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Wenn einer eine Reise tut... - Adolf-Reichwein-Verein

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eichwein forum Nr. 15 Juni 2010<br />

derstandskämpfer, der als Mitglied des Kreisauer<br />

Kreises im Oktober 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet<br />

wurde. Eine Tafel am Gymnasium erinnert<br />

daran.<br />

<strong>Wenn</strong> Rainer von Sivers, Koordinator der Initiative Zivilcourage,<br />

Interessierte auf <strong>eine</strong>m Rundgang über<br />

Leben und Wirken <strong>Reichwein</strong>s und s<strong>eine</strong>n Bezug zu<br />

Halle informiert, dann ist jene dunkle Tafel meist der<br />

Ausgangspunkt. Auch der Hintereingang des Gebäudes,<br />

noch im Originalzustand, ist interessant, haben<br />

sich doch die Lehrer auf der Treppe davor zum letzten<br />

Mal vor der Schließung der Akademie zusammengefunden.<br />

Als Professor für Geschichte und Staatsbürgerkunde<br />

wird <strong>Reichwein</strong> an die neu gegründete Pädagogische<br />

Akademie in Halle berufen - exakt in jenem Jahr<br />

1930, in dem er auch Mitglied der SPD wird. Der Unterricht<br />

hat ihm mit Sicherheit Freude gemacht, werden<br />

an der Hochschule doch Überzeugungen vermittelt,<br />

die auch die s<strong>eine</strong>n sind: Um Reformbestrebungen<br />

geht es, die Anfang des 20. Jahrhunderts in<br />

Deutschland aufkamen. Auf den Zusammenhang von<br />

geistiger und körperlicher Arbeit wird Wert gelegt, auf<br />

den Ausbau von Kindergärten und Vorschul-<br />

Einrichtungen und - unter anderem - auf die Volkshochschulen,<br />

an deren Aufbau <strong>Reichwein</strong> in den 20er<br />

Jahren selbst mitgewirkt hat.<br />

Während s<strong><strong>eine</strong>r</strong> dreijährigen Tätigkeit in Halle hält<br />

<strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> an insgesamt sechs Abenden auch<br />

Vorträge an der Volkshochschule. Sie trägt seit 2007 -<br />

als erste und bis zu diesem Zeitpunkt einzige in<br />

Deutschland - s<strong>eine</strong>n Namen. Im April vorigen Jahres<br />

wurde <strong>eine</strong> Ausstellung über den Pädagogen und Politiker<br />

gezeigt, zu deren Eröffnung alle vier <strong>Reichwein</strong>-<br />

Kinder gekommen waren.<br />

65<br />

Und die Einrichtung in der Diesterwegstraße war<br />

2008 auch Gastgeber der Jahrestagung des <strong>Adolf</strong>-<br />

<strong>Reichwein</strong>-<strong>Verein</strong>s.<br />

<strong>Reichwein</strong> wohnt während s<strong>eine</strong>s Aufenthalts in Halle<br />

zunächst in der Burgstraße 43. Es ist jenes Haus, in<br />

dem im Jahre 1903 Hans Litten geboren wurde. Litten<br />

war in der Weimarer Republik <strong><strong>eine</strong>r</strong> der bekanntesten<br />

Rechtsanwälte der Roten Hilfe, der politisch verfolgte<br />

Arbeiter verteidigte und 1938 im Konzentrationslager<br />

Dachau ums Leben kam. Es ist, so meint Rainer von<br />

Sivers, ein ebenso merkwürdiger wie geschichtsträchtiger<br />

Zufall, dass <strong>Reichwein</strong> und Litten, obwohl sie<br />

sich nie kennenlernten, beide in diesem Haus wohnten.<br />

"Zwei Männer, die Brüder im Geiste waren, lebten<br />

im selben Haus." Er fügt hinzu: "Es wäre schön, wenn<br />

auch für <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> <strong>eine</strong> kl<strong>eine</strong> Gedenktafel angebracht<br />

würde." Später zieht <strong>Reichwein</strong> in <strong>eine</strong> Wohnung<br />

am Landrain.<br />

An der Pädagogischen Akademie lernt <strong>Reichwein</strong> auch<br />

Rosemarie Pallat kennen, die er 1933 heiratet. Es ist<br />

s<strong>eine</strong> zweite Ehe, aus der vier Kinder - Roland, Renate,<br />

Kathrin und Sabine - hervorgehen. Doch es ist<br />

auch aus anderer Sicht ein Schicksalsjahr: Aus politischen<br />

Gründen wird der Pädagoge, der sich stark für<br />

die Demokratisierung des Bildungssystems einsetzte,<br />

entlassen. Die Akademie wird nach der Machtübernahme<br />

der Nazis nach Hirschberg in Schlesien verlegt,<br />

aber schon bald darauf aufgelöst.<br />

<strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> gehört ab 1940 dem Kreisauer Kreis<br />

an und hält Kontakt zu Teilen des kommunistischen<br />

Widerstands. 1944 nimmt er Verbindung zur Gruppe<br />

um Anton Saefkow, Franz Jacob und Bernhard Bästlein<br />

auf. Die Mitglieder werden von <strong>eine</strong>m Gestapo-<br />

Spitzel verraten und am 20. Oktober 1944 durch den<br />

so genannten Volksgerichtshof zum Tode verurteilt.

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