vgbe energy journal 7 (2022) - International Journal for Generation and Storage of Electricity and Heat
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Forum Technology: Kunstst<strong>of</strong>f ersetzt legiertes Metall<br />
Das Herz der Technologie bildet ein entwickeltes<br />
Material auf der Basis von Fluorpolymeren,<br />
ein Sorbent-Polymerkatalysator<br />
(SPC) Verbundmaterial. Das Sorbens in diesem<br />
Material scheidet nicht nur elementares<br />
und oxidiertes Quecksilber aus dem Rauchgasstrom<br />
ab und bindet es. Es entschwefelt<br />
zusätzlich den Gasstrom durch die Umw<strong>and</strong>lung<br />
von Schwefeldioxid in flüssige<br />
Schwefelsäure.<br />
Die Zielsetzung: Herstellung<br />
vereinfachen, Metallteile<br />
durch Kunstst<strong>of</strong>f ersetzen<br />
Damit die GMCS-Module über viele Jahre<br />
wartungsfrei betrieben werden können,<br />
müssen die eingesetzten Werkst<strong>of</strong>fe nicht<br />
nur hohen chemischen und thermischen,<br />
sondern auch mechanischen Belastungen<br />
st<strong>and</strong>halten. Diese können durch die Stapelung<br />
der Module oder beim Transport, der<br />
H<strong>and</strong>habung und der Installation der Module<br />
durch Montage- und Betriebspersonal<br />
entstehen.<br />
Die Konstruktion der Module ist darauf ausgelegt,<br />
maximale Stabilität und eine möglichst<br />
lange Lebensdauer zu realisieren. Bei<br />
der Herstellung der Modulrahmen soll auf<br />
schwer zu verarbeitende korrosionsbeständige<br />
Metalle verzichtet werden. Dann wäre<br />
auch eine Vor-Ort-Montage in weniger entwickelten<br />
Ländern oder weit entfernten<br />
St<strong>and</strong>orten möglich. Deshalb arbeiten die<br />
Ingenieure bei W. L. Gore & Associates <strong>for</strong>tlaufend<br />
daran, Komponenten und Werkst<strong>of</strong>fe<br />
zu optimieren.<br />
Ziel der Zusammenarbeit mit Techno<strong>for</strong>m<br />
ist es, mittelfristig Metall durch Komponenten<br />
aus widerst<strong>and</strong>sfähigem Kunstst<strong>of</strong>f zu<br />
ersetzen. Gleichzeitig soll eine alternative<br />
Lösung aus Kunstst<strong>of</strong>f helfen, Komponenten<br />
einfacher zu montieren und flexibler<br />
an neue An<strong>for</strong>derungen anpassen zu können.<br />
Die Heraus<strong>for</strong>derung: Den<br />
richtigen Kunstst<strong>of</strong>f für hohe<br />
chemische, thermische und<br />
mechanische Belastungen<br />
finden<br />
Um den An<strong>for</strong>derungen an die hohen chemischen,<br />
thermischen und mechanischen Belastungen<br />
in der Rauchgasreinigung zu genügen,<br />
best<strong>and</strong> das Rahmensystem der<br />
GMCS-Module bisher aus korrosionsbeständigem<br />
Metall. Die Beständigkeit der Metallelemente<br />
gegen Stress-Korrosionsrisse und<br />
Säuren wurde durch Nickel-Molybdän-Legierungen<br />
sichergestellt.<br />
Korrosionsbeständiges Metall<br />
zu aufwändig in der Verarbeitung<br />
Wegen des vergleichsweise hohen Aufw<strong>and</strong>s<br />
bei der Verarbeitung legierter Metalle wurde<br />
schon lange nach alternativen Lösungen gesucht.<br />
Kunstst<strong>of</strong>f wurde zwar in Betracht gezogen,<br />
jedoch ursprünglich wieder verworfen.<br />
Er schien für die hohen chemische, thermischen<br />
und mechanischen Belastungen in<br />
der Rauchgasreinigung nicht geeignet.<br />
Thermoplast als<br />
vollwertige Alternative<br />
Als Ersatz für korrosionsbeständige Metalle<br />
in aggressiven Umgebungen bietet sich Polyphenylensulfid<br />
(PPS) an. Dabei h<strong>and</strong>elt es<br />
sich um einen technischen Thermoplast, der<br />
sich durch sehr hohe Chemikalien- und<br />
Wärme<strong>for</strong>mbeständigkeit sowie Steifigkeit<br />
auszeichnet und sich daher bestens für den<br />
Einsatz im GORE ® Mercury Control System<br />
eignet. (B i l d 2 )<br />
Bild 2. PPS ersetzt korrosionsbeständiges Metall<br />
im Rahmenpr<strong>of</strong>il.<br />
Die Lösung: Kunstst<strong>of</strong>fpr<strong>of</strong>ile<br />
und -verbindungsmittel für<br />
aggressive Umgebungen von<br />
Techno<strong>for</strong>m<br />
Techno<strong>for</strong>m ist auf die Extrusion von thermoplastischen<br />
Kunstst<strong>of</strong>fpr<strong>of</strong>ilen spezialisiert.<br />
Das Unternehmen liefert nicht nur<br />
fertige Kunstst<strong>of</strong>fprodukte, sondern ist<br />
auch Entwicklungspartner für individuelle<br />
Lösungen und eine Vielzahl von Branchen<br />
und Anwendungsbereiche wie z.B.<br />
Elektrotechnik, Automotive, Maschinenbau<br />
u.v.a..<br />
Gemeinsam mit W. L. Gore & Associates<br />
wurden Kunstst<strong>of</strong>fpr<strong>of</strong>ile für das GORE®<br />
Mercury Control System entwickelt, die die<br />
gleiche chemische, thermische und mechanische<br />
Beständigkeit aufweisen, wie die ursprünglichen<br />
Bauteile aus Metall Legierungen,<br />
jedoch in der Montage einfacher zu<br />
verarbeiten und anzupassen sind. (B i l d 3 )<br />
Bild 3. Strukturelement mit Rahmenpr<strong>of</strong>ilen<br />
aus PPS.<br />
Neben tragenden Pr<strong>of</strong>ilen aus PPS GF 40,<br />
die wir individuell entwickeln und in hochpräzisen<br />
Extrusionsverfahren fertigen, kommen<br />
für Eckverbindungen in den GMCS-<br />
Modulen von W. L. Gore & Associates auch<br />
Spritzgusselemente aus Kunstst<strong>of</strong>f zum Einsatz,<br />
die die bisherigen Komponenten aus<br />
korrosionsbeständigem Metall ersetzen.<br />
Das Ergebnis: Alternative<br />
Lösung aus Kunstst<strong>of</strong>f nach<br />
nur 12 Monaten Entwicklung<br />
im Pilotbetrieb<br />
Rapid-Pr<strong>of</strong>iling-Verfahren und intensive<br />
Tests in Zusammenarbeit mit W. L. Gore &<br />
Associates ermöglichten einen extrem<br />
schnellen Innovationsprozess: Nur 12 Monate<br />
nach dem ersten Austausch über An<strong>for</strong>derungen<br />
und mögliche Lösungsansätze<br />
gelangte das GORE® Mercury Control System<br />
mit unseren neuen Kunstst<strong>of</strong>fpr<strong>of</strong>ilen<br />
und Verbindungselementen in den Pilotbetrieb<br />
in Industrieanlagen in Europa und in<br />
den USA.<br />
Die für diese Art Innovationsprojekt sehr<br />
kurze Entwicklungszeit ist unter <strong>and</strong>erem<br />
der Tatsache zu verdanken, dass hier zwei<br />
Unternehmen zusammenarbeiten, die nach<br />
agilen Prinzipien sehr ergebnisorientiert<br />
und in kleinen flexiblen Teams mit kurzen<br />
Entscheidungs- und Kommunikationswegen<br />
arbeiten. Auf diese Weise können wir schnell<br />
auf neue An<strong>for</strong>derungen im Projektverlauf<br />
reagieren und den Kurs bei Bedarf neu justieren.<br />
Fazit: Kunstst<strong>of</strong>f als<br />
leistungsstarke Alternative<br />
zu Metall<br />
Thermoplaste sind wahre Allrounder und<br />
eignen sich selbst für Anwendungen unter<br />
extremen Bedingungen wie in der Rauchgasreinigung.<br />
Das Beispiel GORE® Mercury<br />
Control Systems zeigt, dass das auch dort<br />
der Fall ist, wo auf den ersten Blick kein Weg<br />
an extrem hochwertigen Metallen als Werkst<strong>of</strong>f<br />
für Systemkomponenten vorbei zu gehen<br />
scheint.<br />
In weniger als einem Jahr haben wir gemeinsam<br />
mit W. L. Gore & Associates eine<br />
alternative Lösung für das Rahmensystem<br />
der Filtermodule entwickelt, das ganz ohne<br />
Metall auskommt und trotzdem die An<strong>for</strong>derungen<br />
an die Beständigkeit gegenüber<br />
chemischen, thermischen und mechanischen<br />
Belastungen in der Rauchgasreinigung<br />
zu 100 Prozent erfüllt.<br />
Durch den Einsatz von technischem Kunstst<strong>of</strong>f<br />
konnte die Montage der Rahmenpr<strong>of</strong>ile<br />
vereinfacht werden. Gute Lösungen liegen<br />
<strong>of</strong>t näher, als man denkt.<br />
l<br />
76 | <strong>vgbe</strong> <strong>energy</strong> <strong>journal</strong> 7 · <strong>2022</strong>