Lessico - Administration
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harten Methoden bedienen sich des erzwingbaren<br />
Rechts. Sie umfassen Verbote und Verhaltensgebote.<br />
Das Finanzmarktaufsichtsrecht<br />
und das für Finanzdienstleistungen massgebliche<br />
Vertragsrecht sind die oft überbordenden<br />
Quellen entsprechender Regeln. Die weichen<br />
Methoden, die sich nicht des Rechts<br />
bedienen, basieren auf Begriffen wie Unternehmenskultur,<br />
Reputation und Vertrauen.<br />
Das Recht findet den Interessenausgleich<br />
in den traditionellen Begriffen des Auftragsrechts:<br />
Die Treuepflicht des Beauftragten gegenüber<br />
seinem Auftraggeber gebietet, dass<br />
Interessenkollisionen vom Beauftragten in einer<br />
Weise behandelt und gelöst werden, die<br />
eine Benachteilung des Auftraggebers ausschliesst.<br />
Wie dies konkret geschehen soll,<br />
lassen die juristischen Autoren weitgehend<br />
offen. Die Rechtsprechung zu Fragen der Interessenkollisionen<br />
bei Finanzdienstleistungen<br />
21) orientiert sich am Einzelfall und greift<br />
auf Ansätze zurück, die oft nicht nur ausserhalb<br />
des Rechts stehen, sondern auch stark<br />
subjektiv geprägt sind. Es werden Begriffe<br />
wie Fairness, Nachvollziehbarkeit und relative<br />
Gleichbehandlung verwendet.<br />
Gerade für die Vermögensverwaltung, in<br />
der individuelle Kundeninteressen die Richtschnur<br />
sind, können aus solchen Begriffen<br />
kaum Grundsätze geschaffen werden, die<br />
nicht nur für einen einzelnen Streitfall Gültigkeit<br />
beanspruchen können.<br />
Unabhängigkeit<br />
des Vermögensverwalters<br />
In der Berufsbezeichnung unabhängige Vermögensverwaltung<br />
ist mit dem Begriff der<br />
Unabhängigkeit ein Postulat enthalten, das<br />
eine weiche Methode zur Lösung des Princi-<br />
pal-Agent-Problems aufzeigt. Die Unabhängigkeit<br />
des Vermögensverwalters soll eine<br />
Garantie dafür sein, dass die Interessen des<br />
Kunden und diejenigen des Vermögensverwalters<br />
einen «richtigen» Ausgleich finden,<br />
den das Recht nicht schaffen kann. Die Unabhängigkeit<br />
des Vermögensverwalters ist damit<br />
ein ethischer Grundsatz, der bei der Abgrenzung<br />
kollidierender Interessen wertende Lösungsansätze<br />
bieten soll.<br />
Die Organe des VSV haben lang um eine<br />
Definition des Begriffs Unabhängigkeit gerungen.<br />
In den Ausführungsbestimmungen<br />
zu den seit dem 1. Januar 2006 geltenden<br />
Standesregeln wird die in Artikel 9 geforderte<br />
Unabhängigkeit näher definiert. 22)<br />
Grundlage der Unabhängigkeit ist die freie<br />
und eigenverantwortliche Berufsausübung.<br />
Der unabhängige Vermögensverwalter darf<br />
seinen Beruf nicht fremdbestimmt ausüben.<br />
Dies verlangt, dass es keine Vertriebsbindungen<br />
an Produkte und Dienstleistungen Dritter<br />
gibt. Dass dies in einer hoch arbeitsteiligen<br />
Welt nicht ein absolut geltender Grundsatz<br />
sein kann, ist nahe liegend. Bestehen zum Beispiel<br />
infolge von Gruppenverflechtungen dennoch<br />
Bindungen, welche die Wahlfreiheit von<br />
Produkten und Dienstleistungsanbietern einschränken,<br />
so ist der unabhängige Vermögensverwalter<br />
verpflichtet, diese unaufgefordert offen<br />
zu legen und so Transparenz zu schaffen.<br />
Dieses Zusammenspiel von Grundsatz und<br />
Pflicht zur Offenlegung bei Abweichungen<br />
davon, ist der Kern einer richtig verstandenen<br />
Unabhängigkeit. Statt eine teilweise nicht erfüllbare<br />
Regel aufzustellen und diese damit<br />
bereits zu relativieren, werden Durchbrechungen<br />
des Grundsatzes erlaubt, wenn diese<br />
offen kommuniziert werden.<br />
21) Dies steht im Gegensatz zur Rechtsprechung bei anderen Berufsgattungen mit der rechtlich geregelten<br />
Frage der Interessenkollision, wie z.B. bei der von Rechtsanwälten und Revisionsstellen geforderten<br />
Unabhängigkeit. Während bei den Revisionsstellen die Unabhängigkeit primär an das Verbot von Personalunionen<br />
(z.B. Verwaltungsratsmandate bei Revisionskunden) oder die Art der zu erbringenden Dienstleistungen<br />
anknüpft (vgl. z.B. Amtliche Sammlung der Bundesgerichtsentscheidungen (BGE) 123 III 321), liegt bei<br />
den Rechtsanwälten (vgl. z.B. BGE 130 II 87) der Fokus auf finanziellen Fragen und damit verbundenen<br />
Problemen des Weisungsrechts (wie z.B. beim Rechtsanwalt im Anstellungsverhältnis).<br />
22) Vgl. Ziff. 43 und 44 der Ausführungsbestimmungen zu den Standesregeln.<br />
Ethik in der Vermögensverwaltung 67