Wenn einer eine Reise tut... - Adolf-Reichwein-Verein
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schreiben oder selbst hinzugehen�.<br />
�Es könnte nur für Sie selbst von<br />
Nachteil sein.� Sie dankte ihm für sein<br />
�Angebot�, �die 2 grösseren (Kinder)<br />
nehmen zu wollen�.<br />
Nach der Hinrichtung <strong>Reichwein</strong>s berichtete<br />
Edith Kuby in <strong>eine</strong>m Brief an<br />
Martha Rothe (kein Datum angegeben),<br />
dass Harro Siegel ihr am<br />
22.10.1944 geschrieben habe: �Unser<br />
Freund, der Flieger ist � so scheint es<br />
� vor ein paar Tagen operiert worden.�<br />
(LBD 1999, S. 380 und S. 419 f.)<br />
Am 16.10.1954, nach Annahme Rothes<br />
der Tag, an dem Rosemarie<br />
<strong>Reichwein</strong> ihren Mann vor 10 Jahren<br />
zum letzten Mal gesehen hatte (tatsächlich<br />
war es der 13.10.1944; vgl.<br />
LBD 1999, S. 245 und 364), schrieb<br />
Rothe (NRR) ihr, dass er mit s<strong>eine</strong>m<br />
Sohn Arnold das �Kapitel über Kreisau�<br />
aus dem Buch von Eberhard Zeller<br />
28 gelesen habe. Zeller habe <strong>Reichwein</strong><br />
dort �etwas zu zart gezeichnet�.<br />
Zartheit wäre <strong>eine</strong> Seite <strong>Reichwein</strong>s<br />
gewesen; er wäre aber auch �im<br />
schönsten Sinne beispielhaft und vorbildhaft<br />
verwegen, ganz geistig und<br />
vergeistigt verwegen� gewesen. Das<br />
Besondere in der Darstellung Zellers<br />
wäre aber �das Ineinanderverweben<br />
und -verwobensein mit allen Anderen<br />
zusammen, <strong>eine</strong> wahrhaft congeniale<br />
Gruppe und unsterbliche Elite�, und<br />
wie <strong>Reichwein</strong> �in ihrer Mitte steht und<br />
strahlt�.<br />
3. Erinnerungsarbeit für <strong>Adolf</strong><br />
<strong>Reichwein</strong> nach 1945<br />
Wie den anderen Freunden <strong>Reichwein</strong>s<br />
lag auch Rothe viel daran, die<br />
Erinnerung an <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong> wachzuhalten.<br />
Am 20.1.1946 (NRR) antwortete<br />
Rothe auf <strong>eine</strong>n Brief Rosemarie<br />
<strong>Reichwein</strong>s, in dem sie ihn u.a.<br />
wohl auf �<strong>Adolf</strong>s Arbeit und Nachlassenschaft�<br />
angesprochen hatte. Er<br />
dankte ihr für ihr �vieles Vertrauen�,<br />
doch wollte er �nichts unternehmen<br />
ohne die Zustimmung und ohne das<br />
Dazutun der drei anderen Freunde�,<br />
28 Vgl. Eberhard Zeller: Geist der Freiheit.<br />
Der 20. Juli. München (o.J.) 1952 - Die<br />
Darstellung über <strong>Reichwein</strong> befindet sich<br />
auf den Seiten 61 � 64 im Kapitel �Die Sozialisten�;<br />
das Kapitel �Der Kreisauer Kreis�<br />
auf den Seiten 70 � 89.<br />
reichwein forum Nr. 15 Juni 2010<br />
22<br />
denen er gleich noch schreiben wolle �<br />
gemeint waren Hans Bohnenkamp,<br />
Albert Krebs und Harro Siegel. S<strong><strong>eine</strong>r</strong><br />
Meinung nach sollten vor allem die<br />
pädagogischen Schriften <strong>Reichwein</strong>s,<br />
�im Mittelpunkt das Schaffende Schulvolk�,<br />
herausgegeben werden. Es<br />
sollte aber auch �ein größerer Lebensbericht�<br />
verfasst werden, aus dem das<br />
�Vorbild� <strong>Reichwein</strong> deutlich werden<br />
sollte. Am 15. Juli 1946 wurde dann<br />
das Rundschreiben �An <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong>s<br />
Freunde� verschickt. Die Absicht<br />
dieses Schreibens war es, die Schriften,<br />
Briefe und Dokumente von bzw.<br />
über <strong>Reichwein</strong> zu sammeln, um dann<br />
das �schriftstellerische Werk� <strong>Reichwein</strong>s<br />
herauszugeben und ein �Lebensbild�<br />
von ihm zu zeichnen (vgl.<br />
Basikow/Harik 2002, S.321).<br />
Unterschrieben war das Rundschreiben<br />
von Rosemarie <strong>Reichwein</strong>, Bohnenkamp,<br />
Krebs und Siegel; die Unterschrift<br />
von Rothe fehlte. Rosemarie<br />
<strong>Reichwein</strong> hatte in <strong>eine</strong>m Brief vom<br />
7.6.1946 (KB) 29 an Bohnenkamp darauf<br />
hingewiesen, dass man �vielleicht<br />
Rothes Unterschrift unter dem Rundbrief<br />
fortlassen� sollte, um nicht �zu viel<br />
unruhiges Blut� zu schaffen. Grund<br />
hierfür waren Bedenken Emil Henks<br />
gegen die Person Rothe. Henk hatte<br />
bereits in <strong>eine</strong>m Schreiben vom<br />
8.4.1946 (KB) an Bohnenkamp mitgeteilt,<br />
dass s<strong><strong>eine</strong>r</strong> Einschätzung nach<br />
<strong>eine</strong> Herausgabe des Nachlasses<br />
<strong>Reichwein</strong>s durch Rothe �zum Verbot<br />
in der brit. und amerikanischen Zone<br />
führen� würde; Rothe sei für die �Besatzungsbehörden�<br />
und auch für �uns<br />
Freunde���indiskutabel�. In <strong>eine</strong>m Brief<br />
vom 12.6.1946 (NRR) an Rosemarie<br />
<strong>Reichwein</strong> legte Henk s<strong>eine</strong> Bedenken<br />
gegen Rothe genauer dar. Sie beruhten<br />
vor allem auf Hinweisen s<strong>eine</strong>s<br />
Freundes Henry Goverts, der Rothe<br />
auch kannte. Rothe sei �Sekretär des<br />
europ. Schriftstellervereins unter Goebbels�<br />
gewesen; <strong>eine</strong> Herausgabe<br />
der Schriften <strong>Reichwein</strong>s durch Rothe<br />
führe mit Sicherheit �zu erheblichen<br />
Schwierigkeiten mit den Besatzungsmächten�;<br />
außerdem gebe es <strong>eine</strong><br />
deutliche �Gegnerschaft der Kommunisten�<br />
gegen Rothe. Dieser könne<br />
wohl �alle Vorarbeiten� für die Herausgabe<br />
der Schriften übernehmen, dürfe<br />
aber als Herausgeber nicht �in Erscheinung�<br />
treten. Rothe äußerte sich<br />
in mehreren Briefen zu diesen Bedenken.<br />
Er wisse nicht, weshalb Henk und<br />
Goverts ihn ablehnten und worauf sie<br />
eigentlich hinauswollten. In <strong>eine</strong>m Brief<br />
an Rosemarie <strong>Reichwein</strong> und die drei<br />
Freunde vom 9.7.1946 (KB) schrieb er:<br />
�Es sei denn, dass sie wirklich nicht<br />
wissen, was der Kreis über m<strong>eine</strong>n<br />
Eintritt in die Europäische Schriftsteller<br />
<strong>Verein</strong>igung beschlossen hat, oder<br />
dass Henk und Goverts erfahren haben,<br />
dass ich zweimal bei Aufenthalten<br />
in Berlin abgelehnt habe � unter Berufung<br />
auf das Vieraugensystem �<br />
mich an Beratungen in grösserem<br />
Kreis zu beteiligen, und dass sie mir<br />
daraus den Anwurf etwa der Doppelgleisigkeit<br />
machen wollen.� In diesem<br />
Brief wies er auch darauf hin, dass die<br />
�badischen Kommunisten� ihn als ihren<br />
�politischen Gegner�ansehen, weil er<br />
�ihre totalitären Methoden beim Namen<br />
in aller Öffentlichkeit genannt�<br />
habe. In <strong>eine</strong>m Brief an Rosemarie<br />
<strong>Reichwein</strong> vom 28.5.1946 (NRR) hatte<br />
er bereits klargestellt, dass er �selbstverständlich<br />
von der Herausgeberarbeit<br />
zurücktrete�, wenn es für die Arbeit<br />
erforderlich ersch<strong>eine</strong>. Die Herausgabe<br />
der Schriften <strong>Reichwein</strong>s<br />
dürfe nicht durch solche �Divergenzen�<br />
beeinträchtigt werden, und es dürfe<br />
auch nicht der �Verdacht� aufkommen,<br />
dass er durch diese Arbeit �s<strong>eine</strong><br />
eventuell ramponierte Fassade weiss<br />
streichen� wolle. In diesem Brief hob er<br />
auch hervor, dass <strong>Reichwein</strong> ihn dazu<br />
bewegt habe, das Amt des Generalsekretärs<br />
in der Europäischen Schriftstellervereinigung<br />
anzunehmen: Henk<br />
�wird auch die Zusammenhänge mit<br />
der Europäischen Schriftsteller <strong>Verein</strong>igung<br />
nicht kennen, deren Verwaltung<br />
mir angetragen wurde und die ich<br />
ablehnte, dann aber, nachdem A. mich<br />
lange bearbeitet hat, doch übernahm,<br />
um draußen sofort und fürs künftige zu<br />
29 Korrespondenz Bohnenkamp im <strong>Adolf</strong>-