Wenn einer eine Reise tut... - Adolf-Reichwein-Verein
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attler Zeitung [wohl Working People]<br />
vom 25. November 1926 wurde er als<br />
�expert in geographical economics�<br />
genannt. 136 Der Polizei in Seattle<br />
nannte er bei der Anzeige des Diebstahls<br />
� wohl im März 1927 �� �Nationalökonom�<br />
als Beruf, 137 er arbeitete<br />
damals an s<strong>eine</strong>m Buch �Rohstoffwirtschaft�.<br />
Offensichtlich standen die zwei<br />
Aspekte s<strong>eine</strong>s Berufes Erwachsenenpädagoge<br />
in <strong>eine</strong>m Spannungsverhältnis;<br />
der begeisterte Pädagoge<br />
�bildete� Jungarbeiter in Kursen und<br />
ging mit ihnen auf Fahrten; der Wirtschaftsfachmann<br />
sah die Erklärung<br />
wirtschaftlicher Zusammenhänge als<br />
sein eigentliches Fachgebiet an. Diese<br />
Spannung beschrieb er im Brief an E.<br />
R. Curtius am 25. Januar 1928: �Ich<br />
schwanke und schwanke zwischen<br />
Heidelberg und hier. Das �soziale� hält<br />
mich wie ein Panzer fest.� 138 Im Brief<br />
an den Vater vom Schiff vor der Pazifikküste<br />
(22. 12. 26) hatte es geheißen:<br />
�Vielleicht muß ich bald die Jenenser<br />
verlassen, so leid es mir tun<br />
würde. Aber ich kann noch gar nicht<br />
übersehen, welche Folgen die <strong>Reise</strong><br />
haben wird.� 139 Offensichtlich wusste<br />
<strong>Reichwein</strong> nicht, ob er Pädagoge bleiben<br />
oder Wissenschaftler, gar Publizist<br />
werden sollte. 140<br />
136<br />
Es handelt sich um <strong>eine</strong>n Zeitungsausschnitt,<br />
zu lesen ist nur: �ing people�:<br />
Schulz deutet ihn naheliegend als Working<br />
People, vgl. Schulz, wie Anm. 45, zu Nr. 75.<br />
Im Zeitungsausschnitt datieren zwei Meldungen<br />
vom 24.11., daher ist der 25. wohl<br />
das Erscheinungsdatum.<br />
137<br />
Brief 12.3.1927 an v. Schweinitz (Anhang<br />
I Nr. VIII).<br />
138<br />
Pallat Nr. 90.<br />
139<br />
Pallat Nr. 77.<br />
140<br />
An Irene Schopbach hatte <strong>Reichwein</strong> am<br />
21.2.1938 (Pallat Nr. 142) geschrieben: �Ich<br />
habe in den vergangenen 10 Jahren schon<br />
mehrmals vor der Frage gestanden, ob ich<br />
zur Presse gehen wolle�. In <strong>eine</strong>m Brief an<br />
die Eltern (27.12.1925, RA REICH 74, Bl.<br />
32-33) schrieb er: �Ich bekam neulich <strong>eine</strong><br />
Aufforderung <strong>eine</strong> Arbeit in Frankfurt zu<br />
übernehmen;� ich vermute, dass es sich um<br />
ein Angebot der Frankfurter Zeitung handelte.<br />
1926/27 gründete Alfred Weber in<br />
Heidelberg ein Zeitungswissenschaftliches<br />
Insti<strong>tut</strong>/ Insti<strong>tut</strong> für Zeitungswesen<br />
(http://www.uni-heidelberg.de/organe/uar/bestand/files/rep13_121<br />
.html: Repertorien des Universitätsarchivs<br />
Heidelberg, 10.3.2010): da sich <strong>Reichwein</strong><br />
öfters in Heidelberg aufhielt (vgl. Anm.<br />
reichwein forum Nr. 15 Juni 2010<br />
36<br />
Schon im Oktober 1920 (!) � vor Bodenrod<br />
� war von <strong>eine</strong>m fehlgeschlagenen<br />
Assistentenprojekt die Rede,<br />
ein inhaltlicher Bezug wird nicht genannt.<br />
141 � �Die Rohstoffe der Erde im<br />
Bereich der Wirtschaft� erschienen<br />
1924, ein Jahr nach der Dissertationsveröffentlichung;<br />
das Buch setzt längere<br />
Vorarbeit voraus, dementsprechend<br />
spricht er im Antrag an die NG vom 4.<br />
Juli 1926 (Anhang I Nr. I), ebenso in<br />
der Selbstdarstellung 1933 davon,<br />
dass er �seit Jahren� speziell am Thema<br />
Rohstoffwirtschaft arbeite, also<br />
wohl mindestens seit 1923, wenn nicht<br />
schon früher, worauf s<strong>eine</strong> Vorträge zu<br />
wirtschaftspolitischen Themen in der<br />
Akademischen <strong>Verein</strong>igung hinweisen.<br />
142 Am 27. Dezember 1925<br />
schrieb er der Familie von �straffer<br />
wissenschaftlicher Arbeit� (s. oben); er<br />
habe ein Angebot aus Frankfurt abgelehnt,<br />
�weil ich erst hier noch den<br />
Grundstein fertig legen will, damit dann<br />
ein anderer die Arbeit fortführen möge�.<br />
143 Die neu gefundenen Dokumente<br />
zeigen <strong>Reichwein</strong>s Absicht, sich<br />
in Jena mit Staatswissenschaften/ Nationalökonomie<br />
zu habilitieren. Der<br />
Schluss ist erlaubt, dass <strong>Reichwein</strong><br />
seit s<strong><strong>eine</strong>r</strong> Marburger Zeit bis 1933<br />
zwischen <strong><strong>eine</strong>r</strong> direkten pädagogischen<br />
Tätigkeit und der wissenschaftlichen<br />
Laufbahn als Ökonom<br />
schwankte. Offensichtlich sind auch<br />
s<strong>eine</strong> intensiven Beziehungen zu Heidelberg<br />
und den Kreis um Alfred Weber<br />
144 in diesen Zusammenhang ein-<br />
130), könnte auch hier ein Zusammenhang<br />
bestehen; vgl. dazu Wunder, Bedeutung,<br />
wie Anm. 34, S. 34. Im Archiv der Frankfurter<br />
Societätsdruckerei, vgl. Anm. 130,<br />
findet sich ein relativ dichter Briefwechsel<br />
<strong>Reichwein</strong>s mit dem Vorsitzenden der Redaktionskonferenz<br />
der Frankfurter Zeitung<br />
sowie Geschäftsführer der Societäts-<br />
Druckerei Heinrich Simon 1929/30. Am<br />
18.2.1930 schreibt <strong>Reichwein</strong> an ihn: �dass<br />
ich ihre an mich gerichtete Frage als ehrenvoll<br />
und irgendwie verpflichtend empfunden<br />
habe�. Diese Spur der publizistischen beruflichen<br />
Möglichkeiten verfolge ich nicht,<br />
da ich in ihr k<strong>eine</strong>n engeren Zusammenhang<br />
zur USA-<strong>Reise</strong> sehe.<br />
141<br />
Wunder, Bedeutung, wie Anm. 34, S. 34.<br />
142<br />
Ockershäuser Blätter 19 und 20, 1924.<br />
143<br />
RA REICH 74, Bl. 32-33 (Brief an die<br />
Familie).<br />
144<br />
Pallat S. 354: Dort wird die Verbindung<br />
auf die Zeit um 1930 verengt. Tatsächlich<br />
zuordnen. Der Satz im Brief vom 1.<br />
Juli 1926 an die Mutter über die Offenheit<br />
s<strong><strong>eine</strong>r</strong> Entscheidung deutet dieses<br />
Schwanken an, die Belehrung des<br />
Bruders Richard im Brief vom 27. Juli<br />
1926 an die Familie zeigt s<strong>eine</strong> Hochschätzung<br />
wissenschaftlicher Arbeit<br />
sowie auch sein eigenes Karrieredenken:<br />
�Ich habe ... Richard .... eingeschärft,<br />
dass er mit allen ihm zur Verfügung<br />
stehenden Mitteln wissenschaftlich<br />
arbeiten u. ein paar Zeitschriftenaufsätze<br />
schreiben soll. Das<br />
ist notwendig, um bekannt zu werden.<br />
Und man muß bekannt werden, wenn<br />
man s<strong>eine</strong> Kraft an <strong>eine</strong>m möglichst<br />
einflussreichen Platz einsetzen will.� 145<br />
Zweck der USA-<strong>Reise</strong> war das Studium<br />
der amerikanischen Rohstoffwirtschaft,<br />
das Motiv der Wille zu <strong><strong>eine</strong>r</strong><br />
außerordentlichen wissenschaftlichen<br />
Leistung, die zur Habilitation führen<br />
sollte. Dementsprechend werden in<br />
den offiziellen Briefen stichwortartig<br />
die Produktionsbedingungen der<br />
Landwirtschaft (besonders Getreide,<br />
Viehzucht, Obstbau), die Verwertung<br />
ihrer Produkte, die Gewinnung von Erzen,<br />
Gold und Kohle sowie ihre Verarbeitung,<br />
die Maschinenproduktion, die<br />
Autofabrikation, Zementherstellung,<br />
die Waldwirtschaft (Holzgewinnung,<br />
Pelze), die Nutzung der Wasserkraft<br />
genannt, in Mexiko die Ölwirtschaft.<br />
Indem <strong>Reichwein</strong> <strong>eine</strong> spezifische<br />
Kompetenz � Rohstoffwirtschaft � besaß,<br />
war sein Umgang mit ökonomischen<br />
Überlegungen gut fundiert. Der<br />
Grund s<strong><strong>eine</strong>r</strong> Leidenschaft für Rohstoffwirtschaft<br />
hat wohl zwei eng miteinander<br />
verbundene Motive.<br />
Das erste Zeugnis von <strong>Reichwein</strong>s<br />
Beschäftigung mit der Rohstoffwirtschaft<br />
ist das 1924 in Weimar veröffentlichte<br />
99seitige Buch �Die Rohstoffe<br />
der Erde im Bereich der Wirtschaft�;<br />
146 es war aus Vorträgen vor<br />
bestand sie schon 1927, wie die Erinnerung<br />
Elisabeth Schmidts zeigen (vgl. Anm. 130).<br />
Auch der Brief an Curtius vom 25.1.1928<br />
(Pallat Nr. 90) weist auf länger bestehende<br />
Heidelberger Kontakte hin.<br />
145 Pallat Nr. 65.<br />
146 Herausgegeben von der Werkgemeinschaft<br />
der Volkswirtschaftsschule des Landes<br />
Thüringen. In Kommission beim Thü-