(Stand: 25. Juli 2007) ANDERSON, Michael Alan ... - Universität Wien
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MEDIEVAL & RENAISSANCE MUSIC CONFERENCE <strong>2007</strong> – WIEN, 7.-11. AUGUST ABSTRACTS<br />
privilegien fixiert und in Deutschland vor gedruckter mensural notierter Polyphonie auf<br />
dem Markt, perfektionieren eine vor dem Musikdruckzeitalter noch rudimentär entwickelte<br />
Schrift und spielen eine bedeutende Rolle in dem durch die Druckindustrie eingeleiteten<br />
Wandel der musikalischen Kommunikation. Ihr Zweck war weniger, ein spezifisches<br />
Lauten- oder Orgelrepertoire ab- bzw. herauszubilden, sondern vielmehr, überwiegend<br />
dasselbe Repertoire, wie es auch in anderen Publikationsformen präsent war, in einer<br />
Schrift anzubieten, die einen anderen, neuen und, so blieb zu hoffen, breiteren Markt zu<br />
erschließen versprach. Ging es doch darum, diese Musik einem Publikum zugänglich zu<br />
machen, das des Notenlesens nicht mächtig, dem also eine Aneignung aufgrund anderer<br />
Musikdruckformen verwehrt war. Diese Aufspreizung des potenziellen Marktes ging einher<br />
mit einer umfassenden einführenden Didaktik. Der Nutzer sollte sich so, mithilfe eines<br />
Musikinstruments (v.a. der Laute), ohne Hinzunahme weiterer medialer Hilfsmittel<br />
ein musikalisches Repertoire aneignen können, das einem ihm fremden kulturellen Umfeld<br />
zugehörte. Ein solcher Versuch, möglichst viele kommunikative Ebenen in einem<br />
Medium zu bannen und somit eine möglichst enge, kommerziell nutzbare Verbindung<br />
zwischen Produkt und Abnehmer zu schaffen, platzieren die Tabulaturen inmitten solcher<br />
selbsterklärenden Publikationsformen, die, wie <strong>Michael</strong> Giesecke überzeugend vorführt,<br />
die Wege interaktionsfreier Kommunikation experimentierten. Diese lösten die<br />
mitgeteilten Informationen aus hergebrachten primärmedialen Kontexten heraus und bildeten<br />
neue Formen der Rezeption (z.B. stilles Lesen) heraus. Sie erklären sich aus dem<br />
Bestreben, ein neues Massenpublikum zu erobern, dem das Fehlen oral vermittelter Praxiskenntnis<br />
durch ein Mitliefern typographisch reproduzierter „Gebrauchsanweisungen“<br />
kompensiert wurde.<br />
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HAENEN, Greta (Hochschule für Künste Bremen)<br />
Musikalischer Manierismus: ein aufführungspraktisches Phänomen?<br />
Mittwoch/Wednesday, 8.8., 15.00 Uhr, KuGe, SR 1<br />
Im Laufe des 16. Jahrhunderts ändern sich allmählich Position wie Selbsteinschätzung des<br />
ausführenden Musikers. Größere Verbreitung von einschlägigen Stücken auch in Dilettantenmilieus<br />
schafft einen neuen Markt, und führt zu einer Reflexion über die Aufführung<br />
von Musik, die allmählich im Schrifttum für Dilettanten sowie in Beschreibungen<br />
von musikalischen Aufführungen ihren Niederschlag findet. Der ausführende Musiker<br />
entwickelt im 16. Jahrhundert zum ersten Mal einen deutlichen Interpretationskanon; er<br />
wird mit grundsätzlichen Neuigkeiten konfrontiert, die seinen Umgang mit der Materie<br />
Musik ändern. Die Diskussionen über das Ethos der Musik haben einen großen Einfluß<br />
auch auf ihre Ausführung. Die Neuartigkeit jenseits des Kanonisierten führt zu Lösungen<br />
jenseits der „Klassik“.<br />
Zwei Elemente kennzeichnen dabei in der Praxis einen m.E. manieristischen Umgang<br />
mit der musikalischen Aufführung:<br />
1. Das Entstehen einer selbständigen Virtuosität, sowohl vokal als instrumental, bei<br />
der der Begriff Virtuosität durchaus als virtù verstanden werden sollte: Es geht hier nicht<br />
nur um eine rein technische Fertigkeit, sondern auch und nicht zuletzt um eine Virtuosität<br />
des Ausdrucks. Seit Anfang des 16. Jh.s häufen sich Aussagen über die besondere Wirkung<br />
der Vokalmusik auf den Zuhörer. In der zweiten Jahrhunderthälfte mehren sich Aussa-<br />
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