) wird ein Kran<br />
angefahren, der den Wagen wieder<br />
auf die Straße hebt, er wird in die<br />
Stadt geschleppt und ist um 1 Uhr<br />
nachts in der Garage.<br />
Für das Aufziehen und Einschleppen<br />
mußte ich $ 36, für die Reparaturen $<br />
78 bezahlen (denn der Schuldige war<br />
über alle Berge). Dadurch wurden<br />
m<strong>eine</strong> an sich knappen Mittel bedenklich<br />
geschwächt. In Detroit hatte ich<br />
mir <strong>eine</strong>n eigenen Wagen kaufen<br />
müssen, da Herr Dipl.argr. Hermann<br />
durch <strong>eine</strong>n glücklichen Zufall in Mi-<br />
chigan <strong>eine</strong> Stellung gefunden hat und<br />
darum s<strong>eine</strong> <strong>Reise</strong> nach dem Westen<br />
aufgab. Mein Wagen ist ein Fordwagen<br />
ziemlichen neuen Datums; er stellt<br />
natürlich <strong>eine</strong>n Sachwert dar, der aber<br />
erst am Ende der <strong>Reise</strong> für mich einlösbar<br />
wird. Der Kaufpreis für den Wagen<br />
beträgt $ 320. Diese Ausgabe<br />
hatte mein Budget fast zur Neige gebracht,<br />
der Unglücksfall kam dazu und<br />
zehrte den Rest auf. Das Generalkonsulat<br />
ist in sehr hilfsbereiter Weise<br />
eingesprungen und hat mir <strong>eine</strong>n Vorschuß<br />
gegeben, der mir erlaubt für die<br />
nächste Etappe Gas zu kaufen und<br />
mich zu ernähren (es handelt sich um<br />
$ 120). Ich habe natürlich von mir aus<br />
vermieden, das Konsulat mehr, als für<br />
den Augenblick notwendig, in Anspruch<br />
zu nehmen und habe baldige<br />
Rückzahlung in Aussicht gestellt. Einen<br />
Teil des neuen Geldes habe ich<br />
sofort verwenden müssen, m<strong>eine</strong> Ausrüstung<br />
für den Winter, der außergewöhnlich<br />
früh und hart in den Nordstaaten<br />
eingesetzt � viel früher als zu<br />
erwarten und darum in m<strong>eine</strong>m <strong>Reise</strong>plan<br />
eingesetzt war � zu ergänzen:<br />
Schafpelz und Decken, um auch weiterhin<br />
nachts im Auto schlafen zu können<br />
($ 24). Außerdem war notwendig<br />
für die einsamen Strecken der High<br />
plains, des Gebirges im Yellowstone<br />
Park, den ich von Butte (Kupfer) nach<br />
Salt Lake City (Kupfer) durchqueren<br />
muß und für die Wüste westlich Salt<br />
Lake: ein Ersatzbenzintank ($ 8), zwei<br />
Wassersäcke ($ 6,50), Kochapparat ($<br />
5) und schließlich, auf dringenden Rat<br />
Eingeweihter, <strong>eine</strong> Pistole mit Munition<br />
($ 27). Nun bin ich in der Lage knapp<br />
bis Salt Lake City Gasolin zu kaufen<br />
und das Notwendigste zum Leben. Ich<br />
wäre der Notgemeinschaft sehr zu<br />
Dank verpflichtet, wenn sie es ermöglichte<br />
durch <strong>eine</strong>n Vorschuß von $ 350<br />
�400, für dessen baldige Rückzahlung<br />
nach m<strong><strong>eine</strong>r</strong> Rückkehr ich Sorge tragen<br />
würde, die Gelegenheit zu schaffen,<br />
die bis ins einzelne immer weiter<br />
durchgearbeitete, von industriellen,<br />
landwirtschaftlichen und amtlichen<br />
Stellen in jeder Weise geförderte <strong>Reise</strong><br />
fortzusetzen und zu dem erwarteten<br />
wissenschaftlichen Ergebnis zu führen,<br />
trotz des unglücklichen Zwischenfalls,