Wenn einer eine Reise tut... - Adolf-Reichwein-Verein
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<strong>eine</strong>m deutschen Agronomen <strong>eine</strong><br />
Durchquerung des nordamerikanischen<br />
Kontinents zu unternehmen, deren<br />
Verwirklichung für die Entwicklung<br />
m<strong><strong>eine</strong>r</strong> gegenwärtigen wissenschaftlichen<br />
Arbeiten von ausserordentlicher<br />
Bedeutung wäre. Die Mittel für die<br />
Herstellung des Wagens, der gegenwärtig<br />
nach eigenen Angaben eigens<br />
für die <strong>Reise</strong> eingerichtet in den Fordwerken<br />
gebaut wird, und für die erste<br />
Durchquerung von New York nach<br />
San Francisco werden von dritter Seite<br />
aufgebracht, während die Rückfahrt<br />
über Südkalifornien, Nordmexiko, Texas<br />
und Georgia, sowie die Kosten für<br />
m<strong>eine</strong> doppelte Seereise auf andere<br />
Weise bereit gestellt werden müssen.<br />
Die konkrete Forschungsaufgabe, um<br />
die es sich für mich dabei handelt, liegt<br />
im Rahmen <strong><strong>eine</strong>r</strong> Arbeit, die ich im<br />
Auftrage des Verlags Gustav Fischer/<br />
Jena durchführe, und die zugleich<br />
m<strong><strong>eine</strong>r</strong> alsbaldigen Habilitation an der<br />
hiesigen Universität dienen soll: �Die<br />
Rohstoffe der Weltwirtschaft�. Diese in<br />
erster Linie als descriptiv gedachte Arbeit<br />
wird als Grundlage für <strong>eine</strong> ebenfalls<br />
bereits in Angriff genommene<br />
zweite umfassendere Arbeit aufgefasst,<br />
deren Ergebnis <strong>eine</strong> systematische<br />
Darstellung der gesamten Rohstoffwirtschaft,<br />
sowohl ihrer Statik wie<br />
ihrer Dynamik sein wird. Es ist ohne<br />
weiteres einsichtig, dass die Qualität<br />
gerade <strong><strong>eine</strong>r</strong> solchen Untersuchung in<br />
besonderem Masse von dem zur Verfügung<br />
stehenden persönlichen Anschauungsmaterial<br />
abhängig ist. Ich<br />
habe mich in den letzten Jahren bereits<br />
aus eigenen Kräften bemüht,<br />
durch <strong>Reise</strong>n in die europäischen<br />
Länder solche Anschauung im Rahmen<br />
des mir Möglichen zu sammeln.<br />
Das Einzigartige der mir jetzt angebotenen<br />
<strong>Reise</strong> ist ihre Grosszügigkeit<br />
sowie die gesamte Technik ihrer<br />
Durchführung. Es wird sich wohl kaum<br />
wieder <strong>eine</strong> solche Gelegenheit bieten,<br />
ganz unabhängig von den Bindungen<br />
der Eisenbahnstrassen, nach rein wissenschaftlichen<br />
Gesichtspunkten die<br />
doppelte Durchquerung <strong>eine</strong>s Wirtschaftsbereiches<br />
vorzunehmen, dessen<br />
Bedeutung im Rahmen <strong><strong>eine</strong>r</strong> Weltrohstoffwirtschaft<br />
in mancher Bezie-<br />
reichwein forum Nr. 15 Juni 2010<br />
40<br />
hung entscheidend ist. Ich glaube, unbedingt<br />
versichern zu können, dass<br />
die persönliche Gewähr für <strong>eine</strong> sachgemässe<br />
Durchführung des Unternehmens<br />
sowohl in der Person des<br />
zweiten Herren, der daran teilnehmen<br />
wird, <strong>eine</strong>s deutschen Agronomen,<br />
den besonders die landwirtschaftlichen<br />
Verhältnisse interessieren, wie auch in<br />
m<strong>eine</strong>n sachlichen <strong>Reise</strong>rfahrungen[!]<br />
gegeben ist.<br />
Als Beleg für m<strong>eine</strong> seitherigen wissenschaftlichen<br />
Arbeiten erlaube ich<br />
mir, zwei Buchveröffentlichungen ergebenst<br />
zu unterbreiten, deren erste<br />
<strong>eine</strong>n historischen Gegenstand behandelte,<br />
deren zweite, in Abrissform,<br />
schon das Gebiet umschrieben hat,<br />
auf dem ich nun seit Jahren speziell<br />
weiterarbeite:<br />
Erstens �China und Europa� (deutsche<br />
und englische Ausgabe);<br />
Zweitens: �Die Rohstoffe der Erde.�<br />
An die Notgemeinschaft der deutschen<br />
Wissenschaft richte ich nun die ergebenste<br />
Bitte, mir bei der Schaffung der<br />
unerlässlichen Voraussetzungen für<br />
die vorliegende <strong>Reise</strong> mit <strong>eine</strong>m Zuschuss<br />
von 2500.- M behilflich zu sein.<br />
Mit Gewährung dieser Summe wären<br />
wenigstens die primitivsten Anforderungen,<br />
wie Hin- und Rückreise zur<br />
See, zu befriedigen. <strong>Wenn</strong> die Möglichkeit<br />
bestünde, von Seiten der Notgemeinschaft<br />
<strong>eine</strong> etwas höhere<br />
Summe einzusetzen, so wäre damit<br />
der Rahmen geschaffen, evtl. das <strong>Reise</strong>programm<br />
nutzbringend zu erweitern,<br />
ohne dass doch im Verhältnis dazu<br />
erhebliche Mehraufwendungen<br />
notwendig würden.<br />
Da die Einschiffung aus verschiedenen<br />
sachlichen Gründen bereits am 30. Juli<br />
in Hamburg erfolgen muss, wäre ich<br />
mit Rücksicht auf die vorher noch notwendigen<br />
Vorbereitungen (Visum<br />
usw.) für <strong>eine</strong> baldige Behandlung<br />
m<strong>eine</strong>s Ersuchens sehr zu Dank verpflichtet.<br />
Zur näheren Unterrichtung darf ich ergebenst<br />
auf die beigefügten Anlagen<br />
wie auf <strong>eine</strong> Empfehlung des Herrn<br />
Ministers für Wissenschaft, Kunst und<br />
Volksbildung an Exzellenz Schmidt-Ott<br />
verweisen.<br />
In vorzüglicher Hochachtung Ergebenst<br />
Dr. <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> [handschriftlich]<br />
Nr. II 176<br />
[gedruckter Briefkopf:] Dr. A. <strong>Reichwein</strong>,<br />
Jena, Beutenberg 20<br />
Jena, den 22. VII.26<br />
Sehr verehrter Herr Minister,<br />
die Amerikareise, an deren Zustandekommen<br />
Sie ja so wesentlich beteiligt<br />
sind, steht nun vor der Tür. Am 28. Juli<br />
werde ich sie an Bord des �Columbus�<br />
beginnen. Ich möchte aber nicht abreisen,<br />
ohne Ihnen gesagt zu haben, wie<br />
dankbar ich es empfinde, dass Sie<br />
nicht nur in diesem Falle, sondern<br />
auch sonst schon immer an m<strong>eine</strong>n<br />
Schicksalen interessiert sind. Ich hoffe,<br />
dass wir Jungen durch unsere Leistungen<br />
zeigen können, dass solche<br />
Anteilnahme nicht ganz umsonst gewesen<br />
ist.<br />
Ihre freundliche Empfehlung an Exzellenz<br />
Schmidt-Ott ist sicher von vorneherein<br />
sehr bestimmend dafür gewesen,<br />
dass der amerikanische <strong>Reise</strong>plan<br />
von der Notgemeinschaft sehr<br />
entgegenkommend behandelt wurde.<br />
Von dieser Seite sind � nachdem auch<br />
Geheimrat Sering sich sehr warm für<br />
die Sache eingesetzt hatte � 3000.- M<br />
als Zuschuss bewilligt worden, womit<br />
ich nun die Sache wagen werde. Das<br />
auswärtige[!] Amt hat sich gleichfalls<br />
als sehr hilfsbereit erwiesen, die Herren<br />
in der Amerikaabteilung haben<br />
mich persönlich beraten. Von dort<br />
werde ich auch den amtlichen Vertretungen<br />
in den Staaten und in Mexiko<br />
avisiert. In gleicher Weise ist das Amerikainsti<strong>tut</strong><br />
mit eingesprungen, hat<br />
mich sehr gründlich beraten und <strong>eine</strong><br />
Reihe wichtiger Empfehlungen mitgegeben.<br />
Von der Berliner Stelle des<br />
U.S.Department of Agriculture sind mir<br />
verschiedene Einführungsschreiben<br />
für die zentralen staatlichen Organisationen<br />
drüben mitgegeben worden.<br />
Dem schlossen sich schriftliche Empfehlungen<br />
und mündliche Beratungen<br />
<strong><strong>eine</strong>r</strong> ganzen Reihe von Herren an, die<br />
176 GStA PK, VI. HA, Familienarchive und<br />
Nachlässe, Nachlass Carl Heinrich Becker<br />
(Depositum) 3425 <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong>.