(Stand: 25. Juli 2007) ANDERSON, Michael Alan ... - Universität Wien
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MEDIEVAL & RENAISSANCE MUSIC CONFERENCE <strong>2007</strong> – WIEN, 7.-11. AUGUST ABSTRACTS<br />
gen, die das Weinen des Publikums hervorheben; dabei wird explizit auf die entsprechende<br />
Ausführung der Sänger hingewiesen. Dem Instrumentalmusiker scheint diese Ausdruckskraft<br />
nur bedingt zugestanden zu sein, dennoch ist auch hier ein eindeutiges Interesse für<br />
das soave zu beobachten.<br />
2. Änderungen in der Klangvorstellung. Dies läßt sich am ehesten instrumental beobachten,<br />
spielt aber auch vokal eine Rolle (z.B. das concerto delle donne). Abgesehen von<br />
einer großen Experimentierfreude im Instrumentenbau, sieht man auch beim Spieler ein<br />
größeres Interesse für eine differenzierte Klangerzeugung, die sich auf unterschiedliche<br />
Weisen äußert: Etwa im Umgang mit der Temperatur, ein wichtiger Topic ab der Mitte<br />
des 16. Jh.s, oder in den verschiedenen Möglichkeiten der Klangproduktion selbst.<br />
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HANKELN, Roman (Norwegian University of Science and Technology, Trondheim)<br />
Choralforschung in Nordeuropa: Neue Perspektiven<br />
Mittwoch/Wednesday, 8.8., 11.15 Uhr, KuGe, SR 3<br />
Die Choralquellen Dänemarks, Finnlands, Islands, Norwegens und Schwedens gehören<br />
zu den letzten großen fast völlig unerforschten Gebieten mittelalterlicher Kirchenmusik.<br />
Das liegt auch an ihrem fast ausschließlich fragmentarischen Charakter. Als die nordische<br />
Reformation im 16. Jahrhundert die alten liturgischen Bücher obsolet werden ließ, wurden<br />
ihre Pergamentblätter als Einbandmaterial für staatliche Steuerrechnungen recycelt. Das<br />
Stockholmer Staatsarchiv etwa bewahrt rund 22000 solcher Pergamenteinbände. Die Bestrebungen,<br />
diese Bestände durch Katalogisierung zu erfassen und gegebenenfalls die Originalzusammenhänge<br />
zu rekonstruieren, sind in unterschiedlichem Maße vorangetrieben<br />
worden. Insbesondere in Stockholm und Helsinki ermöglichen jetzt neue Kataloge den<br />
Zugriff auf Material, das für die Choralwissenschaft unter mehreren Perspektiven interessant<br />
ist. Der vorliegende Beitrag stellt Neufunde aus diesem Quellenmaterial vor und legt<br />
dabei den Akzent auf mittelalterliche Heiligenoffizien, die sogenannten „Historiae“. Teile<br />
der nordischen Bestände sind hochbedeutsam für die Erschließung der Choralüberlieferung<br />
Norddeutschlands, die ja ebenfalls durch enorme Quellenverluste geprägt ist. Das<br />
Helsinkier Fragment der Patroclus-Historia (ca. 1200) dürfte so die früheste derzeit bekannte<br />
Quelle mit Musik zu Ehren des Schutzpatrons der ehemals „international“ operierenden<br />
Hansestadt Soest in Westfalen sein. Quellen wie diese lassen sich als Zeugnis für<br />
einstige Nord-Süd-Kontakte lesen, verweisen vielleicht sogar auf Missionskontexte. Ein<br />
Paradebeispiel für Transferprozesse ist die Historia zu Ehren des norwegischen Schutzheiligen<br />
Olav (Nidaros/Trondheim, 12. Jh.). Sie entnimmt die Melodien von sieben ihrer<br />
neun Matutinresponsorien der Historia zu Ehren des hl. Augustinus (Rheingebiet, ca.<br />
1100?). Die Detailanalyse des hier angewendeten Kontrafakturverfahrens zeigt eine norwegische<br />
kompilatorisch/kompositorische Werkstatt, die um 1160 selbstbewusst und professionell<br />
mit den präexistenten liturgischen Melodien des Südens verfährt, offenbar, um<br />
den eigenen Schutzheiligen durch den Verweis auf die Melodien des Kirchenvaters Augustinus<br />
zu überhöhen. Das aber platziert die Olavhistoria in ein kulturelles Beziehungsgeflecht<br />
internationalen Charakters, zu dessen Beschreibung herkömmliche Zentrumund-Peripheriemetaphern<br />
kaum mehr geeignet erscheinen.<br />
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