Wenn einer eine Reise tut... - Adolf-Reichwein-Verein
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malige und intensive Erfahrungen in<br />
den USA, Mexiko und Ostasien gesammelt.<br />
III Der Verlauf der <strong>Reise</strong><br />
Der Verlauf der <strong>Reise</strong> ergibt sich aus<br />
<strong>eine</strong>m Brief an Becker, den Briefen an<br />
die NG und aus den privaten Briefen<br />
ziemlich genau. 76 Die fachliche Planung<br />
der <strong>Reise</strong> nahm er insbesondere<br />
in Berlin vor (Anhang I Nr. II): er ließ<br />
sich von den �Herren in der Amerika-<br />
Abteilung� des Auswärtigen Amtes<br />
persönlich beraten, vom Amerikainsti<strong>tut</strong>,<br />
von der Berliner Stelle des U.S.<br />
Department of Agriculture und von<br />
�Herren ..., die vor kurzer Zeit drüben<br />
gewesen sind � Ich erwähne nur<br />
Herrn Staatssekretär z. D. Professor<br />
Hirsch, Berlin, Herrn Legationsrat<br />
Professor Brinkmann, Heidelberg,<br />
Herrn Redakteur Dr. Feiler, Frankfurt.�<br />
Für Mexiko nannte er Professor Lehmann<br />
(Forschungsinsti<strong>tut</strong> des Völkermuseums).<br />
Die genaue Planung � zumindest<br />
der Besuchsstationen, wenn<br />
nicht vieler Orte � erfolgte mit Hilfe von<br />
Banken und Industrieorganisationen in<br />
New York, Ministerien und der Deutschen<br />
Botschaft in Washington sowie<br />
den deutschen Generalkonsulaten in<br />
New York und Chicago. In New York<br />
besorgte er sich Material von den Research<br />
Departments der großen Banken<br />
und Industrieorganisationen, er<br />
nennt National Industrial Conference<br />
Board, National City Bank, Federal<br />
Reserve Bank, International Acceptance<br />
Bank, U.S. Fruit Company u.s.w. In<br />
Washington besuchte er drei Ministerien:<br />
sämtliche (!) Abteilungen des Department<br />
of Agriculture; die Rohstoffsachverständigen<br />
(Kohle, Öl,<br />
Kupfer u.s.w.) im Department of<br />
76 Im Bericht an die NG vom 19.9. (Anhang<br />
I Nr. III) nennt <strong>Reichwein</strong> <strong>eine</strong> bestimmte<br />
Reihenfolge der Orte: New York � Baltimore<br />
� Philadelphia � Washington �<br />
Cleveland � Pittsburg � Detroit � Marquette<br />
� Lansing � Chicago. Diese Folge entspricht<br />
nicht immer der tatsächlichen Lage<br />
der Orte zueinander, stellt auch evtl. nicht<br />
ihre exakte Aufeinanderfolge bei der <strong>Reise</strong><br />
dar. Möglicherweise ist aber auch Übermüdung<br />
die Ursache, da der Brief auch sonst<br />
Nachlässigkeiten aufweist (Schreibfehler,<br />
Amerikanismen). Insbesondere der Weg in<br />
Michigan ist unklar; dort traf er sich von<br />
Norden kommend mit Herrmann. Vgl. a.<br />
Anm. 66.<br />
reichwein forum Nr. 15 Juni 2010<br />
31<br />
Commerce und Department of Interior<br />
(Geological Survey). Er verabredete<br />
<strong>eine</strong>n Besuch �der beiden auswärtigen<br />
Versuchsfarmen� des Department of<br />
Agriculture und der tierpathologischen<br />
Insti<strong>tut</strong>e und Laboratorien; er hatte Besprechungen<br />
mit dem Insti<strong>tut</strong>e of Economics.<br />
Er versorgte sich mit Material<br />
aus dem Government Printing Office.<br />
Er sprach mit Wissenschaftlern der<br />
Universität Washington D.C. und Pittsburg<br />
sowie aller Colleges of Agriculture<br />
an s<strong>eine</strong>m <strong>Reise</strong>weg. Aus dem<br />
�Blitzlicht� ist zu erfahren, dass er mit<br />
Sozialisten und Gewerkschaftern<br />
Kontakt aufnahm, was natürlich im<br />
Brief an die NG nicht erwähnt wurde;<br />
in New York saß er <strong>eine</strong>s Abends in<br />
<strong>eine</strong>m Kommunistenklub. 77<br />
Für den ersten Teil der <strong>Reise</strong> bis Chicago<br />
(Anhang II) unterrichtet der sehr<br />
exakte Brief an die NG vom 19. September<br />
über alle wichtigen Orte und<br />
den Zweck des jeweiligen Besuches;<br />
inhaltlich bietet nur das �Blitzlicht� Ergänzungen<br />
für New York, Washington,<br />
Duluth, Michigan und Chicago, dieses<br />
allerdings umfangreich. Der NG-Brief<br />
nennt außer New York und Chicago 14<br />
Orte in 9 Staaten für 32 Tage. <strong>Reichwein</strong><br />
ist durchschnittlich 120 km pro<br />
Tag gefahren, insgesamt 2.600 oder<br />
2.400 Meilen � 4.186 km oder 3.864<br />
km. 78<br />
Für den zweiten Teil der <strong>Reise</strong> (Anhang<br />
III) zwischen dem 19. September<br />
in Chicago und dem 17. November in<br />
Seattle nennt der zweite Rechenschaftsbrief<br />
an die NG vom 9. Dezember<br />
nur die Staaten, die er durchfuhr,<br />
und die Besuchszwecke; über etwa 14<br />
Orte erfahren wir fast allein aus den<br />
privaten Briefen 79 und dem �Blitzlicht�.<br />
77 Blitzlicht S. 22, 25-36. Die Anmerkungen<br />
S. 28f. sind aufschlussreich: der Zivilingenieur<br />
Bennet war ihm zur Kenntnis der Geschichte<br />
der Arbeiterbewegung behilflich;<br />
als Autoren nennt <strong>Reichwein</strong> den Afroamerikaner<br />
Du Bois und den Sozialisten Scott<br />
Nearing; <strong>Reichwein</strong> schreibt im übrigen:<br />
�man ist � darauf angewiesen, sich das<br />
Material selbst zusammenzusuchen und zu<br />
ordnen.�<br />
78 Widersprüchliche Angaben im Brief vom<br />
19.9. aus Chicago an die NG (Anhang I Nr.<br />
III): 2400 und 2600 Meilen; Brief 3.10. aus<br />
Madison an Frau Hada Schüler: 2600 Meilen<br />
(Pallat Nr. 67).<br />
79 Pallat Nr. 65 bis 83.<br />
Die gefahrene Strecke betrug seit Chicago<br />
7.094 km, also wiederum durchschnittlich<br />
120 km pro Tag.<br />
Die Autoreise von New York bis Seattle<br />
war <strong>eine</strong> gewaltige Leistung, ohne<br />
Alaska � 7.000 Meilen, also 11.270<br />
km. 80<br />
Für den dritten abschließenden Teil<br />
der <strong>Reise</strong> in Amerika (Anhang IV) sind<br />
die exakten Informationen notdürftig.<br />
Die Berichtspflicht gegenüber der NG<br />
war mit dem Brief vom 9. 12. und dem<br />
Ende ihrer Finanzierung erfüllt; ihr gegenüber<br />
musste <strong>Reichwein</strong> allein die<br />
verschobene Heimkunft und die Verspätung<br />
s<strong>eine</strong>s Berichts erklären.<br />
Denn er unternahm ungeplant zwei<br />
Abstecher � nach Alaska und Ostasien.<br />
Der zeitliche Ablauf der Alaskareise<br />
ist unklar, denn die Dokumente<br />
<strong>Reichwein</strong>s und die Angaben in den<br />
�Geschichten�� �Erlebnisse mit Tieren<br />
und Menschen� stimmen nicht überein<br />
(Anhang V). Im Brief an die NG vom 9.<br />
Dezember 1926 erwähnt er als Ergebnis<br />
dieser <strong>Reise</strong> Kenntnisse der Rentierzucht,<br />
der Goldwäscherei und Fallenstellerei<br />
aus eigener Anschauung.<br />
Wegen der �außergewöhnlich starken<br />
Regenzeit� (ebda.) fuhr er vorerst nicht<br />
nach Mexiko, sondern brach zu <strong><strong>eine</strong>r</strong><br />
Ostasienreise auf, über die aus s<strong>eine</strong>m<br />
Brief an Paquet (Anhang I Nr. IX)<br />
zusätzliche Aspekte bekannt werden<br />
(z. B. der Aufenthalt auf den Philippinen<br />
81 ). Nach der Rückkehr fuhr er Ende<br />
März nach San Francisco oder Los<br />
Angeles, wo er sein Auto vermutlich<br />
mit Verlust verkaufte. 82 Er hatte nun<br />
insgesamt 8.000 Meilen oder 12.800<br />
km mit dem eigenen Pkw zurückgelegt.<br />
83<br />
Berücksichtigt man das umfangreiche<br />
Besichtigungsprogramm <strong>Reichwein</strong>s,<br />
die Tage auf Farmen und im Wald,<br />
�private� Pausen (z. B. bei Prof. Hagen<br />
80 Brief an NG 9.12.26 (Anhang I Nr. VI).<br />
81 Amlung bezweifelte dies in Unkenntnis<br />
dieses Briefes (S. 520 Anm. 127). In der<br />
Selbstdarstellung 1933 verweist er auf die<br />
Philippinen (Pallat S. 258). In <strong>eine</strong>m Brief<br />
an die Familie schreibt er 1928(?) von der<br />
�Bildersendung von den Philippinen� (RA<br />
REICH 77).<br />
82 Pallat Nr. 80.<br />
83 So die Angabe im Brief an Paquet (An-<br />
hang I Nr. IX).