Die Präsidenten der Kirche - The Church of Jesus Christ of Latter ...
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Man kann nur dann frei sein, wenn man umkehrt<br />
Begebenheit Spencer W. Kimball hat einmal folgendes erzählt:<br />
„Wenn jemand versucht, sich <strong>der</strong> Wirklichkeit zu entziehen und <strong>der</strong> Strafe zu<br />
entgehen – die Lage also nicht zu bereinigen –, so gleicht er dem Ausbrecher, <strong>der</strong><br />
ein schweres Verbrechen begangen hatte und zu lebenslanger Haft verurteilt worden<br />
war. Er meinte, er habe bei seinen Machenschaften sehr schlau gehandelt<br />
und sei nur durch einen Irrtum o<strong>der</strong> eine Tücke des Schicksals gefaßt worden.<br />
192<br />
In den langen, gnadenlosen Stunden hinter Gittern plante er seinen Ausbruch.<br />
Mit viel Geschick und Mühe fertigte er sich eine winzige Säge, mit <strong>der</strong> er beinahe<br />
ununterbrochen während <strong>der</strong> Nacht arbeitete, bis er endlich einen Gitterstab<br />
durchgesägt hatte. Er wartete den ihm günstig erscheinenden Augenblick in <strong>der</strong><br />
Stille <strong>der</strong> Nacht ab, bog den Stab zur Seite und zwängte sich durch die Öffnung.<br />
Als er das Gitter hinter sich hatte, dachte er: ,Endlich bin ich frei!‘ Und dann<br />
erkannte er, daß er sich erst im inneren Gang des Gefängnisses befand, daß er<br />
noch nicht in Freiheit war.<br />
Er schlich vorsichtig den Gang entlang bis zur Tür und stellte sich dort in eine<br />
dunkle Ecke, bis <strong>der</strong> Wächter vorüber kam. Den schlug er nie<strong>der</strong>, nahm ihm die<br />
Schlüssel ab und öffnete die Tür. Als er die kühle Luft in die Lungen zog, kam<br />
ihm abermals in den Sinn: ,Ich bin frei! Ich bin schlau. Keiner kann mich halten;<br />
keiner kann mich zwingen, die Strafe abzubüßen!‘ Als er nun leisen Schrittes<br />
nach draußen ging, bemerkte er, daß er erst im Gefängnish<strong>of</strong> war; er war immer<br />
noch ein Gefangener.<br />
Aber er hatte gut geplant. Er fand ein Seil, warf es über die Mauer, hatte Glück,<br />
daß es Halt fand, und zog sich hoch, bis auf die Mauerkrone. ,Jetzt bin ich doch<br />
frei‘, dachte er; ,ich bin so schlau, daß ich den Verfolgern entkommen werde.‘<br />
Gerade da flammten die Scheinwerfer an den Türmen auf, Schüsse ertönten,<br />
Alarm wurde gegeben. Schnell sprang er in das Dunkel jenseits <strong>der</strong> Mauer hinab<br />
und rannte in Deckung. Als er sich immer weiter vom Gefängnis entfernte, hörte<br />
er die Suchhunde jaulen, aber sie konnten seine Spur nicht aufnehmen, weil er<br />
ein ganzes Stück im Bach watete. Er fand in <strong>der</strong> Stadt ein Versteck, bis die Verfolger<br />
seine Spur verloren hatten.<br />
Schließlich gelangte er in einen an<strong>der</strong>en Landesteil, wo er sich weit draußen in<br />
den Hügeln als Schafhirte verdingte. Niemand erkannte ihn. Um sich unkenntlich<br />
zu machen, ließ er sich einen Bart wachsen und die Kopfhaare länger werden.<br />
Monate vergingen. Zuerst schwelgte er in seiner Freiheit und war auf seine<br />
Schlauheit unbändig stolz; wie er allen Verfolgern entkommen war, daß es jetzt<br />
we<strong>der</strong> Zeugen noch Ankläger gab, daß er frei war und sich vor niemandem zu<br />
verantworten hatte. Aber die Monate waren öde und leer, das Schafehüten war<br />
eintönig, die Zeit blieb stehen. Seine Träume kamen nie zu einem Ende. Es<br />
wurde ihm bewußt, daß er sich selber und seinem anklagenden Gewissen nicht<br />
entfliehen konnte. Er sah ein, daß er nicht frei war, son<strong>der</strong>n vielmehr in Fesseln<br />
und in Gefangenschaft – es war ihm, als gäbe es Ohren, die hörten, was er sagte,<br />
Augen, die sahen, was er tat, unhörbare Stimmen, die ihn ständig anklagten,<br />
weil er dies und jenes begangen hatte. <strong>Die</strong> Freiheit, in <strong>der</strong> er geschwelgt hatte,<br />
war ihm zu Ketten geworden.<br />
Da verließ <strong>der</strong> Ausbrecher seine Schafe, ging in den Ort und meldete sich von<br />
<strong>der</strong> Arbeit ab. Dann kehrte er in die große Stadt zurück und stellte sich <strong>der</strong><br />
Polizei: Er sei jetzt bereit, seine Schuld zu sühnen, damit er frei sein könne.